Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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03OKT2019
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Grundregeln ganz frisch geschrieben für uns Deutsche aus West und Ost. Könnte man denken. Aber sie stehen schon in der Bibel, im Buch der Sprüche (Spr. 6,16 ff): Zwei davon greif ich mal heraus: überhebliche Augen und eine falsche Zunge hasst Gott.

Mir kommen die zwei für unser Land grade besonders wichtig vor, mit diesen Gräben und Entfremdungen, die auf einmal so spürbar sind. Anscheinend haben viele Leute in Sachsen, Brandenburg oder Thüringen das Gefühl, dass viele von uns aus dem Westen auf sie runterschauen und reden. Mit „überheblichen Augen“ und „falschem Zungenschlag“:
Und dass wir nicht mitgekriegt haben, was sie umtreibt. Weil sie eher ein bisschen stiller waren.

Wichtiger Hinweis: nicht nur für das Verhältnis zwischen Ost und West. Mit Augen, die sich über andere überheben, denkt man leicht, die sind stiller und kleiner und schaut nicht hin. Man guckt dann zu denen, die laut sind oder gleich groß oder noch größer.

Ich muss das auch von mir zugeben. Es hat mich lange nicht sehr beschäftigt, wie Menschen in Ostdeutschland mit den vielen Umbrüchen in ihrem Leben klarkommen. Es ist an der Zeit, überhebliche Augen und falsche Zungenschläge zwischen Ost und West zu überwinden. Sich auf Augenhöhe zu sehen.

Allerdings meine ich: eines darf dabei nicht passieren. In Ost und West: Unter dem Deckmantel von ‚das muss man endlich mal sagen dürfen‘, darf Rassismus nicht hoffähig werden.

Wir sollen Menschen sehen, die auf ihre Sorgen aufmerksam machen. Aber wenn das mit Überheblichkeit gegen Schwarze oder Geflüchtete einhergeht, mit Rassismus. Dann ist Schluss mit Verständnis. Weil auch das sind ja „überhebliche Augen und falsche Zungenschläge“, die Gott hasst.

Es ist Zeit, dass wir einander in Ost und West aufmerksamer sehen. Aber wir müssen dann auch die sehen, die aus Angst vor Rassismus immer stiller werden.

Noch ein Gedanke zur „falschen Zunge“:
Ich glaube, es ist wichtig, dass wir menschlich streiten, gerade wenn wir verschiedene Meinungen und Erfahrungen haben. Zwischen Ost und West, aber auch zwischen politischen Positionen überhaupt.

Aber das bedeutet nicht, dass ich hinter dem Berg halte und stumm werde, wenn Rassismus verharmlost wird. Rassismus ist nicht verhandelbar. Nicht zustimmungsfähig. Man muss ihn auch „Rassismus“ nennen. Grade als Christ. Das ist auch eine von den Grundregeln in der Bibel:

GOTT ist ein Gräuel, wer Brüder und Schwestern gegeneinander aufhetzt. Und Bruder und Schwester sind alle Menschen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=29505
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