SWR1 Anstöße sonn- und feiertags

SWR1 Anstöße sonn- und feiertags

01NOV2022
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Es ist wohl das Jahr 155 n. Chr. In Smyrna, der heute türkischen Stadt Izmir, steht ein alter Mann in der römischen Arena. Es ist Polykarp, der Bischof der Stadt. Er ist der „Gottlosigkeit“ angeklagt. Polykarp weigert sich, den römischen Göttern und dem Kaiser zu opfern. Die fanatisierte Menge auf den Tribünen fordert seinen Tod. Der römische Statthalter redet auf den alten Mann ein: „Opfere dem Kaiser! Schwöre Christus ab! Dann lasse ich dich frei.“ Polykarp geht darauf nicht ein. „Schon 86 Jahre diene ich Christus. Und nie tat er mir ein Leid an. Wie kann ich meinen König lästern, der mich erlöst hat.“ Damit ist das Schicksal des Bischofs besiegelt. Der Scheiterhaufen wird entzündet. Polykarp geht für seinen Glauben in den Tod.

Die Augenzeugenberichte zur Hinrichtung des Bischofs gelten als echt und sind die ersten Quellen für den Tod eines christlichen Märtyrers. Das alles ist für uns heute unendlich weit weg. Und doch ist die Verfolgung von Christen ein aktuelles Geschehen. Menschenrechtsorganisationen listen 50 Länder auf, in denen Christen wegen ihres Glaubens ausgegrenzt, eingesperrt und auch ermordet werden. Nach dem Sieg der Taliban hat Afghanistan Nordkorea auf Platz 1 der Verfolgerstaaten abgelöst. Millionen von Christen sind in Afrika, im Nahen Osten und Südostasien auf der Flucht. Das Christentum ist die weltweit am stärksten verfolgte Religion.

Die frühen Christen haben Märtyrer wie Polykarp von Smyrna als Vorbilder gesehen. So entstand die Heiligenverehrung in den Kirchen. In der Gegenwart aber bleiben viele gegenüber dem Schicksal der verfolgten Christen auffallend passiv. Diese Gleichgültigkeit ist verstörend. Auch bei diesem Thema sollte sich etwas in der Kirche tun. Es wird höchste Zeit.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=36468
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