SWR1 Begegnungen

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Wer Ulrich von Plettenberg, Generalvikar des Bistums Trier, neu begegnet fragt sich oft wie er ihn anreden soll. Auswahl gibt es genug, Domkapitular, Graf, Doktor, Generalvikar oder alles zusammen. Im Gegensatz zu anderen, die ihre Titel täglich polieren ist er selbst ist in diesem Punkt gelassen und uneitel. Für unsicher fragende Gäste hat er eine einfache Antwort:

Was  Ihnen am leichtesten über die Lippen geht. Mir ist es egal ob ich Herr Plettenberg, oder Herr von Plettenberg, oder Graf Plettenberg oder Generalvikar oder wie auch immer angesprochen werde.Wenn ich erkenne, das ich gemeint bin reicht mir das.

Seit gut einem Jahr ist er nun die Nummer 2 im Bistum Trier. Als Generalvikar ist er Stellvertreter von Bischof Stephan Ackermann und Chef der Verwaltung. Vorher wirkte er als Pfarrer der saarländischen Pfarreiengemeinschaft „Am Schaumberg“. Sein Studienort Rom fasziniert den 53jährigen bis heute und damit ist nicht nur der Vatikan gemeint. Die Weite der Stadt, ihre Geschichte und ihre so unterschiedlichen Facetten lassen ihn immer wieder dorthin zurückkehren. Einer Lieblingsorte ist die Kirche Santa Maria in Trastevere im gleichnamigen Viertel. Dort treffen sich jeden Abend Mitglieder der Gemeinschaft San Egidio zu einem täglichen Abendgebet. Für den Studenten von Plettenberg war dies ein gern besuchter Ort.

Diese Gastfreundschaft und dieses Entgegenkommen hat mich damals sehr fasziniert und die Atmosphäre des Gebets so dass ich während meiner römischen Zeit relativ regelmäßig beim Abendgebet war und dann sogar ab und zu aushilfsweise - später dann als Priester- sonntags mitgefahren bin in ein Seniorenhaus und dort Messe gefeiert hab.

San Egidio ist keine Ordensgemeinschaft, Frauen und Männer in unterschiedlichsten Berufen und Lebensweisen verbindet das Gebet und das soziale Engagement für die Armen. Ebenso sind sie immer wieder vermittelnd in Krisenregionen der Welt unterwegs. Heute Abend trifft sich die Gemeinschaft zum Weltfriedenstreffen in Münster.

Ich finde es einen wunderbaren Ansatz Kirche zu sein, Kirche zu leben, den Glauben zu leben, weil es diese Verbindung hat von Gebet und Tun.

Den Glauben leben - das wird nicht selten schwierig, wenn Menschen durch Schicksalsschläge aus der Bahn geworfen werden. Naturkatastrophen, Terror, unheilbare Krankheiten lassen immer wieder fragen warum Gott das zulässt. Fromme oder leichtfertige Antworten helfen dann überhaupt nicht.

Bei manchem Kondolenzgespräch oder wenn andere zu mir kommen und sagen das und das ist mir passiert, wie soll ich das mit dem lieben Gott in Vereinbarung bringen, sag ich: treten sie dem lieben Gott vors Schienbein.

eine etwas heftig die Formulierung, aber seinen Schmerz und seine Wut in den Himmel zu schleudern kann zum Glauben dazugehören.

Das ist ganz legitim, das ist in der Bibel hundertmal passiert, das dürfen wir offen vor ihn hintragen. Ob das Zweifel oder Ärger oder Klagen  oder Anklagen sind. Schwierig wird es für mich wenn ich in diesem Moment Gott ausblende…weil ich dann ein Teil meines Lebens nicht mehr vor Gott bringe.Mein Leben mit allen Freuden aber auch mit allen Sorgen, allen Kümmernissen, allen Leiden vor Gott bringen, das ist für mich ein christliches Leben. 

Teil II

Graf von Plettenberg, Generalvikar des Bischofs von Trier, zu seinen Aufgaben gehört auch die Umsetzung der Beschlüsse der Trierer Bistumssynode. Drei Jahre hatten sich die unterschiedlichsten Menschen aus dem Bistum in Arbeitskreisen und Versammlungen mit der Frage beschäftigt, wie Zukunft der Trierer Kirche aussehen könnte. Wichtig ist dem Generalvikar dabei unter anderem:

Herauszukommen aus dem Kreisen um uns selbst, dieser ständigen Selbstbetrachtung und hinzuschauen: wer sind eigentlich die Menschen für und mit denen wir da sein wollen.

Mit ihnen sich von manchen Traditionen zu lösen und neue Schritte zu wagen hat auch mit Abschieden zu tun und die sind nie leicht. Schon die Bibel weiss davon.

Das Emmausevangelium ist mir sehr wichtig - auch jetzt im Zusammenhang mit der Synodenumsetzung - dieses Aufbrechen aus einer Trauer heraus, das auch offen einzugestehen, auch vor Jesus einzugestehen und dann noch einmal offen zu sein für die Begegnung und neue Erfahrung mit Jesus.

Die beiden traurigen Emmausjünger gingen mutlos ihren Weg und erkennen erst spät, dass Jesus eine ganze Zeit an ihrer Seite gegangen war. Unerkannt. Das erinnert mich an ein Wort des Jesuitenpaters Alfred Delp, der von den Nazis verfolgt, inhaftiert und ermordet wurde. Es heisst: „Gottes Kraft geht alle Wege mit“. Dieses Wort begleitet auch die Schüler und Schülerinnen der Alfred Delp Schule in Hargesheim. Ulrich von Plettenberg war dort einige Jahre Schulpfarrer. In dieser Gesamtschule werden  neben dem Gymnasial- und Realschulzweig auch Hauptschülerinnen und Hauptschüler ausgebildet. Der heutige Generalvikar hat auch ihre Wege begleitet - mit Respekt vor deren praxisorientierter Ausbildung:

Weil ich handwerklich absolut ungeschickt bin. Von daher zu vermitteln: so, ihr könnt etwas was ich nicht kann, oder ihr könnt etwas lernen was ich nicht kann, wo ich auf euch angewiesen bin. Aus diesen Haltung heraus zu versuchen ein Selbstbewusstsein zu geben war mir immer ein Anliegen.

Selbstbewußtsein, das sich seiner Verantwortung bewußt ist. Mit Blick auf die anstehenden Bundestagswahlen erinnert er sich an einen Besuch mit älteren Schülern bei dem mittlerweile verstorbenen Widerstandskämpfer Philipp von Boeselager und was dieser den Jugendlichen für ihre Zukunft geraten hat:

Sie haben eine Verantwortung. Eine politische Verantwortung. Die Verantwortung ist: gehen Sie wählen. Mir ist egal was Sie wählen solange Sie eine demokratische Partei wählen sind Sie gut dran. Dann haben Sie ihre Aufgabe und Ihre Verantwortung wahrgenommen.“ Das ist auch das was ich immer weitergeben würde: gehen Sie wählen.

 Und diesem Appell kann ich mich nur anschliessen. Mit Ausrufezeichen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=24987
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