SWR2 Wort zum Tag

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18JAN2020
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„Was glauben die Deutschen?“ – So oder ähnlich wird gerne bei Umfragen zur Ermittlung des religiösen Pegelstandes gefragt. Und das nicht nur aus soziologischem Interesse, sondern auch im Auftrag der Kirchen.

Aber wie kann man „Glauben“ messen? Woran will man ihn festmachen? Oftmals werden in derlei Befragungen Besucherzahlen in Gottesdiensten ermittelt oder es wird das ehrenamtliche Engagement in Kernbereichen kirchlicher Arbeit aufgelistet. Aber was sagt das über den Glauben aus, der doch eine „Herzensangelegenheit“ ist?

Bisweilen werden auch „klassische Glaubensinhalte“ abgefragt: „Glauben Sie, dass Jesus der Sohn Gottes ist?“ – „Glauben Sie an die Auferstehung der Toten?“ – „Glauben Sie, dass Gott die Welt geschaffen hat?“

Manchmal überlege ich, wie ich selbst darauf antworten würde. Würde ich es vollmundig bejahen? Oder würde ich – wahrscheinlich eher – sagen: Ja, aber… Denn all diese Glaubensformeln sind doch erklärungsbedürftig, zumindest in dem Sinne, dass ich dabei zugleich mich selbst erkläre, wie ich das verstehe und was es mir bedeutet.

Gewiss, es ist gut und wichtig, dass wir Glaubensformeln haben wie zum Beispiel das „Apostolische Glaubensbekenntnis“ aus dem 2. Jahrhundert. Es gibt Traditionen, die die Inhalte des christlichen Glaubens umreißen und ihn so erkennbar unterscheiden von anderen Glaubensinhalten. Indem ich mich unter diese Formeln stelle, nehme ich eine Art Identitätsmarker in Sachen Religion an. Ich reihe mich ein in eine Glaubensüberlieferung, die Jahrhunderte überdauert und Kontinente umspannt.

Doch in der Theologie hat man seit jeher unterschieden zwischen den Glaubensinhalten und dem Glaubensakt selbst. Letzteren halte ich für weitaus bedeutsamer. Das Glaubensbekenntnis beginnt mit den Worten „Ich glaube“ – und genau darum geht es doch in erster Linie: dass ich für mich selbst ein Verhältnis bekomme zu diesem Gott, von dem da die Rede ist. Dass ich für mich kläre, wem ich vertraue oder woran ich mein Herz hänge – wie Martin Luther sagt. Welche Antworten erwarte ich von Gott auf die bewegenden Fragen des Lebens? Welche Kraft erwarte ich von ihm bei der Bewältigung meiner Lebensaufgaben? Welche Erfahrungen und Entdeckungen mache ich auf dem Weg des Glaubens? All das ist mehr als etwas, das man nur auf einem Fragebogen abhakt. Es ist lebendiger Glaube.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=30194
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