SWR1 Begegnungen

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Isabel Schosnig ist Schauspielerin in Berlin. Ich treffe sie in ihrer Berliner Wohnung. Sie erzählt mir sofort von ihrem aktuellen Theaterprojekt, dass Sie auf besondere Weise fasziniert: Der Besuch der alten Dame, von Friedrich Dürrenmatt.  Ein Stück
über die Macht des Geldes, menschliche Versuchungen mit
fatalem Ausgang. Ganz in die Rolle einzutauchen, sich ganz
mit ihr im Spiel zu identifizieren ist für Isabel Schosnig jedesmal
eine Herausforderung.

Meine Erfahrung ist, dass wenn man da wirklich reingeht, wenn
man kein Urteil darüber hat, fühlt man sich als Schauspieler
danach wie frisch geduscht. Man hat eine gute Vorstellung
gespielt. Wenn ich mich verweigere und mich nicht öffne, dann bleibt da ein ganz unzufriedenes Gefühl übrig.

Das Gefühl hat sie allerdings selten. Isabel Schosnig liebt ihren Beruf und erarbeitet sich ihre Rollen mit großer Intensität, Genauigkeit und Leidenschaft. Ihr Schauspielstudium schloss sie 1998 an der Hochschule für Musik und Theater in Leipzig ab. Es folgten Engagements in München und Leipzig. Vom Leipziger Schauspielhaus wechselte sie 2001 an das Deutsche Theater in Berlin. Seit 2010 arbeitet sie freischaffend, auch für Kino und Fernsehen. Für sie ein Traumberuf.

Wir erleben ja als Schauspieler Dinge, die erleben ja Menschen nicht in einem Leben. Das geht ja gar nicht - so viele Biographien, die wir spielen und die wir uns hineindenken und fühlen müssen. Im besten Sinne macht das weit. Wenn man sich drauf einlässt.

Je nach Rolle geht das mal leichter mal schwerer. Manchmal sogar viel schwerer. In gerade gesendeten Folgen der TV-Serie „In aller Freundschaft“ spielte sie eine Mutter, die mit der unheilbaren Krebskrankheit ihres Sohnes konfrontiert wird. Die Dimension dieser Rolle wurde für sie größer je mehr sie sich mit der Rolle beschäftigte.

Ich wußte es würde mit dem Tod enden, es geht um Sterbehilfe, aber wie genau diese Geschichte verlaufen wird das hab ich erst im Laufe der Zeit mit den Büchern erfahren.

Sie ist selbst Mutter einer Tochter. Deshalb war es nicht leicht sich ganz in das Spiel hineinzugeben.  

Bei der Rolle habe ich gemerkt, das es da etwas gibt in mir, das da nicht rein will. Weil das die größte Angst und die größte Furcht wäre das selber zu erleben, erleben zu müssen.

Für sie selber ist der Gedanke an den Tod nicht unbedingt nur düster. Er hat auch eine religiöse Dimension.

Für mich ist Sterben eine Kunst. Bewusstes Sterben ist für mich die höchste Kunst und auch die höchste Gnade. Wenn einem das zuteil wird. Das würde ich mir für mich wünschen aber man weiss das eben nicht wie das so vorgesehen ist. Was ich zeitlebens gehabt habe ist ein Glauben und den hab ich. Wirklich. Und der wird eigentlich immer feste. Und das ist mein eigener.

Teil 2

Begegnung mit der Schauspielerin Isabel Schosnig aus Berlin. Geboren 1972  verbrachte sie ihre Kindheit in Leipzig. 1988 konnte sie aus der DDR ausreisen und ihr Schulausbildung mit dem Abitur in Stuttgart beenden. Die Sehnsucht nach etwas, dass das rein Menschliche übersteigt, das perfekter ist, führt sie aus ganz gewöhnlicher Alltagserfahrung sehr früh zu Gott. 

Obwohl ich meine Eltern so geliebt habe so wie sie waren  - als Kind kriegt man ja mit, wenn die Eltern miteinander streiten oder sie Probleme haben - wußte ich, die sind menschlich, die haben Fehler, die sind nicht weise und ich hab mir immer weise Eltern gewünscht.  Also so bin ich überhaupt zu Gott gekommen. Das war ja in der DDR nicht unbedingt populär.

Evangelisch getauft war es nicht leicht zum Christsein zu stehen. Ihr Bruder erlebte staatlichen Druck als er mit der aus Westdeutschland gekommenen Bewegung „Macht Schwerter zu Pflugscharen“ sympathisierte. Druck gab es für ihn auch in der Schule. 

Da hat er gebetet vor einer Russisch Arbeit und hat ne 2 geschrieben. Er war eigentlich sehr schlecht in der Schule und darauf hat die ganze Klasse gebetet, weil sie dachte das könnte helfen und dann wurde er von einer Klassenfahrt ausgeschlossen.

Christliche Gemeinden waren damals Zufluchtsorte. Für Menschen verschiedener Überzeugungen und Lebensstile.

In der DDR war Kirche eher was für die Liedermacher, da probten die Punksbands, da war was los. Das hatte auch eine kulturelle Dimension und war eine Gegenbewegung, die so die Lücken in der DDR gesucht hat und wo man auch Schutz finden konnte. 

Nach ihrer Ausreise aus der DDR kam sie in Kontakt zu christlichen Gemeinden in Westdeutschland. Der Unterschied erstaunte sie sehr.

Ich bin nämlich in die Kirche gegangen, weil ich dachte da wird richtig was los sein, da lern ich die coolen Jugendlichen kennen. Ich war mittlerweile 15. Ich hab eine Flasche Rum mitgenommen, obwohl ich gar keinen Alkohol getrunken habe und dann hab die so auf den Tisch gestellt, und die sassen da und guckten, was ich da mache und sagten alle meine Hobbys sind…und so. Und ich hörte zu und ich dachte Oh Gott das ist ganz anderes, die sind alle geborgen, aufgehoben, viel kindlicher, als ich das jetzt gewohnt war. Das kam mir eng vor. Damals.

Weite ist Isabel Schosnig aber nicht nur im Beruf, sondern auch im Leben  wichtig. Ihre Tochter wählte den katholischen Religionsuntericht. Für sie kein Problem. Aber etwas legte sie ihrer Tochter an Herz. 

Also ich hab immer gesagt du kannst dich jederzeit taufen lassen wenn du das möchtest, aber die einzige Bedingung, die ich stelle ist, dass du jede Religion kennenlernst. Dass du dich wirklich dafür auch interessierst und nicht einfach so in was hineinkommst. 

So zu raten hat für mich etwas von dem, was Isabel Schosnig sich selbst von ihren Eltern gewünscht hat: eine Spur von Weisheit.

 

 

 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=24586
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