SWR4 Feiertagsgedanken

SWR4 Feiertagsgedanken

Verehrte Zuhörerinnen und Zuhörer, ich wünsche Ihnen einen guten Morgen und einen hoffentlich schönen und erholsamen Feiertag. Die Christen haben gestern Pfingsten gefeiert. Dabei kam mir wieder eine unvergessliche Begegnung in den Sinn. Mit dem kreativen und inspirierenden Priester und Maler Sieger Köder. Der Maler hat mir eines seiner Pfingstbilder gezeigt. Abgebildet der große Papst Johannes XXIII. im Gespräch mit dem Naturwissenschaftler und Theologen Teilhard de Chardin. Im Hintergrund des Geschehens ein  alter ehrwürdiger Palast, dunkel und unzugänglich bis auf einen lichten Moment: ein offenes Fenster. Der Maler erinnert mit diesem Detail daran, was von dem damals frischgewählten Papst erzählt wird. Er geht/schreitet durch die hohen und geschichtsträchtigen Räume des Vatikans. Plötzlich stoppt er, geht zum Fenster, öffnet es und meint: Hier muss frische Luft rein.

Im wörtlichen und übertragenen Sinn. Darum hat Johannes XXIII. ein Konzil, also eine große Kirchenversammlung, einberufen und viele Fenster zur modernen Welt hin aufgemacht. Er wollte keine Kirche von gestern und/oder vorgestern, sondern eine Kirche, die sich den heutigen Herausforderungen der Welt stellt. Das offene Fenster wirkt wie ein Signal. Der Papst will nicht die Abschottung sondern das Gespräch, er will Brücken bauen, er sucht nicht den Rückzug, sondern den Aufbruch.

Manchen ist dieses offene Fenster bis heute eine Provokation. Unser jetziger Papst  hat sich ganz eindeutig zu einer offenen und menschennahen Kirche bekannt. Er hat aber alle Hände damit zu tun, dass die Fenster nicht wieder geschlossen werden. Mit großer Herzlichkeit geht er auf die Menschen zu, vertritt nicht nur die Lehre und die Prinzipien sondern immer auch die Barmherzigkeit, die keinen Menschen ausschließen will. Franziskus steht für eine Kirche, die besonders bei den benachteiligten und rechtlosen Menschen zu finden sein soll. Für ihn stehen der einzelne Mensch und sein Leben im Vordergrund und nicht das Gesetz.

Unsere deutschen Bischöfe haben sich von der offenen Art des Papstes anregen lassen .Sie haben mehrheitlich beschlossen, ein längst fälliges Fenster zu öffnen. Unter bestimmten Umständen sollen evangelische Christen in einer katholischen Messe auch an der Kommunion teilnehmen können. Besonders dann, wenn sie mit einem katholischen Partner verheiratet und mit diesem durch Taufe und Ehesakrament verbunden sind. Und mit ihm nicht nur das Leben sondern auch die Liebe zu Jesus zu teilen. Wie gesagt ein seit langem fälliges Fenster, das viele Betroffen schon längst selber aufgemacht haben. Aber was die einen als frische und befreiende Luft empfinden, wirkt für/auf andere wie Zugluft. So dass man möglichst schnell wieder alles dicht macht.

Pfingsten und das offene Fenster. Ich spreche iüber unterschiedliche Vorstellungen, wie Kirche sein soll. Wir erleben gerade eine spannungsvolle Zeit. Erleben einen dynamischen und aufgeschlossen Papst, der immer wieder drängt, nach draußen und bis an die Ränder zu gehen. Und erleben gleichzeitig wie selbst in den engsten Mitarbeiterkreisen des Papstes sich Bedenkenträger zu Wort melden.

Solche Spannungen und Konflikte hat es in der langen Geschichte der Kirche schon immer gegeben. Für manche Streitfragen gab es einmütige Lösungen, andere führten zu Trennung und Spaltung. Gott sei Dank scheint die Zeit der Machtworte von oben vorbei zu sein. Da nützt es auch nichts, aus den gemeinsamen Beratungen auszuscheren und sich direkt an den Papst zu wenden, wie es manche der deutschen Bischöfe im Streit um die Zulassung zur Kommunion versucht haben. Statt den Konflikt unter sich zu klären, suchen sie das entscheidende Machtwort von oben

Der Papst spielt den Ball zurück. Die Bischöfe sollen selber eine Lösung finden. Das ist ihre Aufgabe und auch ihre Zuständigkeit Er will, dass nicht angeordnet, sondern miteinander gesprochen wird, er vertraut der Klugheit und Erfahrung vor Ort und hat immer die konkreten Menschen im Blick.

Ich habe Papst Franziskus vor ein paar Wochen in Rom erlebt. Ganz oben an seinem Fenster, hat er zu den Menschen auf dem Petersplatz gesprochen. Räumlich weit weg aber stimmlich und inhaltlich ganz nah. Einer, der nicht abgehoben und weltfremd über die Menschen hinweg spricht, sondern zu ihnen, sehr herzlich und verbindlich.

Man merkt, dass er das offene Fenster liebt. Er hat keine Angst, vor dem was von draußen hereinströmt, noch scheut er sich die Botschaft des Evangeliums zu verkünden, sei es gelegen oder auch nicht. Seine berührende und berührbare Menschlichkeit lassen erahnen, von welchem Geist er bewegt ist.

Dass unter ihm das Fenster zur Welt und zu allen Menschen hin offen bleibt ist für viele Hoffnung und Wunsch. Ich wünsche ihm alle Kraft und bin dankbar, dass dieser Papst so unverzagt ans Werk geht.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=26495
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