SWR3 Gedanken

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„Wenn die Dame in Schwarz kommt, schick sie nicht weg, sondern setz Dich mit ihr an den Tisch und hör ihr gut zu was sie Dir zu sagen hat.“ Dieser Satz ist vom Psychoanalytiker C.G. Jung. Und mit der Dame in Schwarz hat er die Depression gemeint. Depression wird noch immer tabuisiert. Warum eigentlich? Weil sie ein Zeichen von Schwäche ist?  Oder weil es in unserer Leistungs- und Gute-Laune-Gesellschaft ein No Go ist, traurig, schwach und antriebslos zu sein? Rund 4 Millionen Menschen leiden laut Weltgesundheitsbehörde derzeit in Deutschland an diesem Seelenzustand. Depression gilt als Erkrankung der Seele. Ich würde sie anders nennen: ein Notsignal der Seele. Wenn eine Grenze überschritten worden ist. Durch einen Schicksalsschlag, durch eine Lebensveränderung oder durch eine zu lange Überforderung. Und mich die Seele ausbremst, mich zu dem Stillstand bringt, ja zwingt, der mich wieder ins Lot bringen soll. Dabei sind Medikamente hilfreich oder nötig. Gleichzeitig und noch viel mehr: Therapie. Heilsame Gespräche mit Fachleuten, die dabei helfen, die Dame in Schwarz an den Tisch zu lassen und ihr zuzuhören. In diesen Gesprächen geht es immer um offene, nicht verheilte seelische Wunden. Aufgerissen durch aktuelle Belastungen, Konflikte, Trennungen oder Tod. Wenn man sich aber genügend Zeit gibt sie zu beklagen, sie zu betrauern und letztlich auch zu bejahen, dann schließen sich diese Wunden. Mit der Zeit, die Wunden eben zum Heilen brauchen. In der auch die Dame in Schwarz irgendwann den Tisch verlässt. Und einen Menschen hinterlässt, der zwar dunkelste Dunkelheiten kennt, dessen Leben aber wieder hell geworden ist. Weil er den Mut hatte sich helfen zu lassen…

                                                                                                  

 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=26020
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