SWR2 Wort zum Tag

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20JUN2022
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Ich bin erschreckt darüber, wie Menschen miteinander sprechen. Da wird mit Worten um sich geworfen, die andere verletzen oder es werden Vergleiche aus den dunkelsten Zeiten bemüht, in sozialen Netzwerken wird gedroht, beschimpft und ausgelacht. Mein Eindruck ist, dass auf allen Ebenen mehr passiert, was trennt als verbindet. Nur ein Beispiel: wenn der Bundeskanzler spricht und dabei lautstark von Aktivisten für das Klima unterbrochen wird, ist das keine Art. Auch wenn sie für eine absolut gute und sinnvolle Sache kämpfen. Dass dann Olaf Scholz aber mit zweideutigen Vergleichen aus der Nazizeit kontert, geht genauso wenig.


Das wichtigste in einer freien Gesellschaft ist, die Meinung frei sagen zu können. Aber mit Respekt und Achtung vor dem anderen Menschen. Und damit hat Deutschlands schwarze Vergangenheit nun mal gar nichts zu tun. Und andere einfach niederzubrüllen, auch nicht. Es geht nur dann gut, wenn ich zuhöre, andere Meinungen stehen lassen und meine Argumente vorbringen kann. Dann ist Kommunikation auf Augenhöhe möglich. Dann bringt sie zusammen und treibt nicht auseinander. Ich habe momentan wirklich Angst davor, dass unsere Gesellschaft sich spaltet und es nur noch schwarz und weiß für alle gibt. Keine Nuancen, keine Zwischentöne mehr.

Das ist wirklich schwierig. Ich hab mich schon oft im Ton vergriffen oder in der Wortwahl und Menschen verletzt. Dann hilft nur ein klärendes Gespräch, um die Augenhöhe wieder zu herzustellen - und eine Entschuldigung.
Sogar von Jesus gibt es eine Erzählung, in der er nicht gut kommuniziert. Er ist mit seinen Freunden unterwegs und erzählt, dass er bald sterben wird. Petrus ist geschockt, nimmt Jesus beiseite und sagt: „Jetzt sag doch sowas nicht.“ Jesus reagiert barsch: „Weg mit Dir, Satan.“ Das sitzt. Keine Erklärung, nichts. Sonst ist Jesus ja eher ein Talent im Kommunizieren, jetzt aber keine Spur davon. In der Bibel wird nicht davon berichtet, dass Jesus und Petrus das klären oder sich wieder vertragen. Von dem Krach ist einfach überhaupt keine Rede mehr.


Wenn man ehrlich und weiterführend kommunizieren möchte, ist das harte Arbeit. Man muss klare Gedanken fassen, Zeit haben und sich für den anderen echt interessieren. Und wenn es mal schief läuft, ist genau das gleiche nötig. Vor allem aber der Gedanke, dass wir Menschen alle gleich gut und es wert sind, dass wir ordentlich miteinander umgehen.

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