Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Wenn Sie 64 sind und evangelisch, dann können Sie goldene Konfirmation feiern. Jedes Jahr laden die Gemeinden dazu ein. Zu einem festlichen Gottesdienst treffen sich dann die, die vor 50 Jahren als Jungen und Mädchen ihre Konfirmation gefeiert haben.
Jetzt sind sie 64. Ist man da jung, oder alt? Wenn ich die heutigen Konfirmanden fragen würde, die würden sicher sagen: „Uralt!“ Und in der Tat sind das ja ihre Großeltern, die jetzt Goldene Konfirmation feiern. Aber die Jubilare: Die fühlen sich eigentlich noch jung. Mit 64 sind manche schon Rentner, einige stehen kurz vor dem Ruhestand. Und die meisten haben noch viel vor. Jetzt endlich haben wir Zeit für das, was wir schon lange machen wollten, sagen sie.
Bei mir sind es auch nur noch wenige Jahre, bis ich goldene Konfirmation feiern kann. Ich hoffe, dann kommt so eine Art Erntezeit. Herbst eben, Lebensherbst, wo man sich an dem freuen kann, was gewachsen ist. Aber der Herbst hat auch dunkle Tage und manchmal ist es regnerisch und grau und kalt.
Was soll ich dann anfangen, mit diesen unbestimmten Jahren, nicht mehr jung – aber doch auch noch nicht alt? Ich würde mich da gern an einen Rat halten, der Martin Luther zugeschrieben wird. Den möchte ich Ihnen heute auch weitergeben. Er heißt: „Und wenn morgen die Welt unterginge, ich würde doch heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen“. Egal, ob Luther das gesagt hat oder nicht. Mich erinnert dieser Rat: Der Herbst ist nicht nur Ernte, der Herbst ist auch die Jahreszeit zum Pflanzen! Bäume zum Beispiel pflanzt man im Herbst. Und Bäume pflanzt man nicht für sich selbst. Es dauert ja viele Jahre, bis so ein frisch gepflanztes Bäumchen Früchte trägt. So kann man auch im Herbst des Lebens Bäume pflanzen, für die Jungen, die nach uns kommen. Ich glaube, jetzt ist die richtige Zeit dafür: Sich einsetzen für die, die jetzt Konfirmanden sind. Damit die Lebensmöglichkeiten haben und genug gesundes Wasser, gesunde Luft, damit sie gesunde Früchte ernten und davon leben können.
Im Herbst des Lebens ist Zeit dafür. In der Kommunalpolitik zum Beispiel oder in der Kirchengemeinde. Beim Umweltschutz. Wir Älteren können Rat geben und Mut machen. Wir können von dem reden, worauf wir uns verlassen und woran wir glauben. Weitergeben mit Rat und Tat, was uns genährt und erfrischt hat in unserem Leben.
Wenn morgen die Welt unterginge, ich würde doch noch ein Apfelbäumchen pflanzen. Im Herbst ist die richtige Zeit dazu. Und manche sagen ja: Der Herbst ist die schönste Jahreszeit. Warum nicht auch im Leben?

https://www.kirche-im-swr.de/?m=19613
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