Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Das hab ich auch noch nicht gewusst: es gibt eine Erklärung des Europarats zu den „Rechten der Kranken“! Es gibt also nicht nur so schöne wie wohlklingende Erklärungen wie die zu den Menschenrechten, sondern auch zu den Rechten der Kranken. Und diese Rechte halte ich für so bemerkenswert, dass ich sie gern weitergebe. Also, das erste Recht eines Kranken besteht darin, dass er eine medizinische Behandlung annehmen, aber auch ablehnen kann. Das klingt eigentlich selbstverständlich. Wenn man aber weiß, dass immer mehr Operationen nicht aus gesundheitlichen Gründen gemacht werden, sondern weil sie Geld oder Verrechnungspunkte bringen, dann sieht das ganz anders aus. Und ist eng verbunden mit dem zweiten Recht. Dem Recht auf persönliche Würde, Integrität und Diskretion. Eigentlich auch selbstverständlich, dass man nicht wie eine Nummer, ein Körperteil oder ein Kostenfaktor behandelt wird, sondern mit Respekt und Diskretion gegenüber Dritten. Damit hängt auch das dritte Recht des Kranken zusammen, sein Recht auf Information: Bei der Diagnose, bei der Therapie und der Prognose. Was hab ich in dieser Hinsicht schon Schlimmes erlebt. Wenn zum Beispiel mit einem Patient in der Augenklinik immer nur von Enukleation gesprochen wurde und ihm am Vorabend der Operation noch nicht klar war, dass ihm am nächsten Morgen ein Auge herausgenommen werden soll.
Viertens: Das Recht auf angemessene Behandlung. Zunächst medizinisch, also nicht die gesamte Maschinerie anwerfen, die zur Verfügung steht. Aber auch menschlich, was könnte zu viel für ihn sein.  Fünftes Recht des Kranken: das Recht auf Linderung des Leidens. Man muss also keine Schmerzen erleiden, wenn es Mittel gibt, die es verhindern können. Und nicht die Schwester oder der Pfleger legt fest, wie stark die Schmerzen sind, sondern der Patient.  Sechstes und letztes Recht der Kranken: Das Recht, nicht allein sterben zu müssen. Auch wenn es Menschen gibt, die allein sterben wollen oder nur allein sterben können, die meisten Menschen haben Angst vorm Sterben. Angst, weil sie Angst vor den Schmerzen und vor dem Alleinsein haben. Und sie sind wiederum oft allein, weil die Angehörigen Angst haben, das zu sehen und zu spüren. Aber das Sterben und der Tod sind etwas Natürliches, gehören zum Leben. Und wem es gelingt, ohne allzu viel Angst mitzugehen, der kann dabei Erfahrungen machen, die ihn das Leben mit anderen Augen sehen lassen. Und einem Menschen auf seinem letzten Weg das Schönste geben: Nähe.

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