Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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21OKT2022
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Ein Freund meint beim Kaffee: „Hast du dich für die nächste Polarexpedition angemeldet?“ Ich muss schmunzeln. Meine Füße stehen auf einer Wärmflasche, ich habe einen dicken Pulli und einen Schal an. Ich versuche eben, die Heizung nur selten anzuschalten. Humor ist da nicht verkehrt, das macht warm.

Ansonsten ist die Lage wahrlich nicht lustig, sondern sehr beklemmend. Der Krieg Russlands gegen die Ukraine dauert nun schon fast auf den Tag 8 Monate. Täglich sterben dort Menschen. Ständig gibt es neue Eskalationsstufen. Ich merke, wie ich mich irgendwie an diesen Zustand gewöhnt habe und erschrecke darüber. Doch seitdem mir oft kalt ist, ist das anders. Daran gewöhne ich mich nicht.

Die kälteren Temperaturen und die Wärmflasche unter meinen Füßen machen mir nachdrücklich bewusst: es gibt ein Problem. Die Energiekrise betrifft mich ganz persönlich. Mir ist kalt und die Kosten für Energie und überhaupt die Preise gehen durch die Decke. Ich mache mir Sorgen darüber, wie die nächsten Gasrechnungen ausfallen werden und wie sich die Lage insgesamt entwickelt.

Durch die Energiekrise und die Inflation bin ich ganz persönlich betroffen vom Krieg. Und das erklärt meine Sorgen und Ängste. Die Frage ist nur: Was mache ich damit? Ich finde die Worte des ehemaligen Bundespräsidenten Joachim Gauck hilfreich: „Man kann Ängste nicht wegzaubern, aber man kann sie zähmen. Und man kann sowas wie Mut und Entschlossenheit fassen.“ (Joachim Gauck im Interview mit dem ZDF Heute Journal am 02.10.2022) Ich denke, es braucht auch Mut und Entschlossenheit dem Kriegskalkül eines Diktators nicht auf den Leim zu gehen. Denn natürlich setzt Putin darauf, dass Menschen einknicken, wenn ihnen erst einmal kalt ist, wenn es unbequem und es finanziell existentiell wird.

Aber Einknicken ist keine Option. Denn die Menschen, die in der Ukraine kämpfen und auch sterben, tun dies, um ihr Land, aber auch eine freiheitliche demokratische Lebensform zu verteidigen. Und damit eine Lebensform, in der auch ich lebe und weiterhin leben will. Und daher braucht es aktuell Mut und Entschlossenheit – ganz egal wie sehr mir die Pandemie noch in den Knochen steckt. Ich bin überzeugt, dass das zu schaffen ist, denn – mir machen die folgenden Worte aus der Bibel Mut: „Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit.“ (2 Tim 1,7)

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