SWR1 Begegnungen

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„Im Advent – da setzte ich mich einfach mal in den Som!“

Ich spreche mit Margit Grom. Die katholische Religionslehrerin ist seit 2 Jahren in Pension. Die Adventszeit war für die 3-fache Mutter schon immer eine ganz besondere Zeit. Die Tage vor Weihnachten sind umtriebig und hektisch, aber das alles gehört für Margit Grom zum Advent dazu:

Wir feiern an Weihnachten die Geburt Jesu Christi, es ist ein Geburtstag. Und ich finde, ein Geburtstag muss vorbereitet werden, jedes Fest wird vorbereitet. Und wenn man es unterdiesem Gesichtspunkt sieht, ist die Hektik eigentlich nicht wegzudenken. Wenn man ein Geburtstagsfest für einen  besonderen Gast vorbereitet, der sich wohl fühlen soll, wird viel getan und gemacht, und es kommt eine gewisse Hektik auf.

Advent heißt übersetzt „Ankunft“. Im Advent warten viele Menschen auf die Ankunft Jesu, auf das Fest der Geburt Jesu. Warten können – das ist ein Thema für Margit Grom.

Es gibt viele, die nicht mehr warten können. Das wird auch von der Werbung suggeriert: Du kannst alles gleich haben, du kannst alles kaufne,  du kannst es auf Raten bekommen, dieses Erwarten können, dieses sich freuen auf etwas – das fällt Vielen sehr schwer.

Die Hektik und die Unmöglichkeit, warten zu können – jedes Jahr auf Neue nehme ich mir vor, da etwas zu ändern, den Advent anders zu gestalten. Die Mainzerin Margit Grom macht das so:

Ich lass ganz bewusst die Woche von Terminen frei, konzentrier mich auf die Adventszeit, mit nem Spaziergang, um über den Weihnachtsmarkt zu gehen, oder in den Dom zu gehen. Es ist wunderschön im Dom, (wenn da nur die Kerzen brennen, der dunkle Dom, das hat so ne ganz andere Atmosphäre), sich einfach in die Bank zu setzten, mal still zu sein, seinen Gedanken freien Lauf zu lassen, und zu sagen: Jetzt bin ich hier. Jetzt bin ich ruhig. Vielleicht in einem Gebet mit Gott in Verbindung treten. Und einfach alles da lassen.

Jetzt ist noch nicht Weihnachten, jetzt ist Advent. Das sagt sich Margit Grom immer wieder ganz bewusst, und bei einem Satz schüttelt sie sich regelrecht:

In 4 Monaten ist Weihnachten. Oder ganz schlimm finde ich’s, wenn der Weihnachtsbaum an Silvester Luftschlagen hat. Da werden Zeiten miteinander vermischt, und die Besonderheit der Zeit, z.B. der Weihnachtszeit oder von Fassenacht soll seinen Raum haben – das gehört da einfach nicht hin.

Margit Grom lebt in Mainz-Kastel in einer Kirchengemeinde und engagiert sich dort. Sie erinnert sich gerne an besonders gestaltete Gottesdienste im Advent:

Früher gab es Meditationsgottesdienste, (…) die habe ich auch sehr gerne mitgestaltet. Wo man meditiert hat über ein Lied: Es kommt ein Schiff geladen – und hat die einzelnen Strophen betrachtet. Die waren immer sehr schön. Die waren toll!

„Frauentragen – das war ein schöner Brauch!“

Für die 61-jährige Theologin Margit Grom ist der Advent als Mutter und als Religionslehrerin schon immer eine besondere Zeit. Sie ist in einer katholischen Familie groß geworden. Sie erinnert sich noch gut:

Ich musste Flöte spielen, oder ich durfte Flöte spielen. Die Kerzen wurden angezündet. Meine Eltern haben viel Wert darauf gelegt, dass es ruhig war. Es war ne richtigschöne Wartezeit auf Weihnachten. Irgendwann war meine Puppe verschwunden, dann wusste ich: An Weihnachten kommt sie bestimmt gut angezogen wieder.Und der Adventskalender: Ich habe mich riesig gefreut, wenn ich den aufmachen durfte und da war nur – in Anführungszeichen „nur“ – ein Bildchen drin. Und es war ne große Freude. Brauchte kein Schokoladen-Kalender zu sein.

Im Advent gibt es unterschiedliche Bräuche. Die Gottesdienste ganz früh am Morgen gehören dazu, auch in meiner Gemeinde kommen da Menschen zusammen, um den Advent zu feiern. Margit Grom bedauert, dass es eine Tradition in ihrer Gemeinde nicht mehr gibt.

Und zwar war das das Frauentragen, dass eine Marienstatue von Familie zu Familie gegangen ist. Wie die Herbergsuche. Dann wird eine Statue von einer Familie oder einer Einzelperson zu einem bestimmten Zeitpunkt hingetragen. Was mich beeindruckt hat: Es war kein Abgeben an der Tür, sondern es kam zu einem Zusammensein. Man hat ein Lied gesungen, ein Gebet gesprochen. Man kam einfach ins Gespräch.

In den Gottesdiensten im Advent singt die Gemeinde ganz besondere Lieder. Der Advent wäre kein Advent ohne sie. Margit Grom kommt bei zwei Liedern ins Schwärmen:

 „Es kommt ein Schiff geladen“, weil es mich sehr berührt. Natürlich auch: „Macht hoch die Tür“, das ist klar, das ist der Klassiker. Das habe ich auch gerne mit den Kindern in der Schule gesungen.

Advent und Weihnachten sind auch Kommerz – da sind wir uns beide einig. Das sollte nicht im Vordergrund stehen.  Dass eine gewisse Hektik zum Advent dazugehört, weil ein großes Geburtstagsfest vorbereitet sein will, das habe ich von Margit Grom gelernt. Der Advent bleibt eine ganz besondere Zeit.

Ich freue mich sehr auf den Advent, jetzt noch mehr, als ich noch berufstätig war, war es stressiger. Aber da ich in der Schule mit Kindern arbeiten konnte, und wir uns auf Weihnachten vorbereitet haben und die Adventszeit so gestaltet haben, dass sie besinnlich ist: Dass wir die Vorfreude auf Weihnachten spüren konnten.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=23243
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