SWR2 Wort zum Tag

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Neulich habe ich bei einer Spendenaktion für Brot für die Welt und Misereor mitgeholfen. Das Glas selbst gemachter Marmelade haben wir für 3 Euro verkauft, ein sehr geringer Preis für Material und Mühe. Trotzdem ging eine Käuferin vom Stand weg mit der Bemerkung, das sei ihr zu teuer. „Aber da steckt doch so viel Arbeit drin“ rief ich ihr hinterher. Ich war einfach so verblüfft über ihre Reaktion. Ist es einfach nur sparsam, wenn man möglichst wenig Geld ausgibt? Oder kann oder will man geizig nichts geben?

Geiz kann eine Spielart der Habgier sein, die von dem, was sie schon hat, nichts wieder hergeben will. Eine alte kirchliche Tradition zählt diese Geisteshaltung unter die sogenannten „Sieben Todsünden“. Das sind Haltungen, die zu bösem und falschem Tun führen. 

Aber zugleich sind auch es Einstellungen, die als Antriebskräfte eingesetzt werden können für eine Gesellschaft, die auf Leistung, Wettbewerb und Konkurrenz ausgerichtet ist: Habgier lässt zwar nicht los, was sie hat und sammelt Kapital an. Aber sie will zugleich auch mehr haben und dreht so im Festhalten tüchtig am Konsumrad. 

In einer Welt, in der die wirtschaftlichen Beziehungen global vernetzt sind, kann die Habgier der Besitzenden tödliche Folgen haben: Sie kann nicht nur in Preistreiberei für Lebensmittel münden, sondern auch in Kriege. Sie zementiert nicht nur die Ungerechtigkeit in der Verteilung der Lebensmöglichkeiten, sondern sorgt damit für politischen Sprengstoff. Ich meine, der Begriff „Todsünde“ passt da ganz gut, denn Habgier zerstört Leben, auch das eigene.

Hingegen: Wer gibt, ist glücklicher. Gier und Geiz tun einem nicht gut. Das wissen Psychologen, und das weiß schon die biblische Tradition. Als es in den frühen Christengemeinden um die Verteilung von Spenden geht, verweist der Apostel Paulus darauf, dass wir mit Großherzigkeit und mit Gottes Hilfe in allen Dingen „volles Genüge haben und noch reich sind zu jedem guten Werk“ (2.Kor.9,8). 

Er sagt das als einer, der selbst kaum über materiellen Besitz verfügt. Was hat er dann stattdessen zu geben? Seinen Glauben. Sein Talent, Freundschaften zu schließen. Seine Bereitschaft, sich immer wieder auf neue Lebensumstände einzulassen. Seine Dankbarkeit, immer wieder bewahrt zu sein auch in schwierigen Situationen. Seine Kraft zum Umkehren und Neu-Anfangen.

Wer statt habgierig zu sein gibt, ist glücklicher, weil er nicht wie gebannt auf das starrt, was ihm fehlt, sondern weil er erkennt, was er hat. Das ist eine Haltung, die dem Leben dient.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=22924
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