SWR4 Sonntagsgedanken

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Bukephalos, so hieß das Pferd, das einst zusammen mit seinem Reiter Geschichte geschrieben hat. Und zwar Kriegsgeschichte, Erfolgsgeschichte, Weltgeschichte.
Bukephalos war nämlich das Pferd von Alexander dem Großen und auf dem Rücken dieses wilden, furchtlosen Gauls hat der mächtigste Mann seiner Zeit so manche Schlacht geschlagen und damit sein Weltreich errichtet.
Mit Pferden lassen sich also Kriege gewinnen. Aber wie gewinnt man den Frieden?

Die Bibel sagt: Der Frieden kommt auf einem Esel. So hat es ein Prophet zu den Menschen in seinem Land gesagt, der in der Zeit des großen Königs Alexander gelebt hat. Und der hat gesehen, wie die Menschen sich Sorgen gemacht haben. Würde Alexander mit seinem Pferd auch ihr Land erobern? Und was hätten sie dem dann entgegenzusetzen?

Da hat ihnen der Prophet diesen Satz gesagt, der bei uns in der evangelischen Kirche wie ein Motto über dem ersten Advent steht: „Tochter Zion, freue dich!“ hat er gesagt, also: Jerusalem, freue dich! – „Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer, arm und reitet auf einem Esel.“  So soll der Frieden anfangen.

Der Friede kommt also auf einem Esel.
Nicht rasant und feurig auf einem edlen Pferd. Sondern langsam, bedächtig, manchmal etwas bockig.
Was für eine Vorstellung! Der Herrscher, der auf diesem Esel reitet, der kann also nicht voran stürmen, der braucht Geduld und Ausdauer. Was er nicht gebrauchen kann, das sind schwere Waffen oder eine Rüstung. Die sind nämlich zu schwer für einen Esel.

Ich denke an Damaskus, Aleppo und Mossul. Wenn diese Städte doch auch endlich einen Anlass zur Freude hätten, mindestens einen Anlass zum Aufatmen. Denn es gibt eine Alternative zu den feurigen Schlachtrössern und den hochgerüsteten Kriegsherren. So sieht das die Bibel. Ich finde es eindrücklich, wie sie dem großen Alexander den König auf dem Esel gegenübergestellt  
Ein Gerechter ist er, einer, der hilft. Und arm ist er.

So würde ich mir alle Könige und Herrscher dieser Welt vorstellen: Herrscher, die sich für die Menschen einsetzen und nicht in die eigen Tasche wirtschaften und Klientelpolitik betreiben. Verantwortliche, die sich am Recht orientieren und sich dafür einsetzen, dass die Menschen zu ihrem Recht kommen, besonders die Schwachen, die das alleine nicht schaffen. Leute, die lieber zäh und ausdauernd verhandeln statt zu den Waffen zu greifen.

Aber ist das wirklich eine Alternative, frage ich mich?
Was kann denn so jemand ausrichten gegen die Alexanders und die Assads dieser Welt? Wird so einer nicht eher mitleidig belächelt, ein „Gutmensch“, der von der rauen Wirklichkeit überrollt wird. Mehr Fragen als Antworten. Aber eben auch gerade jetzt in der Adventszeit eine ganz große Hoffnung, dass Gott kommt und denen hilft, die sich fragen, wie es mit dem Frieden vorangeht.

 

Esel haben große Ohren, damit sie alles gut hören. Große Ohren sind wahrscheinlich oftmals viel wichtiger als ein großes Maul. Mehr zuhören als reden. Ein hohes Maß an Sensibilität, gut, wenn es Menschen gibt, die dafür ein Gespür haben.

Esel brauchen Gemeinschaft. Bei mangelndem Kontakt langweilen sie sich rasch. Als wüssten diese Tiere nur zu gut: Gemeinsam geht es besser. Gemeinsam kommt man voran. Das haben die Esel ja manchen Menschen voraus: den Einzelkämpfern und den Egoisten. Den Solisten, die alles alleine können und niemanden brauchen. Oder das zumindest denken. Hoffentlich kann ich Hilfe annehmen  und mir eingestehen, dass ich nicht alles alleine schaffe. Dem Frieden um mich herum würde es sicher nützen.

Was mich besonders beeindruckt: Esel reagieren selten kopflos. Im Gegenteil, sie sind wohl ausgesprochen besonnen, sondieren die Lage genau und lassen sich selten von ihrem Weg abbringen. Auch nicht durch Schläge oder Geschrei.

Ich glaube, auch unter uns Menschen können wir gut solche „Esel“ gebrauchen. In der Politik genauso wie im Familienkreis, bei der Polizei und bei der Feuerwehr.  Mir imponieren die Leute jedenfalls, die die Nerven behalten, wenns brenzlig wird. Durchhalten, auch unter Belastung. Nicht die Brocken hinschmeißen, wenn man nicht mehr weiter kommt.

Der Frieden kommt auf einem Esel.
Und hoffentlich finden sich viele Menschen bereit zu solchen „Eselein“, die den Frieden bringen. Damit es ein bisschen friedlicher zugeht. In Nachbarschaften. In Klassenzimmern. In Internetforen. Auch an den Kabinettstischen unserer Regierungen und den Verhandlungstischen der Sicherheitskonferenzen.

Langsam, ausdauernd, sensibel, geduldig und auch ein bisschen starrköpfig. Ich lasse mich gerne von der Bibel daran erinnern, dass das weiterbringt als aggressives Voranpreschen.

Und die Adventszeit erinnert mich an den Friedenskönig, mit dem Gott auch heute Frieden in die Welt bringen wird. Jesus, der ist auch auf einem Esel geritten.h Ich glaube, wenn wir Jesus  - und seinem Esel – nachfolgen, dann würde uns das sicher dem Frieden ein Stück näher bringen.
Ich wünsche Ihnen einen guten Sonntag und eine gesegnete Adventszeit.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=23201
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