SWR1 Anstöße sonn- und feiertags

SWR1 Anstöße sonn- und feiertags

01MAI2022
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Heute ist der erste Mai: Tag der Arbeit. Und zugleich ein Feiertag. Hört sich erst mal wie ein Widerspruch an. Aber wenn‘s schon einen Feiertag der Arbeit gibt, dann muss es an der Arbeit ja wohl auch was zu feiern geben.

Die Anfänge waren alles andere als feierlich. Es begann nämlich mit einem Generalstreik. Zu dem hatte 1886 die nordamerikanische Arbeiterbewegung aufgerufen. Es ging um die Verkürzung der Arbeitszeit und insgesamt um bessere Arbeitsbedingungen. Das war der Auftakt für  eine Entwicklung, die die Welt mehr geprägt hat, als wir uns vorstellen können.

Arbeit gestaltet die Welt. Arbeit sichert den Lebensunterhalt. In der Arbeit verwirklichen Menschen sich selbst. Christlich gesprochen: Gott hat die Welt geschaffen, und die Menschen sollen sie gestalten, bebauen und bewahren.

Arbeit hat aber auch ganz andere Gesichter. Denn nicht alle Menschen haben das Glück, gute und sichere Arbeit zu finden, von der sie auch gut leben können. Viele, die unsere Gesellschaft aufrecht erhalten, sind viel zu schlecht bezahlt und haben dazu auch noch viel zu schlechte Arbeitsbedingungen. Paketboten etwa, Friseurinnen, Menschen, die in der Pflege arbeiten… Und wenn ich dann noch auf die sogenannten Billiglohnländer schaue! Dort schuften Menschen zu Hungerlöhnen für unsere Märkte. Für unseren Konsum. Für billigen Nachschub in meinem Kleiderschrank.

Das ist leider für viele Menschen Alltag, Arbeitsalltag. Aber es gibt auch ganz andere Erfahrungen mit Arbeit. Ich denke da zum Beispiel an eine Autowerkstatt. Ich hatte mein Auto in der Inspektion, und als ich‘s abgeholt habe, musste ich zweimal hinschauen: Es sah aus wie fabrikneu. Der Chef selbst hatte es geputzt und poliert. Dann hat er erzählt, dass er einfach gern mit Autos arbeitet. Und dass er sich jedes Mal an den Gesichtern der Kunden freut, die sich ihrerseits an diesem zusätzlichen Service freuen.

Wie schön, dass Arbeit mehr sein kann als stumpfe Maloche. Mehr als irgendein Broterwerb. Dass sie – im besten Fall – ihren Sinn in sich selbst hat. Das ist doch ein Grund, der Arbeit einen Feiertag zu widmen. Und dabei auch an die vielen Menschen zu denken, die unter unsäglichen Bedingungen arbeiten müssen, oder überhaupt keine Arbeit haben. Und an die, die sich für gerechtere Strukturen einsetzen. Heute. Und das ganze Jahr über.

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