Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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„Gott ist auch mitten unter den Kochtöpfen.“ Teresa von Ávila hat das gesagt, eine Ordensfrau, die im 16. Jahrhundert gelebt hat; sie gilt als große Mystikerin. Heute wird in der Kirche an sie erinnert.

Von einer Mystikerin würde man wahrscheinlich anderes erwarten als solche Bodenständigkeit. Unter Mystik verstehen viele etwas Abgehobenes, etwas, das sich jenseits unseres Alltags vollzieht, in einer anderen Welt. So sehr es Teresa, die im Alter von 20 Jahren in ein Karmelitinnenkloster eingetreten war, „nach innen“ gezogen hat, zu einem „inneren Beten“, wie sie es nannte, so sehr ist sie aber auch Zeit ihres Lebens immer wieder durch ganz alltägliche Dinge „geerdet“ worden. Da war zum Beispiel die schnell anwachsende und viel zu große Klostergemeinschaft, in der sie sich häufig in ihrer Vorstellung, geistlich zu leben, gestört gefühlt hat. Eine Zeit lang war sie sehr krank, so schwer, dass man geglaubt hat, sie würde es nicht schaffen. Und dann ist sie auch noch in mehrere religiöse Krisen geraten. Mystik, das lerne ich an Teresa, ist beides: Ein Weg nach innen, der häufig aber außen beginnt und am Ende wieder nach außen führt. Teresa hat es beispielsweise geliebt, Menschen kennenzulernen; vielfach sind daraus Freundschaften geworden. Entsprechend hat sie auch Freundschaft mit Gott und mit Jesus gesucht; gepflegt hat sie sie im Gebet, das sie als „Verweilen bei einem Freund“ angesehen hat.

Aber auch das darf als ein Weg nach außen gelten: Dass Teresa ihre inneren Erfahrungen aufgeschrieben hat. Darunter auch die, dass Gott mitten unter den Kochtöpfen ist. Sie hat damit sagen wollen: Bei Gott, bei Jesus verweilen, das kann ich immer. Ich brauche dazu keine idealen Voraussetzungen wie etwa ein Kloster oder einen stimmungsvollen Gottesdienst am Sonntag. Auch mitten im Alltag – wenn ich dusche; wenn ich am Schreibtisch sitze – überall kann ich mich Gott zuwenden, kann er Teil meines Lebens sein, so, wie ich es auch bei einem Freund oder einer Freundin tun würde.

Teresa ist mit Gott in einer freundschaftlich-vertrauten Weise umgegangen und hat damit eine für ihre Zeit ungewohnte Frömmigkeit vermittelt – so bodenständig, dass sie noch heute guttut und wegweisend ist – nicht nur für die, die am Kochtopf stehen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=18452
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