Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Die meisten rheinischen Spaßmacher fürchten diesen Tag wie die Sünder das jüngste Gericht oder die Börsianer den Zusammenbruch der Finanzmärkte.
Heute, wo nun alles vorbei ist, darf man schon einmal fragen: War´s das? Oder bleibt etwas über von der närrischen Zeit? Was hat´s gebracht außer einem Kater?
Ich glaube, es sollte etwas bleiben: Nämlich, dass wir Menschen die Möglichkeit haben, der Welt und ihren Machthabern mit einem Lachen zu begegnen. Und dass wir die Dinge auf den Kopf stellen können.
Das war schon im Mittelalter so.
Da gab es in vielen Gegenden Europas einen Feiertag, den man Fest der Narren genannt hat.
Sonst fromme Priester und ernstzunehmende Bürger haben obszöne Masken angezogen und schamlose Liedchen gesungen. Die kleinen Leute stolzierten in den Gewändern der Oberen einher und machten sich über sie lustig. Kirche und Hof waren in gleicher Weise Zielscheibe des Spotts. Manchmal wurde ein "Spottkönig" oder ein „Bubenbischof" gewählt, der dem Fest vorstand.
Für einen Tag im Jahr stand die menschliche Ordnung Kopf. Eine kleine feine Revolution im Taschenformat.
Erst der Protestantismus machte dem Fest den Garaus. Mit seinem hohen moralischen Anspruch und den staatstragenden Werten
Nüchternheit, Sparsamkeit, Fleiß und Strebsamkeit. Und seiner fatalen Verdammung von Lust und Ekstase.
Nein!
Bei mir bricht immer mal die Narretei durch. Nicht nur an den tollen Tagen
Ich kann mir ein Leben ohne Heiterkeit, Spiel und Festlichkeit überhaupt nicht vorstellen.
Weil ich dann eine Ahnung davon bekomme, dass alles auch ganz anders sein könnte, dass eine neue Welt denkbar ist.
Und mein Vertrauen in den lebenspendenden Gott braucht die Kraft der Feier und die Spontaneität der Phantasie.
Jesus hat immer wieder von einer Welt gesprochen, in der die Letzten die Ersten sind
Er hat seinen Freunden die Füße gewaschen und nicht den Kopf.
Hat die Dinge auf den Kopf gestellt, um sie ins Lot zu bringen.
Das will ich festhalten , auch am Aschermittwoch.
Also: Verachtet mir die Narren nicht!
Das Lachen entlarvt uns als Wesen voller Phantasie und Hoffnung. -
Und Glauben.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=14743
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