SWR4 Feiertagsgedanken

SWR4 Feiertagsgedanken

Noch ein Tag Ostern. Ein Tag mehr, um sich mit der Familie und lieben Freunden zu treffen. Mir tut so etwas gut. Vielleicht bringt das ja sogar neuen Schwung ins Leben.
So erzählt es jedenfalls die Bibel. Die Freunde und Freundinnen von Jesus haben damals nach seiner Hinrichtung am Kreuz die Ostertage nämlich auch gemeinsam erlebt. Essen, Reden, einfach ein bisschen zusammensitzen – nur nicht allein bleiben nach diesen schrecklichen Tagen!

Sie hatten ja miterlebt, wie Jesus gestorben ist. Das war so schlimm für sie, dass sies nicht mit ansehen konnten. Und dann das leere Grab, sogar der Leichnam von Jesus war weg. War er also doch nicht tot? Was hatte das alles zu bedeuten? Es gab also eine Menge zur bereden, stelle ich mir vor, Trauriges, aber eben auch Schönes. Wie das so ist, wenn man eine intensive Zeit miteinander verbracht hat.

Und plötzlich war er bei ihnen. Plötzlich war Jesus bei ihnen und hat zu ihnen gesagt: „Friede sei mit euch!“ So haben sie es später erzählt.
Ich glaube, so kann das auch heute sein, wenn einer nicht mehr dabei ist. Dabei sein kann. Dabei sein will. Grad an Feiertagen wird das ja schmerzlich bewusst. Mit den Kindern, die irgendwo in der Welt unterwegs ist, kann man wenigstens noch skypen. Aber Ostereier sammeln ohne den Papa, der bei der neuen Familie ist? Oder heute am zweiten Feiertag nicht wie sonst zum Opa in den Norden fahren? Manche, die einen lieben Menschen verloren haben, sagen dann: „Aber in unserer Erinnerung bleibt er ja lebendig.“ In der Tat: Wie lebendig der alte Herr nochmal für mich wird, als seine Frau von ihm erzählt. Sie muss sogar lachen, als sie von seinen beiden linken Händen erzählt, die zu manchen Missgeschicken geführt haben. Es fließen auch Tränen. Der Abschied kam einfach zu schnell. Ein anrührendes Gespräch.  
Ja, irgendwie sind sie ja doch dabei, unsere Toten, unsere Kranken, unsere Kinder, die irgendwo in der Welt unterwegs sind. So, stelle ich mir vor, war es damals auch, als Jesus gestorben war.

Ich hoffe, dass es mir in solchen Augenblicken ähnlich ergeht wie seinen Freunden damals: Plötzlich ist er da. Jesus, ganz lebendig. „Friede sei mit euch!“ Für mich heißt das: Ja, es ist schlimm, wenn jemand fehlt. Aber es wird sich ein Weg finden. Gott wird einen Weg finden. Zumindest den nächsten Schritt. „Friede sei mit euch!“ Auch in euren Tränen, in eurer miesen Stimmung, in euren Schamgefühlen. Mutet euch einander zu. Und betet! Sprecht mit Gott darüber. Das hilft. Das beruhigt die Nerven und macht die Gedanken etwas klarer.
So stelle ich ihn mir vor, den neuen Schwung, den die Auferstehung von Jesus ins Leben bringt. Auch in mein Leben.

Teil 2

Ich kann das gut verstehen. Wenn ich mir das vorstelle: Da bist du ganz unten, traurig, hast keine Ahnung, wies weitergehen soll, und dann steht da plötzlich jemand vor dir und sagt: „Friede sei mit euch!“
Das klingt doch ein bisschen abgehoben, finde ich, fast ein bisschen schwärmerisch. Ich denke an die Leute, die vielleicht gerade miterleben, wie die Familie an Streit und Konflikten kaputt geht. Und ich denke an die vielen, vielen Menschen, die auch diese Ostertage in Krieg und Terror verbringen müssen. Frieden, Auferstehung, neues Leben – sind das angesichts solcher Realitäten nicht wirklich Hirngespinste?

Diese Frage haben sich wahrscheinlich damals auch die Freundinnen und Freunde von Jesus gestellt. Und haben erzählt, was ihnen passiert ist.
Hier, meine Hände und Füße, hat Jesus zu ihnen gesagt. Guckt sie euch an. Fasst sie an, wenn ihr wollt.
Und dann gebt mir bitte mal etwas zu essen, ich hab Hunger!

Jesus ist mitten drin im Leben. Auch wo es schwer ist. So verstehe ich das. Und wo Jesus ist, da ist Gott. Jesus ist mit dabei. Und auf seinen Händen und Füßen sind sogar die Spuren der Nägel von seiner Kreuzigung noch zu sehen. Nein, das ist kein schönes Hirngespinst. Aber all die Wundmale und die Schrammen und Narben, die ein Leben hinterlässt, gehören bei Jesus mit dazu. Deshalb ist für mich die Hoffnung, die von ihm ausgeht, so realistisch. Eine Hoffnung mit Hand und Fuß.

Ich finde das sehr ermutigend und  hoffe darauf, dass Gott so auch bei mir Neues schafft. Gewissermaßen ein neues Leben im gelebten Leben. Nicht alles ist gut oder wird gut. Aber im entscheidenden Augenblick wird Gott da sein und mir dabei helfen, dass es mich nicht umhaut und ich irgendwie weitermachen kann. So ähnlich hat es einmal Vaclav Havel, der frühere tschechische Präsident, ausgedrückt: „Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass es gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, egal wie es ausgeht.“. Ganz nüchtern und sachlich auch er. So stelle ich mir das vor, wenn Gott heute neuen Schwung ins alte Leben bringt.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen heute noch einen schönen Feiertag, kommen Sie gut in die Woche und bleiben Sie behütet!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=24059
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