SWR4 Abendgedanken RP

SWR4 Abendgedanken RP

Vor ein paar Wochen war ich in Köln in der U-Bahn. Da  ist mir ein Plakat aufgefallen, auf dem stand: „Der einzige, der einen Ozelotpelz wirklich braucht, ist der Ozelot" - Von Bernhard Grzimek. Ozeloten, hab ich nachgeschaut, sind Raubkatzen, die so aussehen wie kleine Leoparden. Da die Tierart durch das intensive Jagen vom Aussterben bedroht war, besteht seit 20 Jahren ein Handelsverbot mit Ozelotpelz. Das hat geholfen. Mittlerweile gibt es weltweit wieder rund 50.000 Exemplare - ein Glücksfall.
Trotzdem hat mich der Satz nachdenklich gemacht, denn bei vielen anderen Dingen ist der Zusammenhang ja nicht so klar, wie bei einem Pelz, für den ein Tier sein Leben lassen muss. Dennoch stimmt es: alles was ich habe und kaufe kostet etwas: nicht nur Geld, sondern auch Wasser, Strom, Energie, Lebensraum. Ich schaue mich um: die Stereoanlage, mein Computer, die Möbel. Und auch die Kleinigkeiten, jede Plastikschüssel, jede Batterie, jedes T-Shirt, alles... Ich komme ins Grübeln: Was brauche ich wirklich? Auf wessen Kosten wird es hergestellt? Und was kann ich noch mit einem guten Gewissen kaufen? Weil diese Fragen unbequem und oft schwer zu beantworten sind, höre ich manchmal das Argument, dann könne man ja gar nichts mehr kaufen oder essen. Aber das wäre zu einfach.
Sicherlich siegt bei mir nicht selten die Bequemlichkeit und ich kaufe etwas, ohne nachzuhaken, wo es herkommt und wie es produziert wird. Doch seit einiger Zeit achte ich immer mehr darauf. Bei den Lebensmitteln zum Beispiel: wenn ich im April Trauben essen will, dann geht das zwar - allerdings haben die Trauben dann einen weiten Weg im Kühlcontainer hinter sich. Ich könnte auch ganz einfach noch ein paar Monate warten - dann sind die Pfälzer Trauben vor meiner Haustür reif. Der Transport, die aufwendige Verpackung und die Kühlung wären dann überflüssig.
Wenn ich mir das klar mache, dann brauche ich keine Trauben im April, noch Hüte aus Ozelotfell, noch viele andere Dinge, die mir die großen Discountmärkte billig anbieten. Was ich wirklich brauche, ist eine Welt, in der Menschen und Tiere gut leben können. Aber kann ich dazu beitragen, diese Welt zu bewahren? Indem ich darüber nachdenke, was ich brauche und bewusst entscheide, was ich kaufe? Immerhin, irgendwann hat auch mal jemand angefangen, über Ozeloten nachzudenken.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=11016
weiterlesen...