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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Manche meinen ja, man müsste weit gereist sein, um mitreden zu können. Um vom Leben Bescheid zu wissen. Aber schon in dem Lied von Udo Jürgens heißt es:
Ich war noch niemals in New York, ich war noch niemals auf Hawai.
Und der Mann, der das singt, muss auch nicht dort gewesen sein. Er weiß von New York, der tosenden Millionenstadt und ihrem Zauber und er kennt die hohen Wellen am Strand von Hawai.
Und sieht sie vielleicht besser, als wenn er schon dort gewesen wäre.
Ich war noch niemals in Jerusalem, bin die Via Dolorosa noch nicht hinaufgewandert, habe noch nie an der Klagemauer gestanden, den Überresten des alten Tempels.
Ich war noch nie am Strand des Sees Genezareth, noch nie im Jordantal.
Mein Glaube braucht keine Anschauung, muss auch nichts anfassen.
Weil ich die Bilder in mir trage, sie mit meinem inneren Auge sehen kann.
Die Bibel malt mir diese Bilder in ihren Geschichten und in ihren Liedern.
Es gibt einen Psalm, der malt so ein Bild.
 Und dann sehe ich ein weites Tal, das sich zu einem Fluss hin senkt.
Und auf einem sanft abfallenden Hang grasen die Schafe.
Saftig sprießende Halme, die noch vom Tau benetzt sind.
Frühlingsblumen, deren Blüten strahlen.
Die Lämmer dösen in der Sonne des heraufziehenden Mittags, bewacht von den Hunden des Schäfers.
Und der Hirte hat sie alle im Auge und achtet darauf, dass keins verloren gehen kann.
Er stützt sich auf seinen Stecken.
Ganz entspannt steht er da.
Und ist doch voller Spannung.
Denn er weiß um die Gefahren des Lebens.
Sein Mantel hat sich im Wind gebläht und eine Krempe seines Hutes ist leicht aufgestellt.
Es fehlt an nichts. Sonne, Wärme, Geborgenheit, Nahrung und Wasser.
Der HERR ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.
So beginnt der Psalm.
Und weiter:
Er weidet mich auf einer grünen Aue.
Er führt mich zum frischen Wasser.
Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal, fürchte ich kein Unglück, denn DU bist bei mir...
Ich war noch nie im Jordantal – und Sie vielleicht auch nicht. Aber mein Glaube sieht dieses Bild. Und hofft darauf, dass der gute Hirte mich schützt. Auch heute.
Und so wünsche ich Ihnen einen behüteten Dienstag!

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

„Stell dir vor, ich habe vorhin, am frühen Morgen, einen wunderbaren Sonnenaufgang erlebt“, hat eine Bekannte zu mir gesagt. Sie war ganz ergriffen und aufgeregt. „Stell dir vor: Ich habe kein Foto gemacht. Ich habe nichts gepostet. Sonst muss ich was Schönes ja immer gleich festhalten, und dokumentieren. Aber diesmal: Kein Handyfoto. Nichts.
Ich war ganz bei mir und dem Licht. Ich habe gestaunt und mich gefreut.“
Das hat mich nachdenklich gemacht. Staunen, das kostet Zeit. Und Muße.
Wenn ich so staunen kann, dann geht mir das Herz auf. Und ich werde hoffnungsfroh. So ist es auch einem Freund ergangen, der Orchideen gesammelt hat.
Keine Zuchtpflanzen fürs Nordfenster.
Nein, draußen. Wilde Orchideen. Im Westerwald. Er hat mir erzählt, dass die Orchideen eine der wenigen Arten sind, die immer noch neue, ungewohnte Mutationen entwickeln. Sie passen sich ideal ihrer Umwelt an.
Und wenn er dann bei seinen Wanderungen vor einer neuen Orchidee gestanden hat, hat er sich kaum satt sehen können. Wahrscheinlich kam er aus dem Staunen nicht mehr raus. Weil er in einer Orchidee das Wunder der Schöpfung gesehen hat, das sich bis heute weiterschreibt.
So freue ich mich jedes Jahr wieder, wenn nach der langen Winterstarre und dem Frost plötzlich aus den Knospen der Weinreben neues frisches Grün wächst. Ganz zaghaft und verhalten erst und dann immer kräftiger, bis die rheinhessischen Hügel in zartem Grün erstrahlen.
Wunderbar!
Und dann gehe ich zu einem Rebstock und schaue genau hin. Und sehe in dem, was da jetzt neu treibt, schon die Frucht und den neuen Wein und das Leben in all seiner überbordenden Schönheit. Also, ich kann einfach nicht glauben, dass das alles Zufall sein soll. Für mich ist das ein wunderbares Geschenk.
Der Himmel über mir und die Weite, in die ich gestellt bin, die Schönheit , die mich umgibt. Ich sehe einen gütigen Gott am Werke, der das Alles wohl gemacht hat.
Für alle Menschen – für Sie und für mich.
Wie heißt es so schön in einem der Psalmen:
Singet dem Herrn ein neues Lied, denn er tut Wunder...
Ich wünsche Ihnen einen schönen Maientag!

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Wenn sie die Narrenkappe aufziehen, meinen manche, sie hätten jetzt die sprichwörtliche Narrenfreiheit.
Und dürften alles.
Die Bleistifte gespitzt, der Computer hochgefahren – und auf sie mit Gebrüll!
Und alle, die Dreck am Stecken haben, bekommen ihr Fett ab!
Was macht guten Humor aus?
Oder: Was dürfen die Narren?
Was hat Uli Hoeness von den Narren Schelte bekommen.
Und warum?
Doch hoffentlich für sein Verhalten, wofür er ja auch betraft wurde. Aber hoffentlich war nicht seine Person gemeint.
Das ist eine Gratwanderung, auf die sich die Narren da begeben.
Da sind ja im Fernsehen Sendungen entstanden, die sich damit schmücken, Zornestiraden über alles Mögliche, aber vor allem über politische Personen auszukübeln.
Narretei, die an ihre Grenzen gerät.
Die verletzt. Die beleidigt.
Und die damit über die Stränge schlägt.
Wie weit geht die Narrenfreiheit?
Wir haben es uns angewöhnt, sehr tolerant zu sein, also Vieles, was eigentlich weh tut, zu ertragen.
Aber: was einem evangelischen Christen das Schmunzeln in die Mundwinkel treibt, ist für einen katholischen Menschen vielleicht schon kaum zu ertragen und für einen Moslem völlig unakzeptabel.
Ich darf als Narr alles sagen – aber ich darf niemanden in seiner Würde verletzen.
Manches mag mir als Kritiker gar nicht so schlimm vorkommen, wenn es aber die Würde des Kritisierten meint, weiß ich: Da habe ich etwas falsch gemacht.
Meistens habe ich dann gemeint, ihm die Leviten lesen zu müssen, mit erhobenem Zeigefinger, von oben herab.
Ganz schlecht!
Gute Narren lachen von unten nach oben, sie lachen über die da oben, über die Macht der Mächtigen.
Mir gelingt das am besten, wenn ich zu einer „Figur aus dem Volke“ werde. Oder noch kleiner.
Ein Hannes von gescheniwwer.
Ein Kerschemäusje.
Und: Gute Narren nehmen sich selbst nicht so wichtig, und schon gar nicht ernst.
Ich meine. Nur wer über sich selbst lachen kann, darf sich auch über andere lustig machen.
Ich wünsche Ihnen einen guten Tag.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Darf man lachen, schmunzeln, schunkeln, überbordend feiern, wie das bis nächsten Fastnachtsdienstag bei uns üblich ist?
Darf man das, wenn an einer anderen Stelle der Welt verblendete Islamisten Menschen töten, vergewaltigen, verschleppen?
Aber schlimme Zeiten hat es schon immer gegeben.
Wie viele Kinder sind geboren worden in den letzten Jahren des Zeiten Weltkrieges und kurz danach.
Meine Generation wäre überhaupt nicht auf der Welt, wenn die Menschen nur in Sack und Asche gegangen wären in dieser Zeit, als die Bomben die deutschen Städte verbrannten, der Osten überrollt wurde und Leid und Tod in so vielen Familien war.
Damals sind junge Männer von der Front für ein paar Tage auf Urlaub heimgekommen, hatten ihre Frauen ein ganzes Jahr oder länger nicht gesehen, haben sich geherzt und geküsst und heftig geliebt. Und haben nicht nach dem Zustand der Welt gefragt...
Neun Monate später sind Kinder zur Welt gekommen, klein und verhutzelt, schreiend und hilfsbedürftig - und für manche Frau waren sie das Einzige und das Letzte, was sie an ihre Männer erinnert hat.
Die Kinder waren Hoffnungszeichen.
Zeichen für die Liebe, die auch schlimmsten Zeiten standhält und die nie vergeht.
Vielleicht müssen wir noch mal ganz neu annehmen, dass sie ist, wie sie ist, diese Welt.
Und dass wir, wenn wir denn lachen, dem Leben lachen, und dass wir, wenn wir helfen, dem Leben helfen.
Anfang Januar sind über hundert Kinder mit ihren Begleitern durch unser Dorf gezogen, haben den Leuten das Neujahr angesungen als Könige mit ihrem Stern. Ökumenisch, wie es sich gehört.
Und sie haben für Kinder in Indonesien gesammelt.
Über Zehntausend Euro allein in Stadecken-Elsheim.
Das ist doch ein Wort!
Und dieselben Kinder sind es, die jetzt an Fastnacht anders kostümiert und laut lachend durchs Dorf ziehen und beim Kindermaskenball eine große Sammelbüchse aufstellen.
Wir machen es so, wie es Paulus gesagt hat: Wir lachen mit denen, die lachen und weinen mit denen, die weinen.
Und wir helfen dem Leben auf die Sprünge.
Ich wünsche Ihnen einen guten Tag.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Eigentlich müssten die Narren angesichts des Elends in der Welt verstummen.
Einfach mal den Mund halten, die Possenreißerei, die kostspieligen Umzüge einstellen?
So habe ich als junger Mann gedacht und habe deshalb auch nie Fastnacht gefeiert.
Bis zu einem Freitag vor dem Rosenmontag. Da habe ich mit meinem Vikar an einer Predigt für den Fastnachtssonntag gearbeitet. Und als wir fertig waren, hat er mich kurzerhand gefragt: „So, und jetzt ist Fastnacht. Als was geh‘n wir denn? Weißt du was? Nimm deine Gitarre! Wir gehen als zwei Bänkelsänger.“
Und dann haben wir gedichtet zu einer sehr bekannten Melodie und haben uns selbst durch den Kakao gezogen.
Kerschechor, vierzisch Frau´n
Noor zwoo Parre, wie dess verdau´n?
Wer darf wann mit wem und wo ---
Danze geh´n  --- nur oofach so...
So spricht der alte Parre zu soim Lehrbub:
Wild ist Rheinhessen, schwer ist der Beruf
Und auf einmal war er da, der Spaß an der Freud´ und zieht mich seit über 30 Jahren immer wieder auf die Bühne.
Und doch frage ich mich immer wieder: Ist das wirklich in Ordnung?
Possen reißen, während es in der Welt Krieg und Flucht und Hunger gibt?
Vor einiger Zeit hat mir ein alter Mann von seiner russischen Kriegsgefangenschaft erzählt. Dort hat er versucht, mit bescheidensten Mitteln den Mitgefangenen ein guter Lagerarzt zu sein. „Wissen Sie, Herr Pfarrer,“ hat er dann zu mir gesagt, „und dann hab´ ich in Briefen aus der Heimat gehört, dass sie in Mainz wieder Helau rufen und Fastnacht feiern. Sie wissen ja, ich war nie ein Kind der Traurigkeit, aber ich konnt´ nie mehr zu einer Fastnachtssitzung geh´n...“
So unser alter Arzt aus dem rheinhessischen Selztal.
Ich konnte ihn gut verstehen.
Und dennoch.
Mein Glaube setzt darauf, dass das Leben siegt.
Mein Glaube hält daran fest, dass der Tod nicht das letzte Wort behält.
Und auch das Leid nicht und die Angst, die wir haben.
Und ich vertraue darauf, dass das Wort Jesu stimmt: Die Ersten werden die Letzten sein und die Letzten werden die Ersten sein.
Und so lache ich dem Elend ins Gesicht.
Ich wünsche Ihnen einen guten Tag

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Was wird Gott wohl über uns Menschen manches Mal denken?
Lauter Narren.
Und er wird uns nur mit viel Humor ertragen können.
Da marschieren in diesen Tagen Säbelrassler in bunten Uniformen vor den Rathäusern auf und wollen das Regiment übernehmen.
Ist natürlich maßlos übertrieben.
Kein Bürgermeister gibt seine Macht wirklich ab.
Aber man lässt sie halt ein paar Tage lang in dem Glauben, sie dürfen schunkeln, lauthals singen, Verse schmieden, den Mund zu voll nehmen, viel zu viel trinken, und über die Stränge schlagen...
Ich glaube, das kann man wirklich nur mit Humor ertragen.
Und darauf setzen, dass am Aschermittwoch die Narretei wieder gesundem Menschenverstand weicht.
Oder nehmen Sie zum Beispiel Griechenland.
Lauter Narren.
Sind völlig am Ende, die Griechen, können nicht mehr vor und zurück vor Schulden, werden mit Euros ohne Zahl unterstützt, und gehen zur Wahl. Und wählen einen Menschen, der ihnen höhere Löhne und Renten, weniger Steuern und Wohlstand verspricht.
Ja, wovon denn?
Ich setze auf den Aschermittwoch...
Oder nehmen Sie die Tendenz in unserer Gesellschaft, lieber allein als in einer Gemeinschaft leben zu wollen. Schon gar nicht in einer Familie.
Ein Singel lebt, gewollt oder ungewollt, allein. Sein Liebesleben stößt manchmal hart an seine Grenzen. Und da ist kein verlässlicher Partner in Sicht.
Er oder sie verdient gut und leistet sich etwas. Aber alles kann man halt nicht kaufen.
Aber wer soll dann nach ihnen kommen? Ich setze auf den Aschermittwoch.
Oder denken Sie an die vielen Paare, die sich im Sturm der ersten Liebe ewige Treue geloben und schon bei der ersten Krise das Handtuch werfen.
Oder wie oft sich die Regierungschefs mit ihren riesigen Delegationen zusammensetzen, um etwas gegen die Erwärmung des Klimas zu beschließen. Und dann kommt als Ergebnis raus, dass man – in einem guten Klima!!! - miteinander gesprochen hätte.
Da könnte man schon an der Menschheit verzweifeln.
Ich glaube, Gott muss viel Humor haben.
Wie sonst könnte er uns, die Krone seiner Schöpfung, ertragen?
Ich glaube, das liegt an zwei Dingen.
Er hält daran fest, dass ein Neubeginn jederzeit möglich ist.
Und: Er vergibt uns.
Immer wieder.
Ich wünsche Ihnen einen guten Tag.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Kennen Sie einen echten Narren?
Also einen sogenannten Aktiven?
Der Büttenreden hält auf der Bühne.
Ich mache das.
Lange vor den närrischen Tagen sitze ich dann brütend vor dem PC, bis der Text in Verse geschmiedet ist.
„Musst du etwa schon wieder dichten?“ fragt meine Frau dann und verdreht die Augen. Aber ich lasse nicht locker, bis ich weiß: diese Pointe zündet: Da gibt es bestimmt einen Tusch und schallendes Gelächter oder zustimmenden Applaus.
Und warum mache ich das? Was habe ich davon?
Alles nur aus Spaß an der Freud.
Und für – einen Orden.
Ja, und darüber habe ich mal meine Gedanken aufgeschrieben. In Versen natürlich.

1.
En alte Orden, wie ihr wisst
Liegt ja e ganz Jahr in de Kist´,
unn er hat gar nix ze lache
neewer dene Fastnachtssache.
2.
Denn die Kist, die iss sehr eng
unn aach muffisch vor Gedräng´,
weil die Stiwwel , so en Stuss,
duften sehr nach Käs´ vom Fuß
3.
Unn aus dene Unniforme:
Mannsaromen, ganz enorme!
Weil die Offiziere von der Garde
met Seif bis  Aschermiddwoch warte...
4.
Doch grüßt an Neujahr froh die Garde,
kann´s unsern Orden kaum erwarte,
bis er donn wird er rausgenomme,
blinzelt in die Sonn , beklomme
5.
guckt in die Auche von soim Narr:
Doo spiescheln sisch, wie jedes Jahr,
der Applaus, des Täterää,
Fassenacht, was biste schee!
6.
De Orden selbst mag´s, wenn er bambelt,
korz unnerm Doppelkinn mol strambelt,
schrubbert sisch am Stoppelbart,
dess schukkert ihn nach Ordensart.
7.
Er freut sich stumm unn redd aach nix.
Doch er strahlt in vollem Wix,
wonn beim Damekommitee
er bombeln derf im Dekolletee...
8.
Weil doo konn er, dann unn wann
(er iss halt doch en Orden-mann)
voller Freud unn voll Entzucken (!)
stillvergnüüscht no unne gucken...
9.
Unn der Spaß,  isch saach, wies ist
longt fer es gonz Johr in de Kist.
Dort träumt er, (heersten kichern, lache?)
vun lauter wunnerscheene Sache...
10.
Unn freut sisch widder, wann im Bau
Gesang, Balett unn aach Helau...
Spaß an de Freud´ mit annern Worten,
das reicht ihm schon, dem alte Orden.

So wie dem alten Orden geht es den meisten Narren. Es geht ihnen nur um den Spaß an der Freud´.
Das ist ihnen Lohn genug. Wunderbare Narrenwelt!
Ich wünsche Ihnen ein guten Tag.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=19164
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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Jetzt ist er wieder unterwegs und schlägt seine Kapriolen: der Narr.
Ich weiß, manche können damit nicht viel anfangen, vor allem die aus meiner Konfession, der protestantischen.
Aber ich mag ihn. Und bin gern selber einer. Schließlich lebe ich in der Nähe von Mainz, einer echten Narrenhochburg. Und in einer Woche ist der höchste Feiertag der Narren, der Rosenmontag.
Und dann wird aus meinem Herrn Müller, der mir meine Bankformulare aushändigt, wieder wie von Geisterhand ein Marschall der Ranzengarde, mit Degen und Dreispitz, Orden und Chapeau. Er schwenkt am Rosenmontag sein Sträußchen, und umarmt die Frau seines alten Pfarrers und mich gleich mit.
Also ich schlüpfe gern in eine Rolle, werde gern zum Narren. Wahrscheinlich, weil mir meine Mutter das mal verboten hat. Das war bei einem Kindergeburtstag. Da habe ich alle Kinder und ihre Eltern zum Lachen gebracht. Und meine Mutter hat mich, gut protestantisch, zur Seite genommen und ernsthaft gebeten, mich nicht noch einmal zum Narren zu machen.
Seitdem bricht bei mir jedes Jahr die Narretei durch. Manchmal auch mitten im Jahr, auf der Kanzel.
Und das ist dann schon sehr närrisch, wenn der, von dem man gewohnt ist, dass er hochdeutsch redet, plötzlich ganz anders spricht, Mundart.
Es war in einem ökumenischen Gottesdienst. Ich hatte zu predigen.
Thema war Gottes Gebot und Menschengebot.
Und wurde mittendrin zum Hannes, dem Nachbarn an der Eck:
Habt ihr da die letscht Woch geheert, wie die Glocke gebembelt hawwe?
Seerscht die evangelisch Peterskersch:
Bim Bam, Bim bam, Verhüte ist verbote, verhüte ist verbote..‘
Dann die Glock von de evangelisch Paulskersch:
Des gilt noor fer Kaddolische.
Dann widder die Peterskersch:
Awwer sie maches doch, awwer sie maches doch...
Do meldt sisch die Glock von de kaddolisch Kersch Sankt Walburga
Bim bam, Bim bam. Schwamm drüber, Schwamm drüber...
Vielleicht lächelt ja der liebe Gott mit, wenn eine Gemeinde schmunzelt.
Es wurde übrigens eine sehr lebendige Aussprache.
Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit in diesen närrischen Tagen.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Es ist Herbst geworden. Und meine Seele spannt weit ihre Flügel aus und kann Gott von Herzen dankbar sein.
Gottseidank, es ist Herbst.“  So hat ein Bekannter vor kurzem zu mir gesagt. „Denn die Pappeln blühen nicht mehr und diese vermaledeiten Gräser. Und ich kann endlich wieder frei atmen und mein Spray liegt zuhause in der Schublade.“
Ein Allergiker und der Herbst...
O weh, jetzt kommt wieder der Herbst. Und die Tage werden kürzer und die Sonne verschwindet hinter dem Nebel. Und die Kälte beißt sich in die Glieder. Ach und der Sommer ... Dahin sind die schönen und warmen Tage.
Herbstblues...
So verschieden reden die Menschen, wenn der Herbst kommt.
Und ich?
Ich habe einen Quittenbaum im Garten. Voller Quitten. Und habe irgendwann und irgendwo mal erzählt, dass man aus Quitten nicht nur Gelee, sondern auch einen fantastischen Quittenlikör machen kann. Und jetzt bekomme ich von überall her Körbe voller Quitten angeliefert. „Falls deine Quitten nicht reichen“.
Die Fülle des Herbstes...
Danke, Gott, für die Fülle des Lebens.
Als Kind, das in einem kleinen rheinhessischen Dorf aufgewachsen ist, habe ich den Herbst geliebt. Die Winzerfeste haben nach gebrannten Mandeln und Zwiebelkuchen geduftet Die geernteten Äpfel und Birnen auf den Steigen haben einen angelacht. Das ganze Dorf hat nach gärendem Most gerochen.
Wunderbar.
Aber auch: anders als im Sommer.
Langsamer.
Die langen Abende lassen zur Ruhe kommen, Neues darf ich wahrnehmen, innehalten und ausatmen.
Die Natur braucht Ruhe-Zeit, um zu wachsen.
Sie begibt sich gerade zur Ruhe.
Nur wir Menschen meinen, wir müssten allezeit mobil sein und verweigern uns dem Naturgesetz, dass die Zeit auch mal tropfen muss wie langsam fließender Honig.
Ich weiß, wie sehr ich das brauche.
Wie sehr ich mich dieser Weisheit des Herbstes anvertrauen muss. Mich öffnen für seine Fülle und ruhig werden, um danken zu können. Danke, Gott für das, was die Ernte des Lebens mir schenkt.
Ich wünsche Ihnen einen schönen Herbsttag.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Meine Großmutter sprach davon, dass wahre Freunde wie Goldmünzen sind.
Goldmünzen.
Wenn sie in einem Schiff transportiert werden, und die Schiffe sinken, dann liegen sie vielleicht für Hunderte von Jahren auf dem Meeresgrund.
Die Würmer zerfressen das Holz. Eisen rostet. Silber wird schwarz, aber Gold verändert sich nicht.
So ist wahre Freundschaft. Sie überdauert alle Gefahren, alle Schiffbrüche, alle Zeiten.
Und selbst wenn sie jahrelang verschwunden war, taucht sie wieder auf und strahlt wie früher.
Ich habe so einen Freund. Gottseidank.
Einen, von dem ich sage: Egal was passiert, und egal wie lange wir uns nicht gesehen haben, da leuchtet immer wieder die alte Vertrautheit auf.
Die Goldmünze.
Und wenn es mir nicht gut geht oder eine Entscheidung ansteht, ihn rufe ich an.
Und wenn es irgendwo zwickt und zwackt, er weiß es als erster.
Kennengelernt haben wir uns während unserer Ausbildung. Da hat es am Beginn eine furchtbare Nacht gegeben.
Ich hatte eine schlimme Nachricht erhalten.
Ich war völlig verzweifelt und kopflos. Und bin im Turm des Schlosses immer treppauf, treppab gerannt.
Ich weiß nicht mehr, wie lange.
Bis sich mitten in der Nacht hinter mir eine Tür geöffnet hat und eine Stimme hat gesagt: „Ich beobachte dich schon eine ganze Weile.
Wie viele Mal willst du noch rauf und runterrennen? Komm endlich rein!“
Und ich bin in sein Zimmer gegangen und wir haben die ganze Nacht geredet.
Die Flasche Kognak, die wir gelehrt haben und die wir mit einem Brummschädel ohnegleichen am andern Morgen büßen mussten, war nicht das Wichtige.
Nein, wir haben gemerkt, an wie vielen Stellen wir gleich ticken. Einer Meinung sind. Das Gleiche für richtig halten. Das Gleiche glauben.
Und das ist so bis heute.
Es ist so, wie ich es im Buch Jesus Sirach lese:
Ein treuer Freund ist ein starker Schutz, wer den findet, der findet einen großen Schatz.
Die Goldmünze.
Ich wünsche Ihnen einen guten Tag.

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