SWR2 Wort zum Tag

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11FEB2023
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„Der Mensch ist die Medizin des Menschen.“
Dieses Wort steht so im Eingangsbereich des Paul-Lechler-Krankenhauses in Tübingen. Gegründet und bekannt geworden ist es als ein Krankenhaus für Tropen- und Reisemedizin.

Ich finde es erstaunlich, dass ein Krankenhaus mit diesem Wort Besucher und Patienten begrüßt: „Der Mensch ist die Medizin des Menschen.“*  Keine Frage: Auch in dieser Klinik werden Medikamente verabreicht.
Und mit dieser Weisheit sollen keineswegs moderne Diagnosemethoden oder moderne medizinische Apparate gering geschätzt werden.

Doch alle, die das Krankenhaus betreten und verlassen – auch Ärztinnen und Ärzte sowie Pflegende - haben das täglich vor Augen: Nicht die Apparate allein versprechen Heilung. Eine Medizin ohne Menschen verliert heilende Kräfte.

Ich erfahre das gerade ab meiner hochbetagten Mutter. Sie hat sich den rechtenArm gebrochen. Sie braucht Hilfe für so gut wie alles. Im Haushalt, beim Anziehen, beim Essen bereiten, bei allen alltäglichen Verrichtungen. Und wie schön ist es dann, wenn helfende Hände da sind: Menschen, die pflegen, die unterstützen, wo es nur geht. Und Geselligkeit gehört dazu: Austausch und Beachtung, ein menschliches Miteinander. Ohne das verkümmern alle Kräfte – im Krankenhaus oder daheim. Wie hat das meiner Mutter geholfen, als sie für zwei Wochen zu Besuch bei ihrem Bruder sein konnte – mit eingegipstem rechten Arm – aber nicht allein.

„Der Mensch ist die Medizin des Menschen.“
Das können auch Nachbarn sein, das können Geschwister, Kinder und Kindeskinder sein. Liebevolle Kontakte und Zuwendungen haben heilende Wirkung. Die kann keine Pille und kein medizinisches Hightech-Gerät ersetzen.

Der Verfasser des biblischen Jakobusbriefes schreibt lange bevor es wissenschaftlich gesicherte medizinische Erkenntnisse gibt. Aber mit dem Leitspruch der Tübinger Tropenklinik ist er sich einig: Wer krank ist, braucht Besuch, braucht Menschen um sich, schreibt er. Wer krank ist, braucht Berührung, soll mit Öl gesalbt werden. Und als drittes ein Gebet. Für das Gebet wird extra erwähnt: Sprecht voreinander gegenseitig eure Versäumnisse und Schuld aus. Das entlastet. (Jakobus 5,13-16)

 „Der Mensch ist die Medizin des Menschen.“

Was mich ohne krank zu sein stärkt, das gilt erst recht, wenn ich nicht bei Kräften bin. Wir Menschen brauchen für unser Heil- und Gesundwerden andere Menschen. Besuche vornean. Vielleicht ist schon an diesem Wochenende Zeit dazu.

* s.a. Internetauftritt:  https://mail.tropenklinik.de/home/

https://www.kirche-im-swr.de/?m=37072
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