Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Als Kind habe ich von meinen Eltern hin und wieder zu hören gekriegt: „Mach’ mal die Augen zu; dann siehst Du, was Dir gehört!“ Wahrscheinlich habe ich allzu nachdrücklich darauf bestanden, dass ich über etwas bestimmen kann - über etwas zum Spielen oder Anziehen oder Essen. Dieser kindlichen Besitzstandswahrung wollten sie wohl einen Riegel vorschieben. Und haben dafür eine sehr klare Form gefunden, um das für mich als Kind unmissverständlich auszudrücken. Ich finde, dass der Satz den Nagel auf den Kopf trifft. Und dass meine Eltern - unbewusst bestimmt - dazu noch eine religiöse Wahrheit eingefangen haben. In der Tradition jüdisch-christlichen Glaubens und Denkens ist es nämlich so, dass einzig und allein Gott Eigentümer von allem ist, was es auf Erden gibt. IHM gehört jedes Stück Land, jede Pflanze und jedes Tier. Ja, nicht einmal der Mensch gehört sich selbst. Und schon gar nicht ein Mensch einem anderen, die Frau einem Mann, das Kind seinen Eltern. Gott ist der Schöpfer des Himmels und der Erde. So erzählt es das erste Buch der Bibel. Uns Menschen ist dieser Besitz und was wir aus ihm machen, lediglich anvertraut, um ihn zu bewahren und zu pflegen. 

Ich halte diesen Glauben für höchst bedeutsam. Immer wieder wird bei uns die Frage diskutiert, wem denn nun das Land gehört, in dem wir leben. Und nicht nur das Land. Auch seine Traditionen und Gebräuche. Was bei uns erwirtschaftet und erforscht wird, unsere kulturellen Errungenschaften. Gehört es den Deutschen? Muss man dazu einen deutschen Pass haben, einen festen Wohnsitz, einen Arbeitsplatz? Genügt es hier geboren zu sein oder Deutsch als Muttersprache zu beherrschen? Und was ist mit denen, die als Fremde, als Geflüchtete zu uns kommen? Religiös gesprochen braucht es diese Abgrenzungen nicht. Denn:  Im Letzten gehört uns nichts. Das ist auf der einen Seite ernüchternd, auf der anderen Seite entlastet es aber auch ungemein. Wenn man nicht mehr die letzte Verantwortung hat, das macht frei. Klar, es braucht trotzdem Menschen, die sich kümmern und für eine Sache zuständig fühlen. Und sich auch fragen, was denn nun typisch deutsch ist, typisch für das christliche Abendland. Aber Sorge ist etwas anderes als eine Sache bis aufs Messer zu verteidigen. Jedem, der allzu genau weiß, was deutsch ist und ihm gehört, empfehle ich, es einmal mit diesem alten Prinzip biblischen Glaubens zu probieren: Gott ist der Eigentümer von allem.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=26321
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