SWR4 Sonntagsgedanken

SWR4 Sonntagsgedanken

09OKT2022
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Geht das? Trotz Krise zuversichtlich nach vorne schauen und einigermaßen gelassen bleiben? Ich weiß, das fällt vielen momentan echt schwer. Schon während der Corona-Zeit ist vielen die Decke auf den Kopf gefallen, und das hört irgendwie nicht auf. Was kann man da tun?

Ein guter Freund hat mir und meiner Frau erzählt, dass er seinen Urlaub dieses Jahr genutzt hat, um seine Resilienz zu stärken. Als Resilienz bezeichnet man die Widerstandskraft, die ein Mensch besitzt, um schwierige Lebensphasen und Krisenzeiten durchzustehen. Wer eher optimistisch gestimmt ist, ist schon mal im Vorteil gegenüber denen, die eher skeptisch oder ängstlich sind. Die Widerstandskraft in Krisen ist bei uns Menschen leider sehr ungleich verteilt. Doch zum Glück kann man Resilienz trainieren. Man kann sie richtig einüben – und das macht die Seele stärker.

Unser Freund hat seinen Resilienz-Kurs auf einem Segelschiff gemacht. Alle mussten dort mitanpacken, und so eng zusammenzuarbeiten war für die meisten ungewohnt. Aber alle haben gemerkt, nur zusammen halten wir das Schiff auf Kurs!  Jeden Tag haben sie ihre neuen Aufgaben ein bisschen besser bewältigt. Abends hat sich die ganze Mannschaft zusammengesetzt und Erfahrungen ausgetauscht: Wo ist alles glatt gelaufen und warum hat es auch mal gehakt? Und: Welche Erfahrungen kann ich für den Alltag nach Hause mitnehmen?

Unserem Freund hat es Spaß gemacht. Es hat ihn gestärkt und er kam ermutigt nach Hause.

Auf dem Schiff hatte er sich mit den anderen ausgetauscht. Das gilt es jetzt auf den Alltag zuhause zu übertragen. Es tut gut, mit jemandem über die eigenen Sorgen und Ängste zu reden, sie mit anderen zu teilen. Mir tut es gut, meine Sorgen auch im Gebet auszusprechen, sie an Gott abzugeben, ein mutmachendes Wort aus der Bibel zu lesen und loszulassen.

Zu beten – ich denke, das ist eine gute Möglichkeit,  meine Resilienz zu stärken, indem ich meine Sorgen bewusst an Gott abgebe.

 

Teil 2

 

Momentan sind wir ja fast alle irgendwie belastet und viele werden darüber gar nicht mehr so richtig froh. Es einfach zu viel geworden: Wird alles noch teurer, reicht das Gehalt oder die Rente, wird es an Weihnachten kalt und dunkel bleiben, und: welche Katastrophe wartet als nächste auf uns?

Stopp, sagt Gott. Stopp und haltet inne. Heute ist Sonntag. Ein Tag an dem man ablegen, loslassen und sich mit neuer Kraft beschenken lassen kann.

Heute ist im Gottesdienst zu hören, wie Jesus uns zuruft (Matthäus 11,28): Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken.

Es tut Jesus weh zu sehen, wie viele Lasten die Menschen mit sich herumtragen. Deshalb lädt er mich ein, meine Sorgen und Ängste aussprechen und bei ihm damit auch abzuladen und loslassen - und seelisch und körperlich neue Kraft zu tanken. So verstehe ich „erquicken“.

Macht man es sich damit zu leicht? Ich denke nicht. Denn viele meiner Sorgen kann ich doch gar nicht allein bewältigen. Ich brauche ein Team um mich herum, wie an Bord eines Segelschiffs. Und ich brauche jemanden an meiner Seite, bei dem ich meine Last auch einmal abladen kann. Ich brauche Gott an meiner Seite. Genau da beginnt das Wagnis des Glaubens. Denn wenn ich Gott etwas abgebe, traue ich ihm auch zu, dass er es für mich löst. Das entlastet mich.

Probieren Sie es doch auch aus. Vielleicht mit dem Gebet: Jesus, hilf du mir! Erquicke meine Seele. Du kennst mich und weißt, was ich brauche. Lieber Gott, greif ein, weil ich, weil wir es nicht in der Hand haben.

Von Herzen wünsche ich Ihnen neue Lebensfreude und einen gesegneten Sonntag.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=36330
weiterlesen...