SWR1 Begegnungen

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 Teil 1. Ein Abt im Popbusiness

„Pater Pop" hat ihn die Süddeutsche Zeitung genannt: Abt Rhabanus Petri, Missionsbenediktiner in Bayern, entstaubt gemeinsam mit zwei Mitbrüdern das deutsche Kirchenlied. Und stürmen als »Die Priester« die Hitparaden. Aber so richtig passt der Abt nicht rein in das Popbusiness:
Ich nehme das ganz gelassen. Ich muss sogar schmunzeln, wenn man uns die Boygroup nennt, weil wir doch Männer zwischen 45 und 48 sind. Und ich denke, wir stehen im Leben und sind keine Boygroup mehr.
Abt Rhabanus Petri will keine Karriere im Musikgeschäft machen. Trotzdem hat er eine CD eingesungen und tourt demnächst durch Deutschland.
Trotzdem hat er Zeit für ein Gespräch mit mir - aber  nur ein bisschen. Als ich Abt Rhabanus Petri im Benediktinerkloster Jakobsberg bei Mainz treffe, ist er gerade auf Heimaturlaub. Normalerweise ist er Abt eines Klosters in Niederbayern - und seit kurzem auch Popstar. Der ganze Medienrummel hat ihn schon etwas überrascht: Studio-Aufnahmen, Dreharbeiten am Montblanc, Auftritte in großen Deutschen Fernsehshows, viele Interviewanfragen. Zu verdanken hat er das Ganze dem Erzabt der Benediktiner, Notker Wolf. Der spielte selbst schon in der Öffentlichkeit als rockender Mönch „Highway to hell"  auf der Gitarre. Rhabanus Petri ist einen Schritt weitergegangen  und singt christliche Lieder in moderner Fassung. Weil er damit die Menschen von heute ganz anders erreichen kann.
Die allermeisten Reaktionen sind positiv, dass Menschen eben sagen: die Musik rührt uns an, sie bringt uns Gott ein Stück näher, wir spüren, es kommen Saiten in uns zum Klingen, die wir schon lange nicht mehr gehört haben. Es sind mitunter auch Menschen, die zu der Kirche nicht mehr so direkt den Kontakt haben, aber trotzdem an Gott glauben. Und mit dieser Musik auch ein Stück Spiritualität für sich aufnehmen.
Aber das Ganze ist natürlich eine Gratwanderung. Auch ich bin hin und hergerissen. Wie viel Modernes vertragen die alten christlichen Gesänge, ohne beliebig zu werden? Wenn alte christliche Hymnen mit Pop-Klängen aufgemotzt werden, und die drei Priester bei ihren Fernseh-Auftritten in künstlichen Nebelschwaden stehen, dann gibt es, ganz klar, auch Kritik. Abt Rhabanus Petri hat sich damit auseinandergesetzt:
Es gibt Leute, die sagen, das ist fast esoterisch, oder das auf dem Berg oben, das ist ja furchtbar kitschig. Wir wussten, dass wir's nicht allen recht machen können und das kann keiner. Wir haben aber unser Bestes versucht und das ist für uns wichtig. 
Es geht nicht um ihn selbst, das glaub ich ihm sofort, als ich mit ihm spreche. Obwohl er auf den Coverphotos wie ein Bilderbuch-Mönch aussieht. Als Abt strahlt er Ruhe und Erhabenheit aus. Aber eitel macht ihn das nicht:
Doch, ich kann mich da gut erkennen. Ich bin dankbar. Wenn es gelingt, bin ich froh, aber so dass ich da jetzt wie der Pfau das Rad schlage, nein, das kenn ich nicht. Ich freu mich, wenn die Menschen sich freuen, das ist für mich das  Allerschönste. 
Die Verkaufszahlen scheinen ihm Recht zu geben. Im vergangenen Jahr haben »Die Priester« die Hitparaden gestürmt, gleichzeitig mit Pop-Größen wie Bruno Mars und Tim Bendzko. Und ein schöner Nebeneffekt ihres Erfolgs: Schon von Anfang an war geplant, mit der CD auch einen karitativen Zweck zu verbinden: 
Wir unterstützen ein Waisenhaus in Tansania wo Kinder, deren Eltern zum Beispiel an Aids gestorben sind, oder die irgendwie ihre Eltern verloren haben, die werden dort aufgenommen, haben also ein Dach über dem Kopf. Sie bekommen ihr Essen, sie spüren auch Geborgenheit, sie wissen, wo sie hingehören. Und was ganz wichtig ist, die Kinder bekommen eine gute schulische Ausbildung. 50 Cent pro CD gehen nach Tansania und unterstützen dieses Waisenhaus.  

Teil 2. Vor allem Mönch

Wenn Abt Rhabanus Petri von den ungewohnten Erfahrungen als Popstar spricht, von den Erfahrungen mit Mikrophonen und Maskenbildnern, dann lacht er oft. Überhaupt ist er ein Mensch, der gut ins barocke Niederbayern passt. Aber er stammt aus Rheinhessen, aus Sörgenloch. Und war in seiner Jugend begeisterter Fastnachter. Er kommt gerne im Urlaub hierher. Deshalb treffen wir uns im Benediktinerkloster Jakobsberg bei Mainz. Für ihn ein besonderer Ort: 
Jakobsberg ist für mich eine Wegmarkierung. Also hier hat das ganze angefangen, 1979, da hatte ich schon die Fühler ausgestreckt, ob ich nicht Mönch werden möchte. Und das hat dann hier gefunkt, und Jakobsberg war das Sprungbrett nach St. Ottilien. Also das ist schon auch geistliche Heimat.
Sein normales Leben im Kloster hat so gar nichts mit dem wilden oder glamourösen Leben eines Popstars zu tun: Keine Partys, sondern: 
Der normale klösterliche Alltag von morgens um 20 nach vier, da stehe ich auf, mit den Gebetszeiten, mit den verschiedene Aufgaben, die anstehen. Bis abends um acht, da endet dann der Tag. Dann gibt es jeden Montagmorgen um acht das Treffen der Oberen. Abt Prior und Subprior treffen sich, besprechen die vergangene Woche nach und planen die kommende Woche vor. Und dann Predigten, Einkehrtage, Exerzitienvorbereitungen, es wird mir nicht langweilig.
Er hat schließlich Verantwortung für ein ganzes Kloster. Und zwischen den Zeilen spüre ich: Er will auf keinen Fall, dass der Eindruck entsteht, er würde seine Gemeinschaft im Kloster Schweiklberg vernachlässigen, nur sein eigenes Ding machen. Denn als Benediktiner hat er die Treue zur Gemeinschaft versprochen. Und für einen kurzen Moment spüre ich die Zerreißprobe, zwischen der jahrhundertealten Spiritualität und den Anforderungen der heutigen modernen Zeit. In dieser Spannung fühle ich mich als Christin auch ganz oft. Wie viel Moderne verträgt die christliche Botschaft? Abt Rhabanus Petri weiß, wo sein Platz ist:
Ich bin immer und zuerst Benediktinermönch und das möchte ich auch leben. Das ist ja auch die Kraftquelle; das tägliche Gebet miteinander in der Kirche, die Feier der Eucharistie, das möchte ich auch nicht missen.
Zum Glück kann er beides sein: Mönch und Musiker. Umso schöner, wenn er durch seine Musik die Menschen für Gott interessieren kann:
Dann freu ich mich, weil ich seit Kindesbeinen eigentlich singe. Der Gesang gehört zu meinem Leben dazu und ich bin ja nicht umsonst Benediktiner geworden. Bei uns wird ein Großteil des Stundengebetes gesungen, und da spür ich, da bin ich mit Leib und Seele dabei und es tut mir gut. Ich hab Freude am Singen. Und ich glaube, mit dem Gesang kann man eben auch Brücken bauen zu den Herzen der Menschen.

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