SWR4 Sonntagsgedanken

SWR4 Sonntagsgedanken

Heute feiern die Christenmenschen bei uns im Dorf Fronleichnam wieder gemeinsam.
Treffpunkt ist der Park hinter der Kirche.
Da ist zuerst der Gottesdienst und dann geht’s los zur feierlichen Prozession.
Der Musikverein und die beiden Kirchenchöre ziehen voran.
Dann kommen die Fahnenträger.
Und dann kommen wir:
Der katholische Pfarrer trägt die Monstranz, das kostbare Gefäß, in dem das Abendmahlsbrot aufbewahrt wird.
Ich als evangelische Pfarrerin trage die Bibel.
So ziehen wir dann mit der ganzen Gemeinde alle zusammen durchs Dorf, an der neuen Kindertagesstätte vorbei über den Feldweg neben der Schafweide bis hin zum Friedhof und von dort die Straße entlang zur Kirche.
Für mich ist das ein bewegendes Gefühl:
Als würden wir zusammen Christus durchs Dorf tragen, so kommt mir das vor.
Denn dafür stehen ja das Brot und die Bibel, das „Wort Gottes“
Sie zeigen mir, dass Gott ganz nahe bei uns ist, mitten drin im Leben, in der Natur – der Schöpfer also mittendrin in seiner Schöpfung.
Fronleichnam, für mich ist das ein Fest, an dem ich das mit allen Sinnen miterleben kann.
Wie heißt es so schön in einem Psalm in der Bibel?
„Seht und schmeckt, wie freundlich der Herr ist!“
Ja, seht! Die Natur zeigt sich von ihrer üppigsten Seite, die Gärten stehen da in voller Pracht, die Straßen sind geschmückt. Und dann: die schönen Blütenteppiche, die die Frauen heute morgen schon in aller Frühe dekoriert haben – mich erinnern sie an einen roten Teppich, der dazu einlädt, dass Gott einzieht:
In die neue Kindertagesstätte z. B.
Für mich eine gute Vorstellung, dass Gott mitten dabei ist, wo unsere Jüngsten spielen, lernen. Von Herzen wünsche ich ihnen, dass sie bewahrt bleiben, dass Gott sie bewahrt – und ihren Eltern und Erzieherinnen ganz viel Geduld mit ihnen schenkt.
Und ich denke an den Friedhof, denke an die Leute, die da immer hingehen und die Gräber ihrer Lieben besuchen. Hoffentlich kommt Gott zu ihnen und gibt ihnen Zuversicht und neuen Lebensmut.
Und dann, was mag wohl alles in den Häusern passieren, an denen wir mit der Prozession vorbei  ziehen. Kummer in der Familie, Ärger im Geschäft, Geldsorgen, gesundheitliche Sorgen? Ich finde, genau da hat doch Gott seinen Platz, genau da braucht es diesen „freundlichen“ Gott.
Und: Genau da braucht es auch  Menschen, die diesen freundlichen Gott vorbei bringen. Da braucht es mich!
Der freundliche Gott braucht auch freundliche Menschen, glaube ich, Menschen, die sich mit ihm zusammen auf den Weg machen, Menschen, die achtsam und aufmerksam sind und schauen, wo sie gebraucht werden und jemandem helfen können.
„Seht!“ Sieh selber hin! Und geh mit Gott dahin, wo er dich braucht!

Es braucht Menschen, die den freundlichen Gott in der Welt spürbar machen.
Davon habe ich gerade schon in den SWR 4 – Sonntagsgedanken erzählt.

Mir ist noch ein Bereich eingefallen, wo man das besonders gut erleben kann:
Beim Essen und Trinken kann man das gut erleben.
Liebe geht durch den Magen, sagt man ja.
Der Schokoladenpudding zum Nachtisch, die heiße Brühe am Abend – solch kleine Aufmerksamkeiten zeigen doch: Ich bin um dein Wohl bemüht und möchte, dass es dir gut geht.
Die Bibel sieht da einen Zusammenhang.
„Seht und schmeckt, wie freundlich unser Gott ist!“
Für mich hört sich das so an, als ginge auch bei Gott die Liebe durch den Magen.
Gott – um mein Wohl bemüht, einer der möchte, dass es mir gut geht.
Eine tröstliche Vorstellung für mich.
Ich denke an das kleine Stück Brot, das ich beim Abendmahl bekomme.
Auch heute, wenn wir bei uns im Dorf gemeinsam Fronleichnam feiern.
Fronleichnam ist ja das Fest, wo man sich daran erinnert, wie Jesus zum ersten Mal mit seinen Jüngern das Abendmahl gefeiert hat.
So wie damals, beim ersten Abendmahl, gibt es auch heute ein Stückchen Brot für jeden, der zur Kommunion geht.
Eine ganz einfache Oblate, ungesalzen, eher fad im Geschmack.
Und doch ein Stückchen Brot, das an die Liebe erinnert, an Gottes Liebe.
Ja, so erahne ich es manchmal beim Abendmahl. So erahne ich es hoffentlich auch heute wieder:
Jesus hat es doch selber gesagt, dass er das Brot des Lebens ist.
„Ich bin das Brot des Lebens“, hat er gesagt, „wer zu mir kommt, den wird nicht hungern.“
Diese Verheißung möchte ich mir grad auf der Zunge zergehen lassen und lange schmecken.
Nicht mehr hungern? Auch nicht nach Anerkennung und Erfolg und immer noch mehr? Hoffentlich hilft mir Gott dabei, dass ich einfach auch mal den Tag genießen kann, dankbar für das, was er mir heute schenkt und anvertraut.
Nicht mehr hungern? Aber was ist dann mit den harten Brocken, frage ich mich und denke an das harte Brot, das manche zu kauen haben und richtig gefordert sind: in der Familie, im Beruf und selbst im Ruhestand noch. Ich hoffe, dass Gott uns auch mit den harten Brocken satt macht, satt und zufrieden mit dem Bewusstsein, dass wir gebraucht werden, eine sinnvolle Aufgabe haben und uns für andere nützlich machen können.
Gottes Liebe geht durch den Magen.
„Seht und schmeckt, wie freundlich der Herr ist!“ ermuntert die Bibel.
Hoffentlich können Sie das erfahren. Ich wünsche Ihnen einen freundlichen, einen gesegneten Feiertag.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=17784
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