SWR2 Wort zum Tag

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31MAI2022
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„Die Kirchen sollen sich gefälligst aus der aus der Politik raushalten!“ tönt es aus der einen  Ecke. „Kirchen sollen sich mehr in die Politik  einmischen!“ aus der anderen. Was wird alles an Stellungnehmen von Kirchen hierzulande zum Krieg in der Ukraine und zu anderen politischen Fragen erwartet?

Die Erwartungshaltung der Öffentlichkeit erhöht den Druck. Aber auch innerhalb der Kirchen ist man sich uneins. Was sollen Christen politisch tun und lassen?
Der heutige 31. Mai kann darauf eine Antwort geben: Es ist der Gedenktag an die Barmer Theologische Erklärung. Heute vor 88 Jahren haben Vertreter der sogenannten Bekennenden Kirche in Barmen bei Wuppertal eine Grundsatzerklärung beschlossen, wie sie als evangelische Kirchen ihre Rolle in der Politik und gegenüber dem Staat sehen. Man schrieb das Jahr 1934. Der totalitäre NS-Staat hatte den Anspruch erhoben, alle Lebensbereiche zu durchdringen und zu beherrschen. Viele haben damals den Anbruch der NS-Herrschaft bejubelt – auch in der Kirche.

Der Schweizer Theologe Karl Barth hielt dagegen. Gegen eine Verklärung des Nationalismus hat er dazu aufgerufen: „Besinnt euch auf eure Glaubenstraditionen! Treibt Theologie!“

Barth war damals Professor in Bonn – und formulierte - wie er später erzählt hat - in der Mittagspause der Synode die sechs Thesen, die unter Evangelischen inzwischen wie ein Bekenntnis gelten: Jesus Christus, wie ihn die Bibel bezeugt, ist das eine Wort Gottes! Daran soll sich alles Tun und Lassen von Christen orientieren.

Für die Kirche ging es Barth darum, dass sie sich auf den Kern ihrer Botschaft besinnt: „Sie erinnert an Gottes Reich, an Gottes Gebot und Gerechtigkeit und damit an die Verantwortung der Regierenden und Regierten.“ (5. These).

Kirche „macht“ also keine „Politik“ und ist auch kein Staat im Staat – wie es in der Barmer Erklärung heißt (These5).

Kirchen und Christen haben diese eine Aufgabe in der Gesellschaft: Es geht darum zu bezeugen, dass Gott ein Leben in Frieden und Freiheit für alle Menschen will.

Und das ist auch eine politische Botschaft!
Mich inspiriert und entlastet diese Erklärung von 1934: Christen müssen nicht immer zu allem und jedem eine christlich begründete Stellungnahme abgeben. Wenn es aber um den Kern des Glaubens geht – um Gottes Willen für diese Welt ­– wenn es um Freiheit und Frieden und Gerechtigkeit geht – dann allerdings dürfen Christen nicht weggucken und sollen ihre Stimme erheben.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=35504
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