Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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14SEP2022
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Letzte Woche hatte ich eine 2-Euro-Münze in der Hand, auf der die Wartburg abgebildet ist. Die alte Burg ist geschichtsträchtig. Hier haben sich Dinge abgespielt, die unser Leben und unser Land bis heute prägen. Es geht nicht um bedeutende Schlachten oder berühmte Herrscher. Das Großereignis, das ich meine, hat eher leise begonnen, mit einem Gast, der nicht freiwillig hergekommen war: Martin Luther. Er war im Konflikt mit der katholischen Kirche und dem Kaiser für vogelfrei erklärt worden und war in Lebensgefahr. Also hat ihn sein Landesvater, der Kurfürst von Sachsen, kurzerhand auf der Wartburg versteckt. Monatelang hat er dort im Verborgenen gelebt. Diese Zwangspause hat er dazu genutzt, das Neue Testament ins Deutsche zu übersetzen. Und er hat – so ganz nebenbei – damit die deutsche Sprache revolutioniert. Man könnte fast sagen, dass er sie erfunden hat: die gemeinsame hochdeutsche Sprache. Denn Luther wollte die Bibel in eine Sprache übersetzen, die alle verstehen konnten, egal in welcher deutschen Region sie gewohnt haben. Eine Bibel in der Sprache des Volkes. Deutsche Übersetzungen hatte es schon vorher gegeben, aber die waren schwer verständlich.

Luther wollte so übersetzen, dass die Leute etwas damit anfangen können. Darum hat er gut zugehört, wie die Leute sich ausdrücken: eine Marktfrau, ein Lehrer, ein Bauernjunge. Sie alle sollten verstehen können, was in der Bibel steht. „Dem Volk auf’s Maul schauen“, hat Luther das genannt. Beispiele gefällig? „Wenn dich die bösen Buben locken, dann folge nicht.“ Oder „Wer eine Grube gräbt, fällt selbst hinein.“ Oder: „Die Liebe hört niemals auf.“

Jetzt im September vor 500 Jahren ist seine Übersetzung des Neuen Testaments erschienen, einige Jahre später auch die Übersetzung des Alten Testamentes.

Seither ist Luthers Übersetzung immer wieder modernisiert worden, und so haben viele Menschen ihre eigenen Erfahrungen mit der Bibel machen können. „Was spricht mich an? Was fordert mich heraus? Was tröstet mich? Gibt es einen Spruch oder eine Geschichte, die mich begleitet?“

Vielleicht haben auch Sie Ihre eigenen Erfahrungen mit der Bibel?

https://www.kirche-im-swr.de/?m=36127
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