SWR4 Abendgedanken RP

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Meine Schwachstelle sitzt in der Lendenwirbelsäule. Ich habe Rücken. Wenn ich gelenkige Mensche sehe, dann spüre ich meine körperliche Schwäche sehr deutlich. Aber, meine Kondition ist ganz gut, und meine Augen auch. Wirklich klasse. Brille, brauche ich nicht! Wie ist das bei Ihnen, was sind ihre Schwachstellen? Wenn sie zehn Menschen nebeneinander stellen, dann werden Sie feststellen: Keiner ist perfekt! Das klingt ziemlich banal, diese logische Feststellung kann mich aber auch zum Nachdenken bringen: Welche Schwächen finde ich akzeptabel? Und welche fallen stärker ins Gewicht? Sind äußerliche Schwächen schlimmer als innerliche? Ist Diabetes besser als eine schiefe Nase oder ein verkürztes Bein? Die katholische Hilfsorganisation Caritas hat für das Jahr 2011 eine Kampagne gestartet unter dem Motto: Kein Mensch ist perfekt! Mit ihrer Aktion will die Caritas Menschen mit Behinderungen aus der Mitleidsecke herausholen. Denn sie sind Menschen wie du und ich, mit Stärken und Schwächen. Auf ihren Plakaten spielt die Caritas ganz humorvoll mit unseren Vorstellungen von Perfektion und Schönheit. Gezeigt wird zum Beispiel eine lachende junge Frau im Rollstuhl. Darüber steht: Ich hätte lieber blonde Haare!
Sie als Betrachter haben vielleicht gedacht: Die Arme, die ist doch bestimmt unglücklich, weil sie nicht laufen kann. Nein, sie ist glücklich, nur die Haarfarbe könnte noch schöner sein. „Was ist perfekt?" fragt ein Mensch mit Behinderungen auf der Internetseite der Caritas. Was halten Sie für perfekt, für normal und was halten Sie für minderwertig? Die Caritas und die Menschen mit Behinderungen wollen mit dieser Kampagne alle zum Nachdenken anregen: Wer kann bestimmen, was gesund, was krank, was normal und was fehlerhaft ist? Jeder Mensch ist wertvoll und kann glücklich sein: mit blonden Haaren, mit Contergan-Behinderung oder Bandscheibenvorfall. Sind sie glücklich? Sind sie perfekt?

https://www.kirche-im-swr.de/?m=10620
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