SWR2 Wort zum Tag

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30DEZ2022
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Heute ist nach katholischem Festkalender der „Festtag der Heiligen Familie“. Nicht von ungefähr in der Weihnachtszeit. Denn zur Heiligen Familie gehören die Hauptpersonen der Weihnachtsgeschichte: Jesus, Maria und Joseph.

Aber auch eine Alltagserfahrung spricht für diesen Zeitpunkt. Denn selten ist die Erwartung an Familien so groß wie an Weihnachten. Da muss alles stimmen - und wehe, wenn nicht! Bekanntlich gibt es nie so häufig Familienkrach wie in der Weihnachtszeit. Und heute nun: Das Fest der Heiligen Familie. Doch was ist an dieser Familie eigentlich so „heilig“ – also so „besonders“?

Ich blicke heute auf Joseph. Mir als Vater gibt er besonders zu denken. In der Weihnachtsgeschichte ist er eine Randfigur. So wie auf einem Gemälde von Hieronymus Bosch.* Da sieht man Joseph als Windel waschenden Vater außerhalb vom Stall. Eine unscheinbare, dienende Figur. Ein Vater im Care-Bereich.

Ich erinnere mich auch an Holzskulpturen: Da habe ich Joseph als Erzieher und Lehrer gesehen – wie er Jesus Lesen und Schreiben beibringt. Und manchmal ist der Zimmermann Joseph auch als Berufsausbilder seines Sohnes dargestellt.

In der Bibel ist er längst nicht so präsent wie Maria. Da muss er wegen seiner Herkunft mit der schwangeren Maria nach Bethlehem zur Volkszählung. Aber das war´s dann schon. Nur beim Evangelisten Matthäus bekommt er eine wichtige Rolle: Da ist Joseph empfänglich für die Traumbotschaften des Engels und bleibt bei der so unerklärlich schwanger gewordenen Maria. Er läuft vor der Mutter und ihrem Kind nicht weg. Er steht ihr bei. Er bringt das Kind vor bösen Machthabern in Sicherheit.

Neben alledem imponiert mir dieser Joseph noch aus einem anderen Grund:
In der Tradition wird er oft als „Ziehvater“** bezeichnet. Damit soll gesagt sein: Joseph tut das alles nicht als leiblicher Vater. Vaterschaft ist in der Heiligen Familie offenbar nicht biologisch definiert.

Familie ist da, wie es heute oft heißt, wo Kinder mit Erwachsenen zusammen leben und aufwachsen. Joseph ist für mich darin zum Schutzpatron der sozialen Vaterschaft geworden. Auch der sozialen Eltern- und Großelternschaft. Ein Schutzpatron all derer, die sich Kindern zuwenden, egal ob es die Leiblichen sind oder nicht. Da sind Erziehende, Lehrerinnen und Lehrer eingeschlossen. So wie das Jesus später selber vorgelebt hat: Einander annehmen wie Schwestern und Brüder – egal welcher Abstammung ein Mensch ist.

Die heilige Familie in der Bibel ermutigt dazu. Sie ist so besonders, eben heilig, weil sie die Vorstellung von Familie so heilsam weitet.

*    Hieroymus Bosch, Anbetung der Könige (1496/97), linke Tafel  
**  s. wikipedia Artikel: „Heilige Familie“

https://www.kirche-im-swr.de/?m=36782
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