Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Wir müssen reden! Wenn es nicht mehr weiter geht zwischen Eltern und Kindern, zwischen Lebenspartnern, zwischen Arbeitskollegen – dann ist das manchmal ein kluger Weg: Komm, Lass uns reden!

Die Beteiligten können zur Sprache bringen, was war und worum es geht. Jede und jeder aus seiner Sicht. So kann man Missverständnisse ausräumen und es kann klar werden, worum es eigentlich geht. Und was man jeweils von dem anderen erwartet. Manchmal löst sich ein Streit dann einfach in Luft auf.

Allerdings: „Wir müssen reden“ kann aber auch zu endlosem neuem Streit führen. Wenn man eigentlich bloß von vorn anfängt mit dem Streiten. Wenn man alles wieder auf den Tisch legt, was war und sich gegenseitig Vorwürfe macht. Dann ist es hinterher manchmal noch schlimmer. Man ist noch tiefer in den Streit verstrickt und man sieht noch weniger wie es weitergehen kann als vorher.

Für solche Fälle zeigt Gott einen anderen Weg als reden, glaube ich. Er selbst ist den gegangen um sich mit den Menschen zu versöhnen, die sich von ihm getrennt haben. An Jesus kann man das sehen. Er hat auf sich genommen, was Menschen einander antun. Er hat ausgehalten, was sie ihm angetan haben. Er hat nicht für sein Recht gestritten. Schon der Prophet Jesaja hat diesen Weg bekannt gemacht. Gott schickt einen, hat er gesagt, der wird wegen unserer Verbrechen verwundet und wegen unserer Schuld geschlagen. (Jes 53, 5) Wir Christen glauben: so hat Gott einen neuen Anfang möglich gemacht. Seither sind die Menschen mit ihm versöhnt. Seither können Menschen vertrauensvoll beten: „Vergib uns unsere Schuld!“ Und sich darauf verlassen – Gott lässt mich nicht fallen, egal, was war.

Aber bin ich Jesus? Soll ich denn alles hinnehmen, was andere mir antun, nur damit es keinen Streit gibt? Soll ich mir auf der Nase herumtanzen lassen, bloß damit wir zusammen bleiben können?

Ich glaube, das kann kaum ein Mensch. Muss man auch nicht können. Aber ein Anfang wäre das vielleicht doch: Wir müssen reden – aber erst einmal nicht über das, was war. Das lassen wir erst einmal so stehen/beiseite. Daran ist ja sowieso nichts mehr zu ändern. Wir reden jetzt darüber, was werden kann. Was ich erwarte. Was du erwartest. Was wir hoffen. Was wir uns gemeinsam vornehmen können. Und was wir beide tun können, damit es uns besser geht miteinander.

Dann geben wir uns Mühe. Und wenn das dann klappt – dann haben wir vielleicht wieder ein Stück näher zueinander gefunden. Dann spüren, wir, ob uns noch etwas verbindet und was. Und darüber reden wir dann – später. Und am Ende, auf einer neuen Basis, können wir vielleicht auch über das reden, was war. Wenn es noch nötig ist. ?

 

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