SWR1 Begegnungen

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Ilka Sobottke mitte/ Preaching Class

Peter Annweiler trifft Ilka Sobottke

Ostern in Chicago

„Oh happy day“ jubeln sie heute in den schwarzen Kirchen Amerikas. Und die Mannheimer Pfarrerin ist mitten drin. Mit einer Gruppe junger Leute feiert sie Ostern in Chicago. Dort, wo Barack Obama geistlich und politisch groß geworden ist. Denn Ostern ...

... das kann man in dieser Gemeinde, in Trinity United Church of Christ wunderbar wahrnehmen  daran, dass die Schwarzen, die dort zusammen kommen sich befreien von den Bildern, die die Weißen von ihnen haben und ihnen über Jahrzehnte und Jahrhunderte eingeimpft haben: Das Bild des faulen, dummen Schwarzen.

Ostern ist für sie: Frei werden von abwertenden Bildern. In der Armut Würde bewahren. In der Gemeinde stark werden. Wenn Menschen sich so aufrichten, sind sie nah dran an der Auferstehung.Gepredigt hat die 50jährige City- und Studierendenpfarrerin das schon oft.
Und erlebt hat sie es auch in ihrer Mannheimer Gemeinde. Da hat sie es viel mit Menschen in Armut zu tun, besonders wenn sie im Januar die so genannte Vesperkirche leitet. Weil sie sich schon lange für die Ärmsten einsetzt, konnte Ilka Sobottke letztes Jahr ein paar Monate in Chicago studieren. Dort hat sie erlebt, was sie hier oft anmahnt: Dass es nicht genug ist, wenn die Betroffenen nur „versorgt“ werden. Dann entsteht zwar eine Kirche für die Armen, aber noch lange keine Kirche mit den Armen.

Dagegen stehen dort Leute, die ganz stark auf Bildung setzen, die dafür sorgen, dass ihre Jugendlichen Sport machen, die in ner ganz starken Gemeinschaft zueinander stehen, die die Familien stärken und sich sehr um die auch bemühen, die sozial ins Aus geraten sind.

Es kommt in dieser Gemeinschaft dann zu berührenden Begegnungen. Begegnungen - in denen sich ein österliches Lächeln zeigt.

Ich sitze in einem Keller iner Kirche. Die Frau versucht zu essen, die hat kaum Zähne im Mund und ich versuche, mit ihr ins Gespräch zu kommen und sie guckt mich so von der Seite an und erklärt dann irgendwann:
My life is a hell hole - mein Leben ist ein Höllenloch. Aber trotzdem lächelt sie und hat mir dann auch gesagt: Natürlich lächel ich. Weil, wenn ich weinen würde, dann würde es mir ja noch schlechter gehen -

Menschen finden aus ihrer Klage und dem Jammern heraus. Eine beglückende und zentrale Erfahrung war das für Ilka Sobottke. Eine Ostererfahrung:

Da auch nur einen Funken davon mitzukriegen, wie sich das da verbindet: Diese Kraft aus dem Glauben mit dem Alltag und dem Widerstand - das finde ich ein großes Abenteuer.

Dieser Funke hat bei Ilka Sobottke gezündet: Fünfzehn junge Menschen aus Mannheim hat sie in dieses Abenteuer eingeladen. Das Abenteuer, in unsicheren Stadtvierteln Chicagos Menschen zu treffen, die Gottes Liebe mehr vertrauen als den Entwertungen der anderen. Die jungen Mannheimer lernen Gleichaltrige kennen, die dann im Mai zum Gegenbesuch kommen: Nach Mannheim und zum Kirchentag im Land der Reformation.

Leben in Mannheim

Ilka Sobottkes Herz schlägt für die Armen in ihrer Stadt. Mit diesem Herzschlag führt die Mannheimer Pfarrerin eine Gruppe junger Menschen an Ostern durch Chicago. Ungewöhnliche Begegnungen stehen dort in den schwarzen Gemeinden auf dem Programm:

Das ist sozusagen die „Unterseite des Teppichs“ - das sind die Leute, die ausgrenzt werden, diskriminiert werden - die dort versuchen, dem zu widerstehen - und da entwickelt sich eine Kraft, die wir hier überhaupt gar nicht kennen.

Das konnte die 50jährige letztes Jahr für drei Monate dort erleben. Die schwarzen evangelischen Gemeinden Chicagos  sind ihr da so etwas wie ein Raum für Ostererfahrungen geworden. Sie konnte erleben,

wie diese Opfer sich befreien und aufrichten und das, was Amerika verspricht, für sich in Anspruch zu nehmen - und zu sagen: Wir haben hier ein Recht auf Gleichheit, wir haben ein Recht auf Freiheit, wir haben ein Recht dadrauf, dass unsere Kinder heil nach Hause kommen - das ist für mich ein Gegen-Amerika.

Menschen am Rand der Gesellschaft lernen, aufrecht zu gehen. Weil sie Gottvertrauen haben.
Was bedeutet das für uns? Und wie können diese Erfahrungen in dem anderen, uns unbekannten Amerika  auch bei uns wirken? Meine eigenen Erfahrungen in Brennpunkten amerikanischer Städte sind schon ein paar Jahre her - aber ich erinnere mich daran, dass ich bald frustriert aufgehört habe, Konzepte von  amerikanischen Gemeinden auf meine deutsche Gemeinde zu übertragen.
Ilka Sobottke reißt mich mit, diese schlechten Erfahrungen hinter mir zu lassen und Neues auszuprobieren. Das kann sie ziemlich gut. Schließlich haben wir acht Jahre in der Mannheimer City zusammen gearbeitet. Da hat sie mich, frisch und frech, immer wieder zu Neuem angeregt. Diese Art hat für mich etwas Österliches.

Versuchen, offen und willkommend zu sein - und da immer noch mal zu gucken, dass wir noch längst nicht angekommen sind, sondern da noch was drauf legen können - und dass man das üben kann - und dass das  vor allem  mit einer Herzlichkeit zusammen hängt - das ist das, was mir am wichtigsten ist.

Herzlichkeit und Gastfreundschaft  sind für Ilka Sobotte ganz zentral in einer Gemeinde.  Da gehört ihre selbst gemachte Himbeertiramisu genauso  selbstverständlich dazu wie eine herzliche Umarmung.  Nach ihrer Rückkehr aus Amerika ist sie in ihrer Herzlichkeit für mich noch politischer und frömmer geworden.  Sie hat manche Gremien verlassen und dafür neue Formen von Gebeten im Gottesdienst ausprobiert. Sie versucht, noch mehr und noch direkter mit den Armen zu leben und zu beten, und nicht nur etwas  für sie zu tun.
Ostern heißt in dieser Perspektive: Menschen, die nichts von einander kennen außer Vorurteile, begegnen sich. Sie richten sich gegenseitig auf und verhelfen einander zu Würde.

Und das haben wir ja in Mannheim irgendwo zwischen den Quadraten und Jungbusch irgendwo so kompakt zusammen, dass es auch sehr interessant ist, als Kirche mittendrin zu sein und sagen zu können: Wir sind ... dazu beauftragt, eine Brücke zu sein zwischen verschiedenen Welten.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=24085
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