Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Manchmal wird der Glaube blass. Fast unsichtbar. Das gibt es ja. Dass der Glaube nicht mehr greifbar scheint. Als hätte er sich weggeschlichen.
Was hilft dem Glauben auf? Was kann ihn nähren, ihm wieder Farbe geben, was macht ihn wieder lebendig?
Mir ist das passiert. Und ein kleines Erlebnis hat geholfen.
Ein unerwartetes:
Ich war unterwegs bei einem Ausflug in der Nähe von Karlsruhe. Exkursion in einen kleinen Vogel- und Tierpark hat auf dem Programm gestanden. Eine Anlage, die mit viel Engagement ehrenamtlich betrieben wird. Jede Menge schreiende Vögel, ein verliebtes Papageienpärchen, das unentwegt miteinander schnäbelt. Alles wirklich nett. Aber zunächst nichts, wobei ich an den lieben Gott gedacht hätte. Bis dann der kleine Pferch kam, mit den Ziegen und Kamerunschafen. Ein ganz kleines war dabei. Ist herum gestakst auf ziemlich hohen und wackeligen Beinen. Man musste sich Sorgen machen, dass es jeden Moment hinfallen könnte. Aber irgendwie hat es immer wieder die Kurve gekriegt. Bloß nicht den Kontakt zur Mutter verlieren. „Heute Morgen ist es erst auf die Welt gekommen,“ erklärt uns der Mitarbeiter aus dem Park. Grade mal ein paar Stunden war dieses kleine Leben alt.
Wenn man kaltschnäuzig wäre, könnte man denken, was ist das schon. Milliardenfach hat das unsere Erde schon gesehen. Was gibt es Normaleres als geboren zu werden. Aber wer so ein Neugeborenes sieht, dem wird das Herz warm. Da kann man nicht kaltschnäuzig bleiben, finde ich. Zum Glück haben wir Menschen ein Gespür für das Wunder einer Geburt. Die allermeisten jedenfalls spüren, dass es etwas Großartiges ist, dass neues Leben wächst und das Licht der Welt erblickt. Auch wenn es nur ein Kamerunschäfchen ist.
Diese kleine Erfahrung mit diesem wackligen Etwas ist für mich was Großes geworden. Es hat mich angefasst, berührt und mich erinnert: Was für ein Wunder das Leben ist. Wie unendlich reich es sich entfaltet hat in Jahrmillionen. Und meinen Glauben hat es angefacht: ‚Wie gut der liebe Gott sich das mit seiner Schöpfung doch ausgedacht hat.‘ Was ein kleines Kamerunschaf auslösen kann. Ganz so wie es in einem alten Gebet in der Bibel heißt:
Mensch und Tier halten Ausschau nach dir, Gott. Du gibst ihnen Nahrung zur richtigen Zeit…. Nimmst du ihnen den Lebensatem, dann sterben sie... Schickst du deinen Lebensatem aus, dann wird wieder neues Leben geboren. So machst du das Gesicht der Erde neu. (Ps 104,24-28)
Ich hoffe, dass solche Erfahrungen mein Gottvertrauen lebendig halten.

 

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