Alle Beiträge

Die Texte unserer Sendungen in den SWR-Programmen können Sie nachlesen und für private Zwecke nutzen.
Klicken Sie unten die gewünschte Sendung an.

Filter
zurücksetzen

Filter

Datum

SWR2 / SWR Kultur

  

SWR4

 

Autor*in

 

Archiv

SWR Kultur Lied zum Sonntag

12JAN2025
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Für Angehörige und Freunde da zu sein, wenn sie Hilfe brauchen – für viele ist das selbstverständlich. Etwa wenn die Eltern sich nicht mehr allein versorgen können. Oder wenn ein guter Freund schwer krank wird. 

Wenn so etwas passiert, dann möchte ich mir Zeit nehmen und anderes zurückstellen, weil es jetzt wichtig ist, da zu sein. Aber wenn die Situation dann viel länger dauert, als ich es mir vorgestellt habe, dann wird es oft schwierig. Mein eigenes Leben mit all seinen Aufgaben und meinen Bedürfnissen geht nämlich auch weiter.

Deswegen hat mich das Lied von Clemens Bittlinger, dass ich heute Morgen für Sie ausgesucht habe, besonders angesprochen.

 

1) Dass mir der Atem nicht ausgeht,

wenn ich dich still begleiten will,

auf deinem Weg durch schwere Zeiten.

Dass mir der Atem nicht ausgeht,

wenn ich dich still begleiten will,

auf deinem Weg durch schwere Zeiten.

Ref.: Das wünsch ich mir, das wünsch ich dir,

und unser Gott steht uns dabei zur Seite. (1x)

 

Besonders schwierig finde ich es, für jemanden da zu sein, wenn ich nichts mehr tun kann. Einfach nur still da zu sein, etwa am Bett eines schwer kranken Menschen konfrontiert mich mit meiner eigenen Hilflosigkeit. In solchen Situationen hilft es mir, ganz bewusst meinen Atem wahrzunehmen. Denn jeder Atemzug verbindet mich auch mit dem Menschen neben mir. Ausatmen und einatmen – das ist der Rhythmus des Lebens, an dem wir alle teilhaben. Ich spüre dann, dass wir eingebunden sind in einen viel größeren Kontext. Für mich ist es der Lebensatem Gottes. Wenn ich mich ihm anvertraue, werde ich ruhiger und ich lerne Geduld zu haben – auch mit mir selbst und meiner ohnmächtigen Ungeduld.

Doch es gibt auch die Situationen, wo ich sehr wohl etwas tun kann und tun sollte. Ganz konkret. Nach dem Rechten schauen. Papierkram übernehmen. Jemanden zum Arzt oder zu einem Spaziergang begleiten. Oder etwas Gutes kochen.

In Notsituationen sind viele Menschen hilfsbereit. Das gilt im Kleinen wie im Großen. „Wenn du was brauchst – ich bin für dich da“. Und das ist meistens auch ehrlich gemeint. Aber wenn der Moment der Erschütterung vorbei ist und das normale Leben wieder sein Recht einfordert, schaffe ich es oft nicht mehr, sie einzulösen. Ich möchte daher lernen realistisch einzuschätzen, was ich tun kann und darin verlässlich sein. Denn es hängt nicht alles nur von mir ab.

 

2) Dass es die Worte nicht verweht,

mit denen ich mein Reden füll,

sobald es gilt, zur Tat zu schreiten.

Dass es die Worte nicht verweht,

mit denen ich mein Reden füll,

sobald es gilt, zur Tat zu schreiten.

Ref.: Das wünsch ich mir, das wünsch ich dir,

und unser Gott steht uns dabei zur Seite. (1x)

 

Der wiederkehrende Satz im Refrain erinnert mich daran, dass in solchen herausfordernden Situationen Gott an meiner Seite ist: Das hilft mir, herauszufinden, was jetzt dran ist. Wenn ich mich selbst von Gott getragen weiß, kann ich auch für andere da sein. Ob es nun ums Tun geht oder darum, einfach da zu sein Beides gehört für mich zum Glauben.

3) Dass wir uns nicht im Kreise drehn,                                                                               

sondern erkennen, was Gott will,

und das nicht nur in schweren Zeiten.

Dass wir uns nicht im Kreise drehn,                                                                                    

sondern erkennen, was Gott will,

und das nicht nur in schweren Zeiten.

Ref.: Das wünsch ich mir, das wünsch ich dir,

und unser Gott steht uns dabei zur Seite.

Das wünsch ich mir, das wünsch ich dir,

und unser Gott steht uns dabei zur Seite.

 

Bei Abdruck und öffentlicher Verwendung muss das Lied bei der VG Musikedition angemeldet werden Text: Clemens Bittlinger Melodie: David Plüss

 

Komponist:

T+M: Clemens Bittlinger

Musikquellen:  

CD „Glaube zieht ein“, Kleine Kantorei des Christlichen Sängerbundes, Verlag Singende Gemeinde, Wuppertal

https://www.kirche-im-swr.de/?m=41365
weiterlesen...

SWR Kultur Wort zum Tag

23OKT2024
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Gedichte in der U-Bahn! Das gibt's in Stuttgart. Sie hängen in den Waggons, und wenn ich mit der U-Bahn unterwegs bin, lese ich sie gerne. Eines hat mich besonders angesprochen:

Gegen Abend gerieten wir

in einen stau die alpen eine kreidezeichnung am horizont

irgendwann war das letzte auto verstummt

die kleine weiße kirche auf dem hügel

hielt die welt fest   …..

Das Gedicht von Frank Schmitter greift eine Erfahrung auf, die wohl die meisten kennen.  Reisende sind in einen Stau geraten. Das kann als Sinnbild verstanden werden: Die Reisenden wollten fort in ein anderes Leben und stecken doch fest, das Ziel in weiter Ferne, unwirklich wie eine Kreidezeichnung am Horizont. Schließlich machen die Reisenden Rast - bei einerkleinen weißen Kirche“, wie es im Gedicht heißt. Mir kommt das Bild von einer Dorfkirche mit einer Piazza davor in den Sinn. Ein stimmungsvoller Platz, auf dem Einheimische ihren Abend genießen. Die Reisenden sind plötzlich in einer ganz anderen Welt gelandet. Und da passiert wohl etwas Überraschendes. Im Gedicht heißt es weiter:

die türen öffneten sich

in das leben der anderen die kinder

tauschten spiele proviant wanderte von hand

zu hand aus reisenden wurden siedler

die namen und herkunft tauschten

Mit wenigen Worten skizziert Frank Schmitter diesen wunderbaren Moment, in dem Gemeinschaft entsteht, weil sich Türen öffnen und Menschen aus ihrer engen geschlossenen Welt hinaustreten. Sie teilen, was sie haben – Spiele und Proviant. Sie erzählen, wie sie heißen und woher sie kommen. Und so werden aus Reisenden Siedler – wie es in dem Gedicht heißt.  Als ob sie hierhergehören würden. Die kleine Szene spielt „Gegen Abend“ – so ist das Gedicht überschrieben. Das ist nicht zufällig. Abends wird man müde. Man sehnt sich nach einem Zuhause. Im Gedicht klingt so der Wunsch an, nicht mehr ruhelos unterwegs zu sein, sondern ankommen können.

Für die Reisenden wird „die kleine weiße kirche auf dem hügel“ zum Haltepunkt - sie „hielt die welt fest“. Eine eigenwillige Formulierung! Frank Schmitter geht es vermutlich um mehr als nur um ein Gebäude. Für mich ist diese kleine weiße Kirche auf dem Hügel eine wunderbare poetische Umschreibung für das, was Kirche und Religion sein können. Orte und Zeiten, an denen ich innehalten und ankommen kann. Wo ich meinen oft ruhelosen Alltag unterbreche, um Atem zu holen.

Das kann sich auch in der U-Bahn ereignen, in der ich zufällig ein Gedicht lese.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=40892
weiterlesen...

SWR Kultur Wort zum Tag

22OKT2024
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Was soll ich nur wählen von diesem verlockenden Buffet mit lauter Vorspeisen?  Ich möchte gerne von allem probieren, und lade mir den Teller voll. Aber dann ist so viel drauf, dass ich das Einzelne gar nicht mehr schmecken kann.

Diese Szene ist für mich wie ein Gleichnis für mein Leben.

Es gibt so viele Möglichkeiten für die Berufswahl oder welchen Lebensstil ich wähle. Mit welchen Menschen ich zusammen bin und wie ich meine Freizeit verbringe. Und das bedeutet: Ich stehe immer vor kleinen oder auch großen Entscheidungen. Aus dem Reichtum der Möglichkeiten wird die Qual der Wahl. Müsste ich nicht erst alles ausprobieren und erleben können, um zu wissen, wie mein Leben am besten glückt? Ich könnte ja sonst etwas verpassen. Da liegt es nahe, alles offenzulassen und mich erst gar nicht zu entscheiden.

Wenn's ums Entscheiden geht, war Jesus von Nazareth sehr klar. Von ihm stammt der Satz: „Euch muss es zuerst um das Reich Gottes gehen, und alles andere wird euch dazu getan.“

Diese Empfehlung scheint überhaupt nicht in unsere Zeit zu passen. Schließlich geht es doch um mich und mein Leben, das ich genießen und auskosten möchte.

Jesu Lebensmaxime war da ganz anders. Für ihn war Gott das Wichtigste. Jesus war ganz durchdrungen von Gott und seiner Liebe. Vom Reich Gottes. Und er wollte die Menschen daran teilhaben lassen.  

Die Aufforderung von Jesus hat es in sich, sie stellt mir die Frage: Was ist mir am wichtigsten? Nur mein eigenes Wohlergehen? Jesus öffnet mir die Augen für andere Menschen und dafür, wie reich das Leben wird, wenn wir es miteinander teilen. Durch ihn komme ich mit Gott in Berührung, mit seiner Liebe. Das befreit mich davon, nur um das zu kreisen, was ich mir wünsche und wie meine Befindlichkeiten sind. Und das kann mich auch von meiner Angst befreien, das Leben zu verpassen.  

Das verschiebt meine Prioritäten und hilft mir, Entscheidungen zu treffen. Ich suche nicht mehr nach den vielen Häppchen – wie bei einem Buffet – sondern nach einem kraftvollen Lebensbrot. Wenn ich mich wirklich einlasse, etwa auf einen Menschen oder auf eine Aufgabe, dann schmecke ich von diesem Brot. Oder wenn ich mich für andere einsetze. Auf diesen Lebensgeschmack bringt mich Jesus mit seinem Satz:

„Euch muss es zuerst um das Reich Gottes gehen, und alles andere wird euch dazu getan.“

https://www.kirche-im-swr.de/?m=40891
weiterlesen...

SWR Kultur Wort zum Tag

21OKT2024
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Dieser eine politische Vorschlag hat mich richtig geärgert. Als unser Finanzminister die „Mütterrente“ kürzen wollte, um zu sparen. Vor zehn Jahren ist diese Rente eingeführt worden, um die Erziehungsarbeit von Müttern rentenrechtlich besser anzuerkennen. „Endlich!“, muss man sagen, und dazu haben auch katholische Familien- und Frauenverbände entscheidend beigetragen. So etwa der Katholische Deutsche Frauenbund.

Es geht um die Mütter, deren Kinder vor 1992 geboren wurden. Für sie hat es keine Krippenplätze ab einem Jahr gegeben, Kindergarten und Schule haben schon mittags zugemacht. Sie hatten also in der Regel keine andere Wahl, als ihre Kinder selber zu betreuen. Viele haben daher nur wenige Rentenansprüche, da sie selten in vollem Umfang berufstätig waren. Gleichzeitig tragen ihre inzwischen berufstätigen Kinder maßgeblich zu den Rentenzahlungen bei. Wenn diese Frauen finanziell auf sich allein gestellt sind, geraten sie oft in Altersarmut. Obwohl sie viel geleistet haben. Die Mütterrente ist zumindest ein kleiner Beitrag dagegen.

Natürlich gibt es auch Frauen, die über ihre Männer abgesichert sind und auskömmlich leben können. Doch das kann kein Argument sein. Denn es geht bei der Mütterrente auch um die Anerkennung der sogenannten Care-Arbeit – also der unbezahlten Sorgearbeit für Kinder, wie auch für alte und kranke Familienmitglieder, die vorwiegend von Frauen geleistet wird. Von dieser Arbeit profitiert letztlich die ganze Gesellschaft. Daher müssen auch die Mütter ihren gerechten Anteil erhalten.  

Ist es heute besser geworden? Mit Elterngeld und dem Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz ab dem 1. Lebensjahr? Mit Vätermonaten und flexiblen Arbeitszeitmodellen? Sicherlich ist einiges dafür getan worden, die Vereinbarkeit von Familien- und beruflicher Arbeit zu verbessern. Doch die Wirklichkeit für viele junge Familien ist alles andere als rosig bei fehlenden Kitaplätzen und teuren Wohnungen. Und gleichzeitig wird von den Eltern erwartet, dass sie ihre Kinder quasi „nebenher“ großziehen und sie natürlich bestmöglich fördern. Das bringt viele Mütter und auch Väter an den Rand der Erschöpfung. 

Deswegen braucht es gesellschaftliche Kräfte wie etwa den Katholischen Deutschen Frauenbund. Die vielen ehrenamtlichen Mitglieder werden nicht müde, sich dafür einzusetzen, dass die Leistungen, die Mütter und natürlich auch Väter für die Gesellschaft erbringen, gesehen und anerkannt werden. Auch finanziell. Damit diejenigen, die die nächste Generation großziehen oder, was auch ganz wichtig ist: die sich um alte Menschen kümmern -  nicht das Nachsehen haben. Denn eine Gesellschaft kann auf Dauer nur bestehen, wenn sie auch für die gut sorgt, die für andere Sorge tragen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=40890
weiterlesen...

SWR Kultur Lied zum Sonntag

20OKT2024
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Wie kann ich Gott finden und mit ihm in Beziehung kommen? Um diese Frage geht es im heutigen Lied, das ich im Gotteslob, dem katholischen Gesangbuch, entdeckt habe.

Liedtext:
Meine Augen finden deine Himmel nicht.

Kann ich Schritte wagen vor dein Angesicht?

Deine Berge geben leis den Blick zurück.

Suchen will ich dich, finden wirst du mich.

Interessant ist, dass es im Lied heißt: Meine Augen finden deine Himmel nicht. Es klingt darin das alte hebräische Wort für Himmel an: Ha schamajim – die Himmel. Dieses Wort gibt es in der alten Sprache der Bibel nur im Plural. Denn hinter dem sichtbaren Himmel vermutete man noch viele weitere himmlische Sphären. Schon immer haben Menschen wohl gespürt, dass Gott ihnen entzogen ist. Nicht zu fassen. Transzendent. Und gleichzeitig haben sie in dem sichtbaren, weiten Himmel und in den mächtig aufragenden Bergen Gottes Größe erahnt. Die ganze Welt ist Gottes Schöpfung. Könnte das die Spur sein, in der ich auch heute noch Gott näher kommen kann?

Liedtext:
Meine Füße brauchen deinen festen Grund

gleiten oft und schwanken auf der Erde Rund.

Deine Schöpfung schweigt noch, singt nicht deinen Klang

Suchen will ich dich, finden wirst du mich.

„Deine Schöpfung schweigt noch, singt nicht deinen Klang“ so heißt es in unserem Lied. Aber eigentlich möchte sie uns etwas sagen, davon bin ich überzeugt. Nur unser moderner, aufgeklärter Umgang mit der Welt hat uns taub gemacht für ihre feineren Töne. Wie kann ich neu lernen, sensibel zu werden für die Botschaften Gottes in seiner Schöpfung?

Es beginnt damit, dass ich mich erst mal zurücknehme. Dass ich absichtslos da bin, ohne etwas zu wollen und wahrnehme, was ist. Ich kann das gut üben, wenn ich spazieren gehe, gerne auch alleine. Manchmal fällt mir dann etwas besonders ins Auge. So habe ich neulich einen großen vermoderten Baumstumpf entdeckt, aus dem ein neues Tännchen gewachsen ist. Es ist mir wie eine Antwort auf das vorgekommen, was mich gerade beschäftigt hat. So vieles, was früher sicher schien und Halt gegeben hat, bricht zusammen und löst sich auf. Wie der Baum, der hier einmal stand. Woher soll da noch Vertrauen in die Zukunft kommen? Und zugleich war da dieses kleine, noch etwas zerzauste Tännchen. Ein Hoffnungsbild, dass etwas Neues kommt und weiterwachsen wird.

Liedtext:
Suchen will ich dich, finden wirst du mich.

Der Refrain am Ende jeder Strophe ermutigt mich, die Suche nach Gott nicht aufzugeben. Er ist nicht nur entzogen in unerreichbaren Sphären, er wendet sich mir zu. Das kann in kleinen Zeichen sein, zum Beispiel in Erlebnissen, die mich berühren. Sei es in der Schöpfung oder mit anderen Menschen. Es gibt eine Resonanz. Wenn ich Gott suche, findet er mich. Ich kann das nicht erzwingen, aber es ereignet sich. Oft in Zeiten, in denen ich voller Fragen bin. In solchen Momenten, in denen ich wieder Vertrauen und Zuversicht schöpfen kann, kommt mir Gott nah und ich spüre seinen Segen.

Liedtext:
Meine Sehnsucht lockt mich, führt mich weit hinaus.

Stark in deinem Segen komme ich nach Haus.

Deine Güte hebt mich in dein Angesicht.

Suchen will ich dich, finden wirst du mich.

 

Lied: Aus der CD: Glaube zieht an, Verlag Singende Gemeinde, www.vsg-wuppertal.de Kleine Kantorei des Christlichen Sängerbundes. Ltg. Horst Krüger

https://www.kirche-im-swr.de/?m=40882
weiterlesen...

SWR Kultur Lied zum Sonntag

11AUG2024
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Hohe Berge – alles ist so viel größer als die kleine Welt, die mich normalerweise umgibt. Wenn ich unten im Tal zu den Gipfeln aufschaue, zieht mich eine Sehnsucht nach oben und zugleich erkenne ich, wie klein ich dagegen bin.

 

Lied:     Ich seh empor zu den Bergen,

voller Sehnsucht: Wo ist Hilfe?

Mein Beistand kommt von dem Einen.

Alle Welt ist in seiner Hand.

 

In unserem Lied zum Sonntag heute klingt der alte Psalm 121 an. Dieser Psalm trägt die Überschrift „Wallfahrtslied“. Ute Passarge und Andreas Lettau haben ihn als Lied neu gestaltet. Man kann sich die Szene gut vorstellen, wie da ein Pilger auf dem weiten und mühsamen Weg nach Jerusalem unterwegs ist. Vielleicht ist er erschöpft und fragt sich, ob sein Weg noch richtig ist. Und er scheint allein zu sein – mit sich und den mächtigen Bergen. Und mit der Frage: Wo ist Hilfe?

Da kommt eine andere Person ins Spiel. Sie gibt eine Antwort auf die bange Frage des Pilgers: Da ist jemand, der immer für dich sorgt. Ein ständiger Wegbegleiter.

 

Lied:     Er lässt deinen Fuß niemals wanken,

und der dich behütet, schläft nicht.

Er wird die Augen nie schließen,

er, der herrscht über Raum und Zeit.

 

Der Psalm ist wie ein Dialog gestaltet. Der Pilger schaut nach oben mit all seinem Fragen und seinem Sehnen. Dabei richtet er sich innerlich auf - zu Gott hin. Im Lied ist das wunderbar in der aufsteigenden Melodie ausgedrückt. In der Antwort hört er jedoch  nicht Gottes Stimme selbst. Der, der antwortet, spricht von Gott: „Er lässt deinen Fuß niemals wanken, er lässt dich niemals im Stich“. Ich höre darin den Zuspruch von all den Menschen, die Gott so erlebt haben. Das ist typisch für die alten Psalmen, dass sie solche  Erfahrungen verdichten. Wenn ich mit diesen alten Texten bete oder sie in Liedern zitiere, dann bete ich daher nicht allein, und schon das gibt mir Kraft und neue Zuversicht.

 

 

Lied:     Dein Gott bleibt bei dir wie ein Schatten,

und er lässt dich niemals im Stich.

Die Sonne soll dich nicht blenden

Und nicht stören der Mond bei Nacht.

 

Vielleicht ist das mit dem Beten so ähnlich, wie wenn man einen hohen Berg besteigt. Ganz oben kann man Gott begegnen. Das sind besondere Momente. Meistens sehe ich diese hohen Gipfel nur von weiter unten. Manchmal bin ich auch unsicher, ob meine Route noch stimmt. Ob es tatsächlich einen Weg gibt, der zu Gott führt. Da tut es gut, mit all den anderen verbunden zu sein, die auch zu ihm unterwegs sind.  

 

Lied:     Ich seh empor zu den Bergen,

voller Sehnsucht: Wo ist Hilfe?

Mein Beistand kommt von dem Einen.

Alle Welt ist in seiner Hand. 

 

Wenn ich bete, geht  es daher nicht um diese oder jene Worte, sondern dass ich mich innerlich auf den Weg mache. Und dabei lasse ich mir zusagen, dass Gott mich dabei behütet. Bei jedem Schritt. So wie im Lied von heute Morgen.

 

Lied:     behüte all deine Schritte

bis ans Tor seiner Ewigkeit.

 

Gesang: Sophie Malzo  Eigenproduktion (sophie.malzo@gmx.de)

https://www.kirche-im-swr.de/?m=40374
weiterlesen...

SWR Kultur Wort zum Tag

17JUL2024
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Der Fund ist eine Sensation: in einem Neandertalergrab hat man Knochen eines sechsjährigen Kindes mit Downsyndrom gefunden. Das bedeutet, dass die Neandertaler dieses Kind sechs Jahre lang versorgt haben. Menschen, die auf die Jagd gingen und in Höhlen lebten. Und dieser Fund steht nicht alleine da. So haben Archäologen das Skelett eines Neandertalers mit schweren Verletzungen gefunden, der mit diesen noch viele Jahre als Invalide überlebt haben muss. Auch ein Zeichen dafür, dass seine Gruppe ihn gepflegt und unterstützt hat.

Hat also Jesus von Nazareth gar nichts Neues gebracht mit seinem typischen: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst?“ Dieses Gebot steht ja schon im Alten Testament, das Jesus als Jude natürlich gekannt hat. Und auch in vielen anderen Religionen gibt es diese Gebote, sich um Arme zu kümmern oder mit ihnen Mitleid zu haben. Menschen brauchen einander und nur, wenn sie in ihrem Clan füreinander sorgen, können sie überleben. Das war schon bei den Neandertalern so und es gilt bis heute.

Aber Jesus ist in seinem Verständnis von Nächstenliebe viel weiter gegangen. Die Nächsten sind für ihn ausnahmslos alle um ihn herum, die in Not sind und Hilfe brauchen. Das hat er radikal gelebt. Er geht zu den Aussätzigen, die man aus Angst vor Ansteckung in Höhlen verbannt hatte und berührt sie. Und als eine Ausländerin ihn bittet, ihr Kind zu heilen, begreift er, dass er nicht nur für sein eigenes Volk da ist.

Jesus hat damit ein Zeichen gesetzt: Dass Gottes Liebe keine Grenzen kennt. Deswegen sollen die, die ihm nachfolgen, ihre Liebe auch nicht begrenzen.

Ein hoher Anspruch. Die Ressourcen – auch die der Nächstenliebe- sind schließlich endlich. Bei mir jedenfalls kommt früher oder später immer der Punkt, da sind meine Ressourcen erschöpft.

Ich glaube, dass Jesus so unbegrenzt lieben konnte, weil er ganz mit Gott verbunden war. Ich kann das nicht und doch spornt mich sein Anspruch an. Weil es mich fasziniert, wie Jesus seinen Nächsten begegnet ist. Es hat sie verändert. Sie wurden geheilt. Von ihren Krankheiten und den Verletzungen, die das Leben ihnen zugefügt hat, von ihrem Egoismus. Die Beziehung zu Jesus kann auch mich verändern. Die Enge in meinem Herzen. Die Angst, selber leer auszugehen, wenn ich mich für andere einsetze. Ich kann entdecken, wieviel reicher das Leben wird, wenn wir unser Herz füreinander öffnen. Eine Erfahrung, die sich wie ein roter Faden durch das Christentum zieht und dazu ermutigt, das zu leben, was tief in der Menschheit verankert ist: Nächstenliebe und Mitgefühl.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=40278
weiterlesen...

SWR Kultur Wort zum Tag

16JUL2024
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Eine Papstaudienz für Kabarettisten – dazu hat Franziskus hundert international bekannte Comedians in die ehrwürdigen Räume des Vatikans eingeladen. Die deutsch-türkische Kabarettistin Meltem Kaptan hat die Einladung des Papstes im ersten Moment für einen Scherz gehalten. Aber als klar war: der Papst meint es wirklich ernst, da hat sie sofort zugesagt. Und alle andern auch. Der Kabarettist Torsten Sträter etwa, der sich so ein „once-in-a-lifetime-Erlebnis“ natürlich nicht entgehen lassen wollte.

Man könnte sich ja fragen: Hat der Papst keine anderen Sorgen? Was wollte er ausgerechnet von diesen schrägen Vögeln, die ja gerne mal die Kirche aufs Korn nehmen?

Franziskus hat den Comedians dafür gedankt, dass sie mit Humor und Ironie die Menschen zum Lachen bringen und dadurch Grenzen und Vorurteile überwinden. Der Papst betont auch, dass sie auf positive Weise Probleme ansprechen und damit Hoffnung geben. Das sei gerade in diesen Zeiten besonders wichtig und sogar ein Beitrag für eine friedlichere Welt.

Bei den hundert Comedians kam er damit gut an. Torsten Sträter war danach so beeindruckt, dass er gewitzelt hat: „ Also, ich setze mich gleich mal auf einen Espresso in die Ecke und überlege, ob ich wieder in die Kirche eintrete.» Wahrscheinlich hat er bei Franziskus gespürt, dass Glauben und Humor gut zusammen passen. Schließlich hat der Papst erzählt, dass er jeden Tag um Sinn für Humor betet, um die Dinge im rechten Geist anzugehen.

 

Humor als Frömmigkeitsübung. Für mich ergibt das Sinn. Denn Humor ist die Fähigkeit, dem Leben mit einer gewissen Distanz zu begegnen und nicht alles zu wichtig zu nehmen. Wer Humor hat, rechnet damit, dass nicht alles perfekt ist, weder die anderen und schon gar nicht, man selbst. Deswegen kann man sagen, dass Humor sogar eine ganz spezielle Form der Demut ist. Das lateinische Wort für Demut  lautet „humilitas“. Das klingt nicht zufällig so ähnlich wie Humor. In beiden Worten steckt das Wort „humus“, das heißt übersetzt „Erdboden“. Wer Humor hat, weiß, dass die Menschen nicht höhere geistige sonst sehr irdische Wesen sind. Nicht perfekt. Wer Humor hat, kann trotzdem lachen – und das hat eine ungeheuer befreiende Wirkung. Beim Lachen atmen wir besonders intensiv. Das Zwerchfell wird gelockert, und wie von selbst strömt frischer Atem in unseren Körper. Wer lacht, verbindet sich mit den Lebenskräften. Und das kann Hoffnung geben.

Der Papst hat am Ende seines Treffens mit den Comedians daher noch einmal betont, wie wichtig Humor und das Lachen für die Menschen sind. Und er hat seine Gäste gebeten:

„Helfen Sie uns, mit einem Lächeln die Realität mit ihren Widersprüchen zu erkennen und von einer besseren Welt zu träumen!" 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=40277
weiterlesen...

SWR Kultur Wort zum Tag

15JUL2024
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Den einen Menschen finden, der perfekt zu mir passt – davon träumen viele. Und wenn zwei sich gefunden haben, dann scheint das Glück garantiert. Wie im Märchen, in dem der Königssohn die Königstochter heiratet – und wenn sie nicht gestorben sind, dann …sind sie für immer glücklich zusammen.

Oft wird dieser Märchen-Traum auf öffentliche Paare projiziert – wenigstens bei ihnen scheint er ja in Erfüllung gegangen zu sein. Steffi Graf und Andre Agassi sind so ein typisches Traumpaar. Seit fast 25 Jahren sind sie miteinander verheiratet. Und noch immer schwärmt Agassi von seiner Steffi: „Sie ist für mich die Erfüllung des Schicksals. Die Frau, die perfekt zu mir passt.“ 

Ich weiß nicht, wie es bei Steffi Graf und Andre Agassi war. Ob sie in ihrer Ehe immer nur glücklich miteinander waren. Ob sie nicht auch Missverständnisse und Enttäuschungen erlebt haben und auf Distanz gegangen sind und trotz ihrer Partnerschaft auch manchmal einsam waren. Nach meiner Erfahrung ist das in einer intensiven Beziehung unvermeidlich. Und das ist herausfordernd. Auf einmal passt nichts mehr zusammen. Sogar die Eigenschaften, die mich anfangs besonders angezogen haben, stören mich jetzt. Dass mein Partner ruhig und überlegt ist, empfinde ich dann womöglich als verschlossen und reserviert. Und wenn mich an meiner Partnerin ihre fantasievolle und kreative Art angezogen hat, dann erlebe ich sie auf einmal als chaotisch.

In der ersten Verliebtheit meinen wir, den einen Menschen gefunden zu haben, der gerade das, was mir fehlt, ergänzt. Und umgekehrt. Gemeinsam sind wir perfekt. Eben ein Traumpaar. Aber auf lange Sicht gesehen kann ich das, was mir innerlich fehlt, nicht an meinen Partner delegieren. Und so sind schwierige Zeiten in einer Beziehung immer auch eine Chance, sich selber weiter zu entwickeln.

In einem Interview hat Andre Agassi einmal gesagt: "Das erste ist, sich selbst zu kennen. Man kann keine Beziehung eingehen, in der man den anderen braucht, um sich vollständig zu fühlen, sonst kämpft man mehrere Schlachten."  Da werden ihm viele Psychologen zustimmen. Jeder Mensch muss erst mal mit sich selber klarkommen. Mit seinen positiven und mit seinen schwierigen Seiten und mit seiner Herkunftsgeschichte. Manchmal ist das so belastend, dass man dabei Hilfe braucht. Und wenn die eigenen Altlasten oder die des Partners zu groß sind, dann kann das für eine Beziehung auch eine Überforderung sein. Es bedarf meist eines langen und geduldigen Weges, dass wir innerlich reifen und uns mit uns selbst versöhnen können. Auch in einer guten Beziehung werden wir nicht einfach erlöst. Aber eine gesunde  Beziehung kann ein guter Rahmen sein, als Einzelne und als Paar zu wachsen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=40276
weiterlesen...

SWR Kultur Lied zum Sonntag

16JUN2024
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Wenn ich ein Kind sehe, das sich auf den Schoß seiner Mutter kuschelt, berührt mich das. Ich erinnere mich dann, das vor Jahren bei meinen Kindern war. Es rührt wohl auch meine eigene Erfahrung an, wie ich als Kind den warmen Körper meiner Mutter gespürt und ihre liebevolle Stimme gehört habe. Ganz sicher und geborgen habe ich mich da bei ihr gefühlt. Eine Erfahrung, die nicht nur für Kinder wichtig ist.

Das Lied von heute Morgen erzählt davon, wie man so ein Gefühl der Geborgenheit auch bei Gott finden kann.

Geborgen in dir, Gott, atme ich ein,
schöpfe ich Hoffnung aus Brot und Wein.
Geborgen in dir, Gott, lasse ich los
und liege sicher in Mutters Schoß.
Geborgen in dir, Gott, ruhe ich aus,
bin ich zufrieden, bei dir zu Haus.

Bei Gott ausruhen können wie im Schoß der Mutter, bei ihm ganz selbstverständlich zu Hause sein – so kann man die Beziehung zu Gott erleben. Jesus hat sich so mit Gott verbunden gefühlt. Deswegen hat er ihn mit „Abba“ angesprochen. Das entspricht unserem kindlichen „Papa“. Mir gefällt an unserem Lied von heute Morgen, dass es mich mit seiner Melodie und seinen Bildern in dieses Vertrauen, wie es schon Jesus zu Gott hatte, hineinnimmt.

Gott sorgt für mich. Ich muss mich nicht ängstlich an meinem bisschen Leben festklammern, sondern kann loslassen. Wenn die Angst kommt, dann trägt mich so ein Vertrauen weiter. Ich kann freier atmen, wenn ich in Gott geborgen bin.

Dabei geht es nicht darum, in einer kindlichen Beziehung zu Gott zu verharren. Eine lebendige Beziehung will sich entwickeln. Das kann man auch zwischen Kindern und Eltern wahrnehmen. Wenn Kinder genug Sicherheit bei Mama oder Papa getankt haben, dann klettern sie vom Schoß herunter und erkunden ihre Welt. Weil sie einen inneren Halt gefunden haben, können sie sich auf das Abenteuer des Lebens einlassen. So erlebe ich das auch in meiner Beziehung zu Gott: Mein Glauben ermutigt mich, loszugehen.

Gehalten von dir, Gott, wache ich auf,
wage ich tastend den Tageslauf
Gehalten von dir Gott, stehe ich fest,
gehe und lebe, weil du mich lässt.

Eltern freuen sich, wenn ihr Kind größer und selbständiger wird. Und doch verlangt diese Entwicklung beiden Seiten etwas ab. Es fällt gar nicht so leicht, ein Kind freizulassen und ihm zuzutrauen, dass es auf seinen eigenen Füßen stehen kann. Auch als Kind ist man herausgefordert, sich den Zumutungen des Lebens zu stellen. Ich glaube, wir können dabei von Gott lernen. Gott will mich nicht in kindlicher Abhängigkeit halten. Er lässt mich frei, weil er mir vertraut und mir auch etwas zutraut. Die Beziehung zu Gott bleibt auch dann, wenn ich auf Abstand gehe oder Zweifel bekomme. So kann ich wachsen und erwachsen werden. Denn Gott bleibt mein Gegenüber, er lässt mich frei und doch ruft er mich. Jeden Tag.

Gerufen von dir, Gott, horche ich hin,
frage ich staunend, wer ich wohl bin.
Gerufen von dir, Gott, bin ich genannt.
Bei meinem Namen in deiner Hand.
Gerufen von dir, Gott, sage ich ja
mit dir verbunden, so bin ich da.        

 

 

 

Musik:

Geborgen in dir, Gott. Lied für gemischten Chor und Klavier

Lied zum Sonntag. Produktion vom 20. und 21.05.2022

Lehmann, Christoph; Schäfer, Rudi

CoroPiccolo Karlsruhe; Raiser, Christian-Markus, Chorleitung

https://www.kirche-im-swr.de/?m=40126
weiterlesen...