SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

„Was Du nicht willst, was man Dir tut das füg auch keinem anderen zu. “Ein Sprichwort, das ziemlich bekannt ist. Es stammt ursprünglich von einem jüdischen Rabbi, der im ersten Jahrhundert vor Christus in Jerusalem lebte. Es wird erzählt, dass ein junger Mann zu dem berühmten Rabbi Hillel kam. Er sagte ihm, er wolle zum Judentum konvertieren wenn es Hillel gelänge ihm die Lehre des jüdischen Glaubens zu vermitteln während er auf einem Bein stände. Also kurz und knapp. Der Rabbi beantwortete diese Provokation mit einem nicht minder provozierenden Satz, den man später die Goldene Regel nannte:  „Was dir nicht lieb ist, das tue auch deinem Nächsten nicht. Das ist die ganze Tora und alles andere ist nur die Erläuterung; nun gehe hin und lerne.“ In diesen Tagen steht der letzte, eher unbekanntere Teil dieses Wortes im Mittelpunkt dieser Woche, die Woche der Brüderlichkeit genannt wird. Gestern wurde sie in Frankfurt eröffnet. Unter dem Motto „Nun gehe hin und lerne“ gibt es Veranstaltungen, die den jüdisch-christlichen Dialog zum Thema haben.  „Nun gehe hin und lerne“ ist ein guter Satz. Auch Jesus von Nazareth lernte. Kein Evangelium beschreibt seine Kindheit und Jugend. Aber weil der Gottessohn Mensch wurde mit allem Drum und Dran, ohne Ausnahme, wird er wie jeder seiner Altersgenossen gelernt haben in seiner Familie. Von seiner Mutter das Gehen und Sprechen, von seinem Vater das Handwerk, in seiner Synagoge wird man ihn in die jüdische Lehren und Riten eingeführt haben. Wahrscheinlich lernte er dort auch die Goldende Regel des Rabbi Hillel. Lernen gehört zum Leben und hört nicht auf, es sei denn man verschliesst sich und glaubt selbst alles klar zu haben und genug zu wissen. Ich kann das für mich nicht sagen. Ich bin dankbar für alles Neue, das ich erfahre, bin neugierig auf alles was ich nicht weiss, höre zu, wenn jemand von Themen erzählt, von denen ich keine Ahnung habe. Es gibt Menschen, die haben zu jedem Thema etwas zu sagen, gefragt oder ungefragt, auch wenn sie keine Experten sind. So als wäre es ein Schande zuzugeben, dass man eben nicht alles weiss und jeder dazulernen kann. Wenn ich bereit bin zu lernen bewahre ich mich vor abweisender Härte und werde menschlicher. Junge lernen von Älteren und auch Ältere können von der jüngeren Generation und ihren Themen profitieren.„Was dir nicht lieb ist, das tue auch deinem Nächsten nicht…nun gehe hin und lerne.“ Schön, dass die Verantwortlichen der Woche der Brüderlichkeit dieses Wort als Thema gewählt haben. Juden und Christen können voneinander lernen.

Darauf zielt das Motto zu allerst. Es ist aber auch ein gutes Motto für die Fastenzeit mit der ehrlichen Frage an sich selbst ob man, in welchem Alter auch immer, lernfähig bleibt. Und das auch sein will.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=23807
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