SWR2 Wort zum Tag

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Von den „Sieben Todsünden“ hatte man lange nichts mehr gehört. Bis vor einigen Jahren Werbetexter auf die Idee kamen, die Sorten einer beliebten Eiscreme danach zu benennen.

Hochmut, Habgier, Wollust, Zorn, Völlerei, Neid und Trägheit: Das sind die im 5. Jahrhundert  als so genannte „Todsünden“ definierten Haltungen und Verhaltensweisen, von denen der Katechismus der katholischen Kirche erklärt: Dieses böse und falsche Verhalten geschehe „im vollen Bewusstsein des Sündencharakters und mit überlegter Zustimmung“. Die Todsünde zerstöre die Liebe im Menschen und lasse den Menschen ein „minderes Gut“ gegenüber Gott vorziehen. 

Das lässt sich gewiss von vielem bösem Tun sagen. Auch Mord und Totschlag, Krieg und Gewalt sind böse. Vielleicht kann man so sagen: Solche Taten folgen aus den Haltungen, die in dieser Zusammenstellung beschrieben sind. Sie sind nicht weniger schlimm, natürlich nicht, aber die kritische Selbstprüfung schaut dahinter und versucht zu verstehen, weshalb ein Mensch so handelt oder redet: aus Hochmut, Habgier, Wollust, Zorn, Völlerei, Neid oder Trägheit? Denn aus all dem erwächst Böses, das anderen und auch einem selbst Leid zufügt.

Auch für Nichtgläubige bietet die Konfrontation mit diesen sogenannten „Sieben Todsünden“ tiefe Einsichten in die eigene Psyche: Sie sind eine Möglichkeit der Selbsterkenntnis. Das ist erhellend und kann manchmal auch erschreckend sein. Denn Hochmut, Habgier, Wollust, Zorn, Völlerei, Neid und Trägheit sind kulturell gezügelte Gefühle: Man hat sich im Griff – oder auch nicht. 

Das kann man sich täglich klar machen: Wie zornig man werden kann, wie leicht entflammbar die Wut ist, sieht man schon beim Verhalten im Autoverkehr, es gibt sogar schon einen Namen dafür: road rage – Wut der Straße. Oder: Jede, jeder weiß, wie sich die Trägheit vor allem darin äußert, dass man denkt: „Bloß-nicht-Einmischen“ - und wegsieht, wenn Hilfe nötig wäre. Dass Neid eine treibende Kraft des Kapitalismus ist, ist allen klar, und dass Völlerei und Nicht-Genug-Bekommen ein Problem sind, erkennt man nicht nur an All-You-Can-Eat-Buffets.

Innere Haltungen führen zu sichtbaren Verhaltensweisen. Das weiß das alte Konzept der sogenannten „Sieben Todsünden“. Es erkennt die menschliche Fähigkeit  zum Bösen. Es fordert zur Einsicht auf und macht deutlich: Das trennt Menschen von Gott. Damit verbindet sich der Appell: Man muss diesen Geisteshaltungen bei sich selbst auf die Spur kommen, damit man etwas verändern kann. Denn alle Veränderung beginnt bei sich selbst.

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