Anstöße sonn- und feiertags

Anstöße sonn- und feiertags

24APR2022
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„Wärst Du gerne wieder ein Kind?“ So lautet eine Frage in einem Spiel, das ich mit meinen älteren Schülerinnen und Schülern manchmal im Religionsunterricht spiele. Viele der 16- oder 17-Jährigen antworten auf diese Frage mit Ja: „Ja, ich wäre gerne wieder ein Kind“. Wenn ich dann nachfrage „Warum wärst du das gerne?“, dann sagen sie so etwas wie: „Es war irgendwie schön damals“.

Damit meinen meine Schüler vermutlich nicht, dass sie nach dem Sandmännchen ins Bett mussten, keine Action-Filme anschauen durften und ihnen ihre Mutter die Klamotten ausgesucht hat. Wahrscheinlich meinen sie das gleiche, was auch mich wehmütig an die Kindheit zurückdenken lässt: Als Kind war es schön, weil ich unbeschwert in den Tag hineingelebt hab. Klar gab es auch Sorgen, aber die sind mir nie über den Kopf gewachsen. Ich hab nicht ständig an die Zukunft gedacht und erst recht nicht an die Vergangenheit. Ich habe mich gut aufgehoben gefühlt. Es war irgendwie leichter als Kind.

Der heutige erste Sonntag nach Ostern erinnert daran, dass auch Erwachsene etwas von dieser kindlichen Leichtigkeit erfahren können. Quasimodogeniti heißt der Sonntag auf Lateinisch, auf Deutsch: „Wie die neugeborenen Kinder“.

Wenn früher, zur Zeit der ersten Christen, ein Erwachsener angefangen hat an Gott zu glauben und Christ sein wollte, dann wurde er in der Nacht auf Ostern getauft. Bei ihrer Taufe hatten die Frauen und Männer weiße Gewänder an. Und mit diesen weißen Taufkleidern sind sie dann auch am Sonntag nach Ostern in den Gottesdienst gekommen. Die weißen Kleider sollten zeigen: Durch unsere Taufe und unseren Glauben sind wir neu geworden. Unser Leben ist unbeschwert, weil Gott uns unsere Schuld abgenommen hat. Wir dürfen noch einmal neu anfangen. Und wir vertrauen darauf, dass Gott auch in Zukunft für uns da ist. Wir sind wie die neugeborenen Kinder.

Wenn dann am Montag für die frisch getauften Frauen und Männer der Alltag wieder losgegangen ist, dann wurde das Leben wieder schwerer. Dann waren die Aufgaben, Sorgen und Nöte wieder da, die man als Erwachsener eben hat. Aber ich denke, etwas von der kindlichen Leichtigkeit haben die Frauen und Männer mitgenommen. Und davon können Erwachsene auch heute etwas spüren – mittelalte, alte und auch ganz junge Erwachsenen, wie meine Schülerinnen und Schüler. Wer Gott vertraut, der darf sich gut aufgehoben fühlen. Der darf Gott abgeben, was ihn belastet, auch seine Fehler. Und Gott schenkt ihm oder ihr immer wieder einen Neuanfang. So kann man leichter leben – ein bisschen so wie ein Kind.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=35291
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