Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Am Samstag gehe ich gern in die Stadt: einkaufen auf dem Markt und hinterher einen Kaffee trinken oder ein Eis essen. Und: Leute angucken. Jetzt im Frühjahr geht das besonders gut, da kann man draußen sitzen und sich umschauen.
Jedes Mal bin ich verblüfft und wundere mich, wie unterschiedlich Menschen sind: Große, kleine, dicke, dünne, schwarze, weiße, Männer mit Glatze oder mit Zopf, Frauen mit Locken oder Haare wie Schnittlauch…Manchmal fällt mir dann ein, was in der Bibel steht: „Gott schuf den Menschen nach seinem Bilde“ und ich muss lächeln. Ist ja unglaublich, was der für eine Phantasie hat!
Gott hat sie alle zu seinem Bild geschaffen. Und wir Christen glauben: Das gilt für jeden und jede. Das gilt von jedem – egal, ob ein Mensch das selber verstehen und glauben kann oder nicht. Das gilt von meinen Kindern: Die sind sein Bild, nicht meines und nicht das von meinem Mann. Etwas von Gott soll man spüren können, wenn man mit ihnen zusammen ist – nicht etwas von mir. Sie sollen nicht so werden, wie ich bin oder wie ich es richtig finde – sondern so, wie Gott sie haben will.
Von Gott geschaffen: Das gilt auch von denen, die mich nerven und mir das Leben schwer machen. Das gilt von denen, die ich schrecklich finde. Mit denen ich am liebsten nichts zu tun haben will – die sind auch ein Bild Gottes. Und manchmal hilft es mir, wenn ich mir denke: er wird sich schon was dabei gedacht haben.
In jedem Menschen zeigt sich Gott. In mir auch. So jedenfalls hat Martin Luther das verstanden, wenn er im Katechismus erklärt: „Ich glaube, dass mich Gott geschaffen hat samt allen Kreaturen, mir Leib und Seele, Vernunft und alle Sinne gegeben hat und noch erhält…“
Wer mir begegnet, erlebt immer auch etwas mit Gott. Was Menschen mit mir erleben, hilft ihnen auf Gott zu vertrauen oder veranlasst sie, Gott zu misstrauen. Es gibt Menschen, denen das Leben leichter wird, wenn sie mir begegnen. Die sagen: Gott sei Dank, weil ich vielleicht genau das richtige gesagt oder getan habe. Etwas, das ihnen geholfen hat.
Genauso geht es umgekehrt: Wenn ich von einem Menschen enttäuscht bin, dann klage ich Gott an – wie kannst du das zulassen? Manchmal zweifle ich an Gottes Güte, weil Menschen einander das Leben so schwer machen.
Samstags morgens in der Stadt allerdings, da treffe ich in der Regel heitere Menschen. Leute, die freundlich zu mir sind und zeigen, wie schön das Leben sein kann. Und dann fällt es mir leicht, zu glauben, dass uns Gott geschaffen hat, damit wir uns am Leben freuen.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=1315
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