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SWR4 Abendgedanken

Das Altenheim hatte angerufen, unsere alte Tante musste ins Krankenhaus eingeliefert werden. Eine akute Sache. Auch das noch, wo sie doch so schon genug hadert mit den Beschwerden des Alters! Warum muss ich nur so alt werden, sagt sie manchmal. Uns blieb nichts übrig als  nach der Arbeit noch ins Krankenhaus zu fahren. Wer weiß, was uns da erwartet. In ziemlich trüber Stimmung haben mein Mann und ich an diesem Novemberabend das Krankenhaus betreten. Schnell durch das Foyer und hinauf in die Notfallaufnahme. Die Tür hat sich automatisch geöffnet und wir standen in dem angenehm hell erleuchteten Gang der Station. Die Station ist wohl kürzlich renoviert worden – was aber alles noch heller erstrahlen ließ, war das überaus freundliche Gesicht der jungen Krankenschwester, die über den Gang eilte. Sie hatte sicher viel zu tun, hat aber sehr freundlich gegrüßt und uns zum richtigen Zimmer begleitet und uns fröhlich ermuntert einzutreten. Ja und das hatten wir nun wirklich nicht erwartet: Mit frohem Gesicht saß die alte Tante in ihrem frischen Krankenhausbett. Sie fühlte sich wohl hier, das hab ich gleich gemerkt. Wir sind dann noch anderen Schwestern und Pflegern begegnet, alle hatten so offene freundliche Gesichter. Lichtgestalten sind das – Menschen wie Engel hier auf Erden, habe ich zu meinem Mann gesagt. Sie tun den Menschen, die hier sein müssen, so gut - und auch deren besorgten Angehörigen. Wir sind jedenfalls äußerst beruhigt nach Hause gefahren an diesem Abend. Und mir ist an diesem Abend auch klar geworden, wie wichtig der Beruf der Krankenschwester, des Krankenpflegers ist. Ich weiß nicht, ob er so hoch geschätzt wird, wie er es verdient. Wie schnell kann ich selbst ins Krankenhaus müssen – Schmerzen haben, hilflos und verunsichert sein. Angst haben. Und wenn dann jemand für mich da ist – verständnisvoll, kompetent und beruhigend – wie kann ich das dann brauchen! Und es ist ein schwerer Beruf, Unsere Tante ist schwierig zu handhaben, überhaupt nicht pflegeleicht. Da immer geduldig zu bleiben und verständnisvoll – da muss man es schon sehr gut mit den Menschen meinen. Seinen Beruf mit Liebe ausüben.  „Arbeit ist sichtbar gemachte Liebe…“ Das hat der libanesische Schriftsteller Khalil Gibran über die Arbeit gesagt. Und wenn ich die jungen Krankenschwestern und Pfleger beobachtet habe, wie sie mit den alten Kranken auf ihrer Station umgehen, sie waschen und verarzten, dann ist mir klar geworden, sie arbeiten mit viel Liebe zu den Menschen. Ohne diese Liebe wären sie nicht diese Lichtgestalten, die wir an dem dunklen Novemberabend im Krankenhaus erlebt haben. Und für ihre liebevolle, durchaus nicht selbstverständliche Arbeit, danke ich ihnen heute ganz besonders.

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SWR4 Abendgedanken

Es ist so eine Sache mit den Geschenken. Wenn man in diesen Tagen durch die Innenstädte läuft, wird man ja an jeder Ecke daran erinnert, dass es jetzt aber höchste Zeit ist die Geschenke für seine Lieben zu besorgen. Und für diejenigen unter uns, die sich da schwer tun, werden gleich jede Menge Ideen geliefert.
Es ist ein schöner Brauch, sich an Weihnachten etwas zu schenken. Er hat seinen Ursprung darin, dass Gott vor mehr als 2000 Jahren den Menschen seinen Sohn in der Weihnacht geschenkt hat, als Kind in der Krippe. Damit die Welt friedlicher wird und er ihnen hilft, zu einem guten, sinnerfüllten Leben zu finden.

Wenn ich jemandem etwas schenke, sage ich ihm ohne viel Worte, dass ich mich mit ihm verbunden fühle, ihn schätze. Ich will, dass er sich freut. Und wenn das Geschenk gut ankommt, weil ich versucht habe, mich in den anderen hineinzuversetzen, dann habe ich ein gutes Gefühl.

Ich habe neulich mit einem älteren Herrn gesprochen, der will seiner Schwiegertochter an Weihnachten ein gutes Gefühl geben. Deshalb strengt er sich jedes Jahr sehr an, wenn sein Sohn ihn in der Adventszeit anruft. Der fragt dann nämlich nach seinem diesjährigen Weihnachtswunsch. Und wie in jedem Jahr kann er nichts sagen. Sein Sohn lässt aber nicht locker. So ringt er sich am Ende doch durch, einen Wunsch zu äußern. Das ist nicht etwa das, was er sich im Grunde seines Herzens wünscht, sondern etwas, das es seinem Sohn und dessen Frau leicht macht. Eine bestimmte CD, ein Buch… Sein Sohn ist dann immer sehr erleichtert und hat neulich zu ihm gesagt, dass er so froh ist, dass er jetzt weiß, was sie ihm Weihnachten schicken werden. Seine Frau, also die Schwiegertochter des älteren Herrn, hätte sonst kein gutes Gefühl an Weihnachten. Da fahren sie ja wie immer zu deren Eltern und sie nehmen  natürlich Geschenke mit. Leider bleibt über die Feiertage keine Zeit bei ihm vorbeizuschauen. Dafür hätte er doch Verständnis. Ja, das hat er schon, aber trotzdem wird es ihm an Weihnachten doch ein bisschen weh ums Herz. Wenn er allein im Wohnzimmer sitzt und die neue CD hört oder versucht in dem neuen Buch zu lesen. Aber niemals würde er das seinem Sohn sagen, dann hätte der wohl auch kein gutes Gefühl mehr. Ja, so ist das mit den Geschenken. Ist es so schwer zu erkennen, was sich ein Mensch wirklich von mir wünscht? Oder ist es hin und wieder auch ein bisschen bequem, bestimmte Gedanken zu verdrängen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass dem Sohn noch nicht aufgefallen ist, was seinem Vater fehlt, was er sich wünscht. Aber er müsste sich womöglich mit seiner Frau anlegen, wenn er den Ablauf der Feiertage nach so vielen Jahren mal ändern wollte. Aber vielleicht gefällt ihr die Idee, ihren Schwiegervater auch mal zu besuchen und alle hätten zusammen ein richtig gutes Gefühl von Weihnachten.

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SWR4 Abendgedanken

Ich habe mich jetzt gut an die frühe Dunkelheit gewöhnt. Anfangs gefällt es mir gar nicht, wenn es nach dem Sommer immer zeitiger dunkel wird. Vorbei die Abende, die ich abends noch im Garten gewerkelt habe, mit dem Rad den Neckar entlang geradelt bin. Jetzt geht’s ins Haus. Ich werde früher müde. Das fühlt sich für mich ganz fremd an. Aber es dauert nicht lange, dann kann ich besser mit der Dunkelheit umgehen. Dann weiß ich auch die dunklen Abende zu schätzen und freue mich an ihren schönen Seiten. Und das ist gut so. Denn die Dunkelheit ist nichts Fremdes, sie gehört wie der helle Tag unmittelbar zum Menschsein. Ohne dieses regelmäßige Wechselspiel zwischen dem Licht und der Dunkelheit wäre unser Leben hier nicht möglich. „Wüst und leer“ – war es auf unserer Erde, so heißt es im 1. Buch der Bibel. Und weiter: „Gott  sprach: Es werde Licht und es ward Licht“. Es zeigt sich aber, dass es nicht überall hell ist, dass über einem Teil der Erde ein Schatten liegt. Dort ist Nacht. Gott hat also nicht nur das Licht geschaffen, sondern auch das Wechselspiel zwischen Helligkeit und Dunkelheit.

Wir sollten auch die Dunkelheit lieben, meint der Dichter Rainer Maria Rilke. Er schreibt in seinem Gedicht „Die Finsternis, aus der ich stamme“: „Ich glaube an Nächte“.
Das mach ich auch, denn wir Menschen brauchen die Nächte. Das ist mir bewusst geworden auf einer Reise nach Westkanada als dort am längsten Tag des Jahres noch kurz vor Mitternacht die Sonne hell auf die schneebedeckten Berggipfel schien. Ich habe regelrecht auf die Dunkelheit gewartet. Ich wollte den ereignisreichen Tag beenden. Die Nacht hat so viele schöne Seiten. Das haben die Menschen schon immer geschätzt, besonders als sie dann gewusst haben, wie Tag und Nacht entstehen und dass nach Zeiten langer Nächte auch wieder lange Tage folgen. Wir brauchen die Nächte, weil sie uns den Schlaf bringen, die Ruhe nach den vielen Unternehmungen und der Unruhe des Tages. Vieles nehme ich erst in der Nacht richtig wahr: Das Licht einer Kerze. Wie schön Mond und Sterne strahlen. Wie schön, wenn sich die Menschen in der Nacht besonders zueinander hingezogen fühlen. Und die Nacht bringt auch neue Gedanken. Gedanken, die am Tage in mir schlummern, im Dunkel und erst am Abend zum Vorschein kommen, wenn ich nicht mehr so viel aufnehmen muss, aufnehmen kann.
Meine Großeltern habe ich, wenn ich sie im Winter besucht habe, oft im dunklen Zimmer sitzend angetroffen. Weil sie da besser nachdenken könnten. Und dabei haben sich schon auch mal traurige, dunkle Gedanken eingestellt. Meine  Großmutter hat dann gesagt: „Die müssen auch sein. Aber ich weiß, morgen wird es wieder hell, auf der Erde  - und bestimmt auch für mich.“

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SWR4 Abendgedanken

Nun ist es wieder Advent geworden. Und wie in jedem Jahr höre ich die Leute sagen: „…mir ist überhaupt noch nicht danach“ – und „ich kann noch gar nicht an Weihnachten denken“. Mir geht es auch regelmäßig so.

Aber es kommt dann doch, dieses weihnachtliche Gefühl, das mich „ein bisschen weicher werden lässt, träumerischer und nachdenklicher“. So hat es der Schriftsteller Kurt Tucholsky beschrieben. Bei den meisten Menschen ist es so -und das Gefühl wird immer stärker –  je näher der 24. Dezember rückt.
Wie kann das sein, hat sich Kurt Tucholsky gefragt, dass der Kalender unsere Empfindungen regelt? Dass er unsere Gefühle quasi „kommandiert“? Und er kommt zum Schluss, es muss daran liegen, dass die Menschen das ganze Jahr über sparsam mit ihren Gefühlen umgehen, sie ansammeln Tag für Tag und Woche für Woche bis sich dann auf Weihnachten hin so viele angesammelt haben, dass es sich lohnt sie herauszulassen. Typisch Tucholsky, dieser Scharfsinn! Und ich finde, er hat zumindest damit recht, dass sie an bestimmten Tagen zu spüren sind, diese besonderen Empfindungen, nicht nur am Weihnachtsfest,( auch wenn Geburtstage, Hochzeitstage usw. anstehen.) Dann denke ich besonders liebevoll an einen Menschen, beschenke ihn, nehme mir Zeit für ihn und denke an gemeinsam verbrachte Tage. Ich finde das gar nicht schlimm, wenn mich manchmal erst der Blick auf ein Kalenderblatt dazu bringt ganz besondere Gefühle zu haben. Ich brauche kein schlechtes Gewissen zu haben. „Denn“, so meint Kurt Tucholsky, „wichtig ist, dass man überhaupt Gefühle hat“.

An Weihnachen zeigen sie sich ganz besonders. Selbst wenn mir die großen Gefühle in der Öffentlichkeit schon ein bisschen erzwungen oder klischeehaft erscheinen, in Fernsehsendungen zum Beispiel. Und es auch sehr viel um Äußerlichkeiten geht: Die unzähligen Weihnachtsartikel und Geschenke in den Geschäften...Für viele Menschen sind sie wichtig. Und sie unterstützen immerhin die echten weihnachtlichen Gefühle in den Herzen der Menschen.
Die gibt es! Sie machen nachdenklicher, aufmerksamer für die Not anderer. Sie lassen die Menschen in diesen Tagen hilfsbereiter, großzügiger sein. Sich einander liebevoller zuwenden. Und sie lassen mich erkennen, wie gut es mir doch selbst geht. Wie dankbar ich sein kann.
Und nicht zuletzt werden die Menschen „träumerischer“ wie Tucholsky meint: Zu Hause soll alles ein bisschen schöner sein als sonst. Es soll eine gute Stimmung sein, ein gutes Miteinander.
Und das nicht nur in der Familie. - Der größte Weihnachtstraum ist der vom Frieden für alle Menschen…

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SWR4 Abendgedanken

Gestern war der erste Adventssonntag. Ich finde, hat die Adventszeit erstmal begonnen, ist sie auch schnell wieder vorbei. Früher habe ich das nicht so empfunden. Vielleicht liegt das auch an der Routine. Alles wie gehabt: Da öffnen die Weihnachtsmärkte, die im Prinzip über Jahrzehnte gleich gestaltet sind, es erklingen die seit den Kindertagen bekannten Lieder.
Und damit es schön gemütlich ist zu Hause, wird die Wohnung geschmückt. Mit einem Adventskranz. Seine 4 Kerzen werden an den Adventssonntagen nacheinander angezündet. Es soll bis zum Weihnachtsfest immer etwas heller werden. Die meisten Menschen mögen die Adventszeit. Aber es gibt auch Menschen, die diese Zeit traurig macht. Weil sie gerade Schweres erleben. Wenn sie krank sind, ihre Ehe zerbrochen ist oder sie den Kontakt zu ihren Kindern verloren haben. Sie können sich nicht so recht freuen.
Und wenn ich mir bewusst mache, in welch aufgewühlten Zeiten wir leben, dann komme ich schon ins Grübeln - und so geht es sicher vielen - kann man denn Advent und Weihnachten feiern wie immer? Da sind die schrecklichen Bilder, die uns jeden Abend mit  den Nachrichten erreichen. Der Krieg in Syrien, unglaublich was Menschen einander antun können! In Aleppo sind Krankenhäuser gezielt zerstört worden! Hier in Europa haben wir Angst vor neuen Terroranschlägen und die Politiker sind sich uneins wie lange nicht mehr. Wie wird es weitergehen?
Eine Geschichte über vier Adventskerzen passt dazu: Die Kerzen unterhalten sich. Eine sagt, ich heiße Frieden, aber die Menschen sind so unfriedlich. Vor Kummer wurde sie ganz klein und erlosch. Die zweite Kerze flackerte auch schon als sie sagte, ich heiße Glaube. Aber ich bin überflüssig, weil so viele Menschen nichts mehr von Gott wissen wollen. Auch sie erlosch. Die dritte Kerze, sie heißt Liebe, musste feststellen, dass die Menschen sie achtlos auf die Seite stellen, viele zu selbstverliebt sind, um einen anderen Menschen wirklich zu lieben. Deshalb ging auch sie allmählich aus. Aber da war noch die vierte Kerze, die sich Hoffnung nannte und die zu sich sagte, ich brenne weiter, ich lasse mich nicht entmutigen, ich habe keine Angst. Und ich muss weiter brennen, denn mit mir können die Menschen auch die anderen Kerzen wieder anzünden…Doch woher die Hoffnung schöpfen? Aus dem Glauben an das Gute im Menschen, an seine tollen Begabungen, Möglichkeiten. Den will ich nicht verlieren!
Gläubige Menschen setzen ihre Hoffnungen auch auf Gott, sie vertrauen darauf, dass er seine Welt nicht im Stich lässt. Schon viele Generationen vor uns haben die Adventszeit als hoffnungsvolle Zeit verstanden, im Krieg und in Zeiten voller Armut. Die Kerzen der Hoffnung dürfen nie ausgehen!

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SWR4 Abendgedanken

In letzter Zeit träume ich manchmal von meinen Großeltern. Es sind meist schöne Träume, aber am nächsten Morgen sind sie dann wie hinter einem Schleier verschwunden. Ich kann sie deshalb auch nicht gut weitererzählen. Aber es bleibt ein wohliges Gefühl zurück. Erstaunlich, denn meine Großeltern sind seit mehr als 40 Jahren tot. Meine Kindheit ohne die Großeltern kann ich mir nicht vorstellen. Ihre Liebe und Zuwendung hat so gut getan. Und ich denke vieles davon hat mich in allen Lebensphasen bisher begleitet und bleibt für immer.
Das können meine Kinder bestimmt unterstreichen. Sie hatten auch das Glück von ihren Großeltern liebevoll umsorgt zu sein. Ihr Garten war für sie das Paradies. Und wenn es Kummer gab, schon auch mal mit den Eltern, die Großeltern waren verständnisvoll, konnten trösten und vermitteln.

Inzwischen bin ich selbst Großmutter. Das lag für mich bis vor ein paar Jahren in ziemlich weiter Ferne. Ich hatte mir so viel vorgenommen für die Zeit, wenn die Kinder aus dem Haus sind und wir als Paar wieder mehr Zeit füreinander haben. Doch schneller als ich gedacht habe, war es soweit. Als unser erstes Enkelkind geboren wurde, habe ich mich riesig gefreut, aber auf der anderen Seite bin ich in stillen Minuten schon auch nachdenklich geworden: Wieder hat ein neuer Lebensabschnitt begonnen. Im Grunde gehöre ich jetzt zur ältesten Generation - und das Ende des Lebens rückt ein Stück näher. An den Gedanken muss ich mich noch immer gewöhnen.
Aber inzwischen sehe ich wie schön diese neue Lebensphase sein kann. Dass es überhaupt nicht selbstverständlich ist, Enkelkinder zu haben und sie so ganz in der Nähe aufwachsen zu sehen.
Die jetzige Großelterngeneration ist ja nicht mehr vergleichbar mit meinen Großeltern damals in den 50er und 60er Jahren. Großeltern sind in der Regel noch fitter und aktiver, wollen noch einiges erleben und das ist auch gut so. Trotzdem sind sie genauso wichtig für die ganze Familie wie eh und je. Sie sind wichtige Bezugspersonen für die Kinder. Gerade auch, weil die jungen Mütter und Väter heute oft hin- und hergerissen sind zwischen ihren Kindern, die sie gut versorgt wissen wollen und ihrem Job. Wenn die Großeltern dann helfen können, tut das den Kindern gut und ihren Eltern auch. Die eigenen Lebenserfahrungen im Hinterkopf und inzwischen in verschiedenen Situationen gelassener und geduldiger, können sie ein Segen für die Familie sein.

„Alles im Leben hat seine Zeit“ –so steht es sinngemäß schon in der Bibel und wie schon für viele Generationen vor uns und dann wieder für viele nach uns, kommt sie: die Zeit Großeltern zu werden – und ich finde, das ist ein ganz wichtiger Lebensabschnitt und ich bin dankbar dafür.

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SWR4 Abendgedanken

Vor 10 Jahren verändert sich das Leben meiner Cousine von einem Tag auf den anderen vollkommen. Ein Schlaganfall – wie aus heiterem Himmel. Glücklicherweise ist sofort Hilfe zur Stelle. Aber ihr rechter Arm bleibt gelähmt. Der Alltag ist fortan schwierig zu bewältigen für sie, zumal sie allein lebt. Sie ist nur bedingt belastbar, kann nicht weit laufen. Aber sie organisiert tapfer ihr Leben neu und es ist gut, dass sie nach einiger Zeit der Rehabilitation wieder arbeiten kann, als Elektroingenieurin.

Jetzt, 10 Jahre später, mit Ende 40 hat sie ihren Job verloren, die Firma ist von einem anderen Konzern übernommen worden und man hat sie nicht mehr gebraucht. Jetzt hat sie große Sorge ins Abseits zu geraten. Denn ihre Kollegen sind ihr schon sehr wichtig gewesen. Wie wird es weitergehen? Sie will sich erstmal eine Zeit der Ruhe gönnen. Sich Zeit für Physiotherapie nehmen und sie macht jetzt ein sogenanntes Skilltraining. Dort  kann sie bestimmte soziale Fähigkeiten erlernen oder vervollkommnen: Wie sie besser mit Stress umgehen kann und welche Möglichkeiten es gibt, auf verschiedene Menschen zu zugehen. Und – das halte ich für besonders wichtig, den kompetenten Umgang mit ihren Gefühlen. Sie sagt, das tut ihr sehr gut, nicht nur im Hinblick auf einen neuen Job, sondern für ihr ganz persönliches Leben. Denn ihr ist klar, dass sie keinesfalls ins Abseits geraten will, dass sie Menschen um sich herum braucht, um zufrieden und glücklich sein zu können. Sie singt in einem Chor, schon einige Jahre. Jetzt will sie noch aktiver werden, bei mehr Auftritten dabei sein. Auf einer Hochzeitsfeier in der Kirche haben sie neulich gesungen. Als sie mir davon erzählt hat, klang sie richtig fröhlich.
Dass sie je wieder in ihrem ursprünglichen Beruf arbeiten kann, daran glaubt sie nicht mehr. Trotzdem will sie sich nützlich machen, deshalb übt sie regelmäßig mit Schülern, die eine Leseschwäche haben. Vielleicht findet sie ja einen Job im sozialen Bereich, das könnte sie sich vorstellen. Sie ist bestimmt eine gute Elektroingenieurin gewesen, aber sie hat noch viele andere Fähigkeiten.

Ich wünsche, dass sie viele Menschen trifft, die ihr ermöglichen, diese auch zeigen zu können.
Vor 10 Jahren als sie über Nacht durch den Schlaganfall nicht mehr die Alte war, haben sich einige Freunde und Bekannte zurückgezogen. Meine Cousine meint, weil sie damit nicht umgehen konnten, unsicher waren. Das hat ihr sehr weh getan, aber sie hat in gewisser Weise auch Verständnis. Den Gedanken an Krankheit und damit verbundene Veränderungen verdrängt man gern. Aber jedem kann das passieren. Daran muss ich denken. Dann kann ich bestimmt besser damit umgehen, wenn sich das Leben ändert, für andere Menschen aber auch für mich.

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SWR4 Abendgedanken

Ein lieber Nachbar ist gestorben. Ganz plötzlich. Beinahe jeden Morgen wenn mein Mann und ich ins Auto gestiegen sind,  hat er schon auf seinem Grundstück gewerkelt  und uns freundlich gegrüßt. Manchmal haben wir ein paar Worte gewechselt. Jetzt fehlt er uns.
Und wie sehr erst seiner Frau, seinen 5 Kindern und vielen Enkeln!
Bei der Trauerfeier hat die Pfarrerin so ihre Rede begonnen: „Die Vernunft sagt, er ist ein alter Mann gewesen, sein Herz war nicht mehr gesund . Aber das Gefühl sagt, er war doch noch so lebendig, wie gern hätten wir ihn behalten“. Und dann hat sie über sein Leben erzählt und welch tiefen Glauben unser Nachbar sein ganzes bewegtes Leben lang gehabt hat, in guten und in schweren Zeiten. Und immer hat ihn dabei der Psalm 23 begleitet: „ Der Herr ist mein Hirte mir wird nichts mangeln… „ , heißt es darin.         

Er ist fest davon überzeugt gewesen ist, dass er nach seinem Tod gut bei Gott aufgehoben sein wird. Das hat dieser Trauerfeier bei allem Schmerz der Hinterbliebenen etwas Gelassenes, etwas Hoffnungsvolles gegeben. Ich denke: Seinen Glauben daran, dass mit dem Tod nicht alles zu Ende ist, den hat er mit seiner Frau geteilt und gemeinsam haben sie ihn an ihre Kinder weitergegeben. Das gibt ihnen Halt und es tröstet sie.

Auch mich hat dieser Gedanke getröstet als meine Mutter viel zu früh gestorben ist. Ich habe damals viel nachgedacht,  im Grunde kann ich mir überhaupt nicht vorstellen, wie es nach dem Tod weitergehen kann, was mit uns passiert. Ob wir uns auf irgendeine Weise doch wieder begegnen…
Aber wie sollte ich das auch verstehen. Ich stoße ja ständig an meine Grenzen, wenn jemand versucht  mir das Universum oder Teile davon zu erklären! Die Unendlichkeit des Universums lässt mich aber ahnen, da gibt es etwas, das wir uns überhaupt nicht vorstellen können. Selbst berühmte Naturwissenschaftler, wie Max Planck, sind bei ihren Forschungen zum Schluss gekommen, dass Gott im Spiel sein muss. Auch wenn sie keine Beweise gefunden haben.

Deshalb wage auch ich einen hoffnungsvollen Blick über den Tod hinaus, der mir keine Sicherheit bringt, aber mir eine neue Perspektive zeigt, dass hoffentlich doch alles gut wird. Alles einen Sinn hat. Besonders dann, wenn jemand sehr früh sterben musste. Dass es noch etwas gibt zwischen Himmel und Erde von dem wir nichts wissen können.  Ich bin sicher viele Menschen hoffen darauf, auch wenn sie darüber nicht sprechen wollen.
Unser verstorbener Nachbar hat großes Vertrauen zu Gott gehabt. Deshalb ist ihm auch der Psalm 23 so wichtig gewesen. Darin heißt es: „…Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir…

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SWR4 Abendgedanken

„Kopf hoch, das wird schon wieder“, das sage ich schon mal, wenn ich jemanden trösten will, wenn jemand traurig den Kopf hängen lässt vor Enttäuschung. Ich sage das, wenn sich jemand allzu große Sorgen macht und es für ihn wichtig wäre, Vergangenes abzuhaken. Damit der Blick wieder frei wird für Neues, Hoffnungsvolles.

Menschen mit dem Kopf nach unten erlebe ich inzwischen täglich, aber die wenigsten brauchen wohl mein aufmunterndes „Kopf hoch“, weil es ihnen gut geht mit ihrem Blick nach unten - auf ihr Smartphone. Sie sind mit ihren Freunden und Bekannten über die verschiedensten Netzwerke verbunden und irgendeine Neuigkeit gibt es ständig und irgendwas ist immer zu „googeln“. Und trotzdem möchte ich manchmal am liebsten rufen „Jetzt aber mal wieder Kopf hoch!“ Wenn ich den Eindruck habe, dass jemand zwar körperlich anwesend, aber doch mit den Gedanken ganz woanders ist.
In der U-Bahn habe ich neulich eine Mutter beobachtet: Ihre kleine Tochter saß neben ihr. Aber gesprochen haben die beiden kein Wort miteinander , weil die Mutter ständig was ins Smartphone getippt hat. Das Kind hat mir leid getan. Besonders fällt mir auch auf, wie viele Menschen im Restaurant immer wieder auf ihr Smartphone schauen. Ich finde das richtig unhöflich.

Gerade zu lebensgefährlich ist es, im Straßenverkehr den Kopf nach unten auf das Smartphone zu beugen. Ein Nachbar hat so gerade erst einen Unfall gebaut. Glücklicherweise ist kein Mensch zu Schaden gekommen.  Dieses „Kopf hoch“ kann also auch heißen, du ich mache mir Sorgen um dich. Um deine Gesundheit. Und - Menschen können auch unglücklich werden– wenn sie fortwährend aufs Smartphone schauen, habe ich gelesen. Unglücklich? Wie ist das denn gemeint? Habe ich mich gefragt und mir ist dazu ein junges Paar eingefallen: Die beiden wohnten zusammen und alles schien gut. Bis ich von ihrer Trennung gehört habe. Schuld war das Smartphone! - Nein natürlich nicht!
Es gab verschiedene Gründe weshalb sie sich getrennt haben. Aber dass der junge Mann ständig  mit dem Smartphone hantiert hat, hat sie schon sehr genervt. Zu oft hat er sie gar nicht richtig wahrgenommen, ist unaufmerksam gewesen. Das hat sie verletzt.
Und eines Morgens beim Frühstück hat er den Kopf vom Smartphone gehoben und gemerkt, dass er allein ist. Und über lange Zeit ist er sehr, sehr unglücklich gewesen…
Deshalb unbedingt Kopf hoch und Smartphone aus, wenn ich einem Menschen zeigen will, jetzt bist nur du wichtig. Jetzt will ich ganz bei der Sache sein, ganz bei dir.

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SWR4 Abendgedanken

Es gibt ein schönes Gedicht von Johann Wolfgang von Goethe, das ich besonders gern am Abend höre: „Wandrers Nachtlied“ heißt es:

Überallen Gipfeln ist Ruh,
In allen Wipfeln spürest du
kaum einen Hauch;
Die Vögelein schweigen im Walde.
Warte nur, balde
Ruhest du auch.

Es sind einfache Worte, die mich berühren. Ich habe diese Stimmung schon erlebt, an einem Spätsommerabend: Die Sonne war hinter den Bergrücken verschwunden und es lag eine unbeschreibliche Stille über der Landschaft. Ich habe mich wunderbar entspannt gefühlt, meine Gedanken sind ruhiger geworden und eine tiefe Dankbarkeit hat mich erfüllt…

Vor vielen Jahren bin ich an dem Ort gewesen, an dem Goethe „Wandrers Nachtlied“ geschrieben hat: Auf dem Kickelhahn, einem Berg im Thüringer Wald. Und Goethe hat dabei nicht etwa an den Tod gedacht, sondern er war einfach müde nach einem schweren, arbeitsreichen Tag. Er ist von der Stadt durch den Wald auf den Berg gewandert und hat sich dort auf einer Bank ausgeruht.
Goethe war zu dieser Zeit im Staatsdienst beschäftigt. Erschöpft von den Ereignissen des Tages, kreisten seine Gedanken immer noch um die verschiedenen Unannehmlichkeiten und Sorgen. Hier in der Abendstille der Natur, fernab der Betriebsamkeit der Stadt wollte er Ruhe finden.

Ich finde es sehr wichtig, am Abend zur Ruhe zu kommen, Abstand zu gewinnen zu den Ereignissen des Tages. Sonst ist es schwer in einen erholsamen Schlaf zu kommen! Den brauchen wir aber unbedingt um fit für den nächsten Tag zu sein.

Das Leben in unseren Tagen ist viel unruhiger geworden. Die Städte sind laut und die Anforderungen des Berufslebens, des Lebens überhaupt vielfältig und hoch. Viele Menschen sind gestresst und überfordert.

Um zur Ruhe zu kommen hilft mir besonders, raus zu gehen in die Natur, bei jedem Wetter. Versuchen zu mir selbst zu finden . Dabei kann ich mich meist gut entspannen und meine Gedanken ordnen. Das, was ich erlebt habe, überdenken. Was mich angestrengt hat, was mich geärgert hat. Ist das wirklich so wichtig, dass ich mir davon den Schlaf rauben lasse? Der Blick auf die Natur, die ihre abendliche Ruhe ausstrahlt, hilft mir dabei wieder Kraft und vielleicht sogar Mut zu schöpfen. An einem besonders schönen Abend scheint es so, als wollte mir jemand zeigen welch schöne Seiten das Leben hat, wofür ich dankbar sein kann, was wirklich zählt. Und glücklich ist, wer darüber seine Sorgen vergessen oder sie sogar vor dem Schlafengehen vertrauensvoll in Gottes Hände legen kann. Vielleicht mit einem ganz einfachen, persönlich formulierten Abendgebet.

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