SWR4 Abendgedanken BW

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Kann man eigentlich 'Glück' dosieren und planen?
Eine alte Freundschaft, bis heute gepflegt. Als junge Studenten haben wir uns die Köpfe "heißgeredet" über unsere verschiedenen "Lebensentwürfe".
Mein Freund war immer eher einer der Gemäßigten: Theologisch, im Politischen, im Privaten: Wer mit klarer Überlegung und möglichst leidenschaftslos an Probleme herangeht, dem bleiben dann auch schlimme Enttäuschungen erspart, fand er damals.
Mir war das nicht aufregend genug. Ha! konnte ich damals sagen: Lebe ohne Leidenschaft, vermeide was dir Leiden schafft; Verlangst du nicht nach Morgenrot, bist du schon vor dem Tode tot.
Mit den Jahren hat er dann immer einmal zu mir sagen müssen: Schau, wie glühend du das angegangen bist und wie du dir jetzt die Finger verbrannt hast. Mit deinen hohen Ansprüchen ans Leben bist du ganz schön abgestürzt.
Wenn wir uns heute treffen, sind wir milde gestimmt: Wir lassen einander gelten. Er hat beruflich und privat alles soweit geregelt und alles geht so seinen Gang.
Und er hilft mir, meinen Weg zu verstehen: "Schau, das hat zu dir (und nur zu dir) gepasst: Wie du beruflich ganz unten warst, Bewerbungen geplatzt sind und du dir nichts mehr zugetraut hast. Genau da hat man dir diese Stelle angetragen. Und jetzt bist du da so glücklich und findest, genau da bist du jetzt richtig. Mensch, du kannst manchmal so ausgelassen glücklich sein, da beneide ich dich richtig drum."
Das stimmt, denke ich, wenn ich nicht mehr ein noch aus weiß, ich sag' mal: wenn ich eigentlich "nur noch auf Gott hoffen kann", dann hab' ich bisher erlebt: dann hilft er mir auch. Und dann kann ich auch wieder glücklich sein.
Einen Psalm habe ich dazu gefunden, der genau das ausdrückt:
"Wenn der HERR die Gefangenen Zions erlösen wird, so werden wir sein wie die Träumenden. Dann wird unser Mund voll Lachens und unsre Zunge voll Rühmens sein. Dann wird man sagen unter den Heiden: Der HERR hat Großes an ihnen getan! Der HERR hat Großes an uns getan; des sind wir fröhlich. Ps 126
Ich finde: Der Jubel, der einem aus diesem kurzen Lied entgegenklingt, ist einfach mitreissend. Da erfahren Menschen Gottes Hilfe, ohne eigenes Verdienst, unerwartet, unerhofft vielleicht. Das ist wohl so ein großes Glücksgefühl und solchen Jubel wirklich wert.
Mein Freund behält sein Geschick gerne in eigenen Händen. Und er sagt trotzdem: "Aber das reicht nicht, um Leben sinnvoll und glücklich zu machen. Das habe ich bei dir erlebt, beneide dich weiß Gott nicht darum, aber: Wo man mal abgestürzt ist, da kann auch Glück über Gottes wunder - volle Hilfe aufbrechen und Jubel darüber laut werden."
https://www.kirche-im-swr.de/?m=2060
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