SWR1 3vor8

SWR1 3vor8

„Wissen Sie in der Regel, was Sie hoffen?“ So hat der schweizer Dichter Max Frisch in einem seiner Tagebücher gefragt. (Tagebuch 1966-1971, Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 1972.

Eine sinnvolle Frage, bei der übrigens jeder Experte ist. Fast jeder Mensch hofft: hofft, daß etwas geschieht, daß ein Zustand vorbeigeht, daß etwas Neues eintritt, hofft auf einen Menschen, hofft auf Gott oder auf ein gnädiges Schicksal.

Ich bin sehr neugierig darauf, zu erfahren, worauf andere Menschen hoffen. Vor über 20 Jahren habe ich einen früheren Lehrer besucht, kurz bevor er gestorben ist. Wir haben nicht mehr viel geredet. „Und jetzt warte ich, daß Gott ruft”, hat er damals gesagt. An diese Worte muß ich immer wieder denken, sie sind für mich fast so etwas wie Brot auf dem Weg. Dieser Lehrer hat gewußt, worauf er hofft, und er hat es auch ausgesprochen.

Vielleicht haben Sie ja auch mal so etwas erlebt, es muß ja nicht kurz vor dem Tod eines Menschen sein. Über die eigenen Hoffnungen reden kann man in vielen Situationen.

Im Neuen Testament, im 1.Petrusbrief, steht der Satz „Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach der Hoffnung fragt, die euch erfüllt.“ (1 Petr 3,15) Das ist um 90 nach Christus geschrieben worden, als es darum ging, den christlichen Glauben überhaupt erst mal bekannt zu machen. Mir spricht dieser Satz aus dem Herzen. In uns Menschen steckt doch soviel an Hoffnungskraft. Und mit Hoffnungskraft meine ich keine Glaubenssätze, sondern ich meine die persönlichen Antworten, die jede und jeder findet auf Fragen wie: Was läßt dich mit deinem Leben klarkommen? Wo ist die Quelle deiner Kraft? Ich glaube, wir können uns gegenseitig viel helfen, wenn wir uns trauen, darüber miteinander zu reden. Vielleicht fällt Ihnen das schwer – weil Sie nicht gut über Persönliches reden können oder weil Sie gerade gar nicht viel an Hoffnung in sich spüren. Ich möchte Sie ermutigen, es trotzdem zu versuchen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=17630
weiterlesen...