Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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„Ich glaube nicht an Gott. Ich bin mehr so der naturwissenschaftliche Typ.“ So oder ähnlich höre ich das immer wieder – vor allem von Männern. Da wird behauptet: Wer nüchtern mit seinem Verstand an die Welt herangeht, der kann nicht gleichzeitig an Gott glauben. Schließlich kann man die Existenz Gottes nicht wissenschaftlich beweisen. Aber sind Glaube und Naturwissenschaft tatsächlich Gegensätze? Ich finde nicht. Schon allein deshalb nicht, weil viele Naturwissenschaftler selbst an Gott glauben.

Einer von ihnen war der Astronom und Mathematiker Johann Kepler. Er ist heute vor 387 Jahren in Regensburg gestorben. Johann Kepler war einer der Begründer der modernen Naturwissenschaften und gleichzeitig ein sehr gläubiger Mensch. Durch seine Forschungen hat er den Glauben an Gott nicht verloren. „Ich glaube“, hat er einmal gesagt, „dass die Ursachen für die meisten Dinge in der Welt aus der Liebe Gottes zu den Menschen hergeleitet werden können“.

Geboren ist Johann Kepler 1571 in Weil der Stadt bei Sindelfingen. Schon als Kind hatte er eine außergewöhnliche Begabung für Mathematik. Und seine Mutter hat ihm die Faszination für die Himmelskörper vermittelt. Kepler wollte eigentlich Pfarrer werden und hat am Evangelischen Stift in Tübingen Theologie studiert. Mit 23 Jahren wurde ihm aber eine Stelle als Mathematiklehrer am evangelischen Gymnasium in Graz angeboten. Er hat zugesagt und damit den Weg der Naturwissenschaften beschritten.

Wie Galileo Galilei und Nikolaus Kopernikus war Kepler davon überzeugt, dass sich die Erde um die Sonne dreht. Davon ausgehend hat er als erster die Bahnen berechnet, auf denen die Planeten kreisen. Jahrzehntelang hat er geforscht und dabei drei Gesetze für die Planetenbewegungen herausgefunden, die bis heute gelten. Kepler war auch Erfinder. Er hat das schärfste Fernrohr seiner Zeit erfunden. Und für die Entwässerung von Bergwerken hat er eine Zahnradpumpe konzipiert. Pumpen dieser Art werden bis heute in Automotoren verwendet: als Ölpumpen. Keplers Roman „Somnium“ handelt von einer Reise zum Mond – der erste Sciencefiction-Roman aller Zeiten.

Die Naturgesetze waren für Johann Kepler Ausdruck der Harmonie, die Gott in seine Schöpfung hineingelegt hat. Und dass er nicht Pfarrer sondern Naturwissenschaftler geworden ist, war aus Keplers Sicht eine Vorsehung Gottes. Sich selbst nannte er einen „Priester Gottes am Buch der Natur“.
Für mich zeigt Johann Kepler: Auch wer mehr so der naturwissenschaftliche Typ ist, kann trotzdem an Gott glauben.

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