Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Wer am Sonntag früh aufsteht, der hat was vor. Manche müssen arbeiten. Andere freuen sich auf den Tag, der vor ihnen liegt.
Manche haben Sorgen. Da kann man nicht gut schlafen. Was gewesen ist, macht einen unruhig und ängstlich. Man kommt einfach nicht los davon. Sorgenvoll und ängstlich geht man dann auch die neue Woche an.
Helfen würde vielleicht, woanders hin zu schauen, nicht bloß auf das, was misslungen ist. Das jedenfalls sagt mir die Geschichte, die Jesus mal erzählt hat. Sie geht so: „Ein Bauer ging aufs Feld, um zu säen. Er warf die Körner aus, da fiel ein Teil davon auf den Weg. Die Körner wurden zertreten und die Vögel pickten sie auf. Ein anderer Teil fiel auf steinigen Boden. Die Körner gingen zwar auf, aber sie vertrockneten gleich wieder, weil sie keine Feuchtigkeit hatten. Ein weiterer Teil fiel zwischen die Disteln. Da erstickte die junge Saat zwischen den Dornen. Ein Teil aber fiel auf guten Boden. Da gingen die Körner auf und brachten hundertfache Frucht.“ (Lk 8, 5-8, nach der Übersetzung der Basis-Bibel)
Dieser Bauer, denke ich mir, der könnte auf die viele Arbeit schauen, die vergeblich war. Auf alles, was nicht gelungen ist. Zertrampelt, vertrocknet und erstickt. Dann könnte er wahrscheinlich nicht gut schlafen. So geht es mir auch manchmal. Ich sehe nur, was nicht geklappt hat. Nur das, wo ich gescheitert bin oder versagt habe. Und manchmal beklage ich mich darüber: Warum muss das ausgerechnet mir passieren? Hätte mich nicht jemand warnen können? Oder auch: Warum, Gott, hast Du das zugelassen? Warum kümmerst Du dich nicht um mich? Als ob ich selbst mitten in den Dornen stecken würde, wo man nur noch den Schmerz spürt und nicht mehr in den Himmel schauen kann. Da wird man hart und verbittert und das Leben vertrocknet.
Aber die Geschichte von Jesus sagt mir: Es ist so viel gewachsen in deinem Leben. Schau woanders hin: Erfahrungen sind dir zugewachsen in den Jahrzehnten, die kannst du weiter geben. Du hast Kinder und Patenkinder und bald hoffentlich auch Enkelkinder, die machen dein Leben reich. Du hörst von Menschen, die sagen: Sie haben mir sehr geholfen.
Wenn man sich Sorgen macht, kann man das alles nicht wahrnehmen.
Deshalb imponiert mir die Idee eines Arbeitskollegen. Der hat in diesem Jahr einen Dankbarkeitskalender angefangen. Ein einfacher Küchenkalender mit einer Zeile für jeden Tag. Da trägt er jeden Abend ein zwei Worte ein: was schön war am vergangenen Tag. Das baut einen auf, sagt er, für den nächsten. Dann sieht man, was gewachsen ist. Und man kann sagen: Gott sei Dank!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=19177
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