Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Burnout ist eine Krankheit unserer hektischen Zeit, habe ich bisher gedacht. Stimmt aber gar nicht. Schon in der Bibel ist von Burnout-Symptomen die Rede. Mose hatte sie anscheinend auch zeitweise, der große Führer Israels. Er hatte seine Leute aus der Sklaverei befreit, er hat die Verantwortung getragen auf ihrer jahrelangen Wanderung durch die Wüste hin zu dem Land, in dem sie frei sein werden. Aber er hat keine Anerkennung und keinen Dank dafür gekriegt, im Gegenteil: Die Leute waren unzufrieden und haben geschimpft. Es war ihnen alles zu anstrengend und ihm haben sie die Schuld gegeben. Da mag Mose nicht mehr und kann nicht mehr...
Therapien und Medikamente gegen Burnout gab es damals noch nicht. Das einzige, was Mose blieb, war Beten. Vielleicht würde Gott ja helfen. „Ich kann die Verantwortung nicht allein tragen" betet er. Und stellt sich im Grunde selber die Diagnose. Allein kommt er nicht mehr weiter. Vielleicht hat er auch gemeint, so gut wie er kann keiner diese schwierige Aufgabe bewältigen. Das kommt mir sehr bekannt vor. Und dann ist es eben doch zu viel geworden.
Da betet Mose. Und Gott greift wirklich ein. Seine Therapie entspricht der Diagnose, die Mose sich selbst gestellt hat. Er soll die Last nicht mehr allein tragen. Gott meldet sich mit einer Anweisung, die die Einsamkeit von Mose beendet. Mose kann und soll begreifen: Weder Gott noch die anderen Menschen lassen mich allein. Ich muss nicht einsam sein mit meiner Aufgabe. Ich muss auch nicht alles allein machen. Mose soll deshalb 70 kluge Menschen aussuchen, die ihn unterstützen können. Und Gott verspricht Mose seine Nähe. Er wird den Ausgesuchten seinen Geist geben. Mose kann ihnen beruhigt vertrauen und sie an seinen Aufgaben beteiligen. Sie können und werden ihn unterstützen. Sie werden von Gott begeistert. Statt sich weiterhin zu beklagen, werden sie entflammt für ihre gemeinsame Sache. Neu entflammt statt burned out. So konnten sie damals ihren Weg weiter gehen. Und eines Tages sind sie wirklich angekommen im Gelobten Land.
Heute ist Pfingsten, wir Christen feiern das Fest des Heiligen Geistes. Wir feiern, dass Gott seinen Geist denen gibt, die enttäuscht sind und mutlos, die keine Ideen mehr haben und keine Kraft. Der Geist kann sie zusammenschließen zu einer Gemeinschaft von neu Entflammten. In den Gottesdiensten heute bitten wir deshalb: Komm Gott Schöpfer, Heiliger Geist. Wer sich darauf verlässt, der muss nicht alles allein machen. Der kann auch anderen etwas zutrauen- wie Mose.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=15298
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