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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

15JUN2024
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Wenn ich ein Klavier höre, hüpft mein Herz! Mein Leben lang träume ich schon davon, selbst Klavierspielen zu können. Irgendwann, habe ich mir oft gesagt, irgendwann lerne ich das mal – wenn ich mehr Zeit habe, wenn die Kinder größer sind, wenn die Arbeit weniger ist.

Und dann war da meine Tochter. Als wir die Großeltern besucht haben, hat sie sich an das alte Klavier im Wohnzimmer gesetzt und die Tasten angeschlagen. Ganz versunken hat sie eine Weile geklimpert und dann verkündet: „Ich will auch ein Klavier! Ich wünsche mir nichts anderes, ich will Klavier spielen!“ Auch in den kommenden Wochen hat sie nicht mehr lockergelassen.

Und dann ging alles ganz schnell: Einen Monat später wurde unser E-Piano geliefert. Meine Tochter hat tagsüber ganz selig darauf gespielt. Als ich dann abends vor den Tasten saß und selbst die ersten Töne angeschlagen habe, hatte ich Tränen in den Augen. Mein großer Traum, den ich jahrelang verschoben hatte, aus unzähligen Gründen. So einfach ist es gewesen – dank meiner entschlossenen Tochter, die mich überzeugt hat, einfach zu tun, was ich schon immer wollte.

Ich frage mich seitdem, wie oft ich in meinem Leben schon Träume, Sehnsüchte aufgeschoben habe, weil ich auf den richtigen Zeitpunkt gewartet habe. Oder sogar aufgegeben, weil ich geglaubt habe, dass es jetzt zu spät dafür ist. Klar, nicht alle Träume sind so einfach zu erfüllen, wie dieser. Aber es lohnt sich darüber nachzudenken, welche meiner Träume weniger an den äußeren Umständen scheitern und eher deshalb, weil ich irgendwelche Bedenken habe. Und was mich davon abhält, sie anzugehen.

Manchmal geht es einfach darum, sich zu überwinden, endlich loszulegen. Nicht auf den großen Berg zu sehen, sondern nur auf den nächsten Schritt. Und ja: Wenn ich ganz ehrlich bin, würde ich gerne jetzt sofort richtig Klavier spielen können. Aber wenn ich nicht mit den kleinen ersten Schritten anfange, wird das nichts. Also heißt es jetzt: dranbleiben und üben.

„Fürchtet Euch nicht“, sagt Gott in der Bibel immer wieder, wenn Menschen nicht recht wissen, was auf sie zukommt. Wenn sie unsicher sind oder unentschlossen. Gerne schickt er dafür auch einen Engel vorbei. Sie nehmen die Angst vor dem, was sich bisher keiner vorstellen konnte. Zum Beispiel bei Maria, die ungeplant schwanger war und nicht wusste, wie es weitergehen soll. Solche Engel können ja auch Freundinnen sein, - oder Menschen, die uns einen Stups in die richtige Richtung geben. Für mich ist meine Tochter jedenfalls so ein kleiner Engel, den ich wirklich gebraucht habe.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

14JUN2024
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Heute beginnt die Fußball-Europameisterschaft! Sind Sie Fußball-Fan? Dann freuen Sie sich bestimmt schon lange darauf, dass die Spiele jetzt endlich losgehen!
Ich gebe zu: Ich interessiere mich meistens nicht besonders für Fußball.
Bei Europa- und Weltmeisterschaften sieht das aber anders aus. Ich mag die besondere Stimmung, die dann überall zu spüren ist. Was sonst bringt so viele unterschiedliche Menschen zusammen, wie  ein Fußball-Großereignis? Viele verabreden sich zum Public Viewing, vier Wochen lang haben alle ein gemeinsames Thema und irgendwie ist da dieses Verbundenheitsgefühl untereinander, weil so viele Menschen gemeinsam anfeuern, hoffen, sich freuen, oder zusammen leiden, wenn ihre Mannschaft verloren hat.

Das finde ich besonders in einer Zeit, in der ansonsten so Vieles auseinanderdriftet. In der Unterschiede so sehr betont werden, in der lieber vorsichtig abgewartet oder kritisch beäugt wird, statt begeistert gemeinsam gefeiert. Ich mag die Fröhlichkeit und das Wir-Gefühl bei so einer EM und ich glaube, ein wenig Fußball-Fieber tut uns allen ganz gut -nach den vergangenen Jahren, die eher von Distanz geprägt waren.

Bemerkenswert finde ich dabei immer: Spieler, die sonst Gegner sind, spielen jetzt in den Nationalteams zusammen - vereint für ein größeres Ziel. Und noch mehr: Die Spiele verbinden uns in Europa über alle Grenzen hinweg. Eine Woche nach der Europawahl zeigen sie eindrucksvoll, was für ein unschätzbar hohes Gut der europäische Gedanke ist: Da kommen verschiedenste Länder, Mannschaften, Fans zusammen - verbunden in der Liebe zum Fußball. Sie setzen ein buntes und friedliches Zeichen, während woanders Kriege toben.

Sie zeigen: Uns verbindet mehr, als uns oftmals bewusst ist. Ganz konkret wird das beispielsweise auch bei einer Initiative der Kirchen[1]: Über eine Plattform im Internet bieten Fußballfans an, dass andere Fans kostenfrei bei ihnen übernachten können. Was für ein tolles Zeichen gelebter Gastfreundschaft!

Uns verbindet mehr, als uns trennt. Ich hoffe, dass diese Erfahrung in den kommenden Wochen überwiegen wird. Dass die Spiele friedlich ablaufen und ein positives Gefühl bleibt. Weil genau das doch der eigentliche Gewinn ist: gemeinsam spielen und feiern. Für mich ist das viel wichtiger, als jeder Pokal! In diesem Sinne viel Glück den Mannschaften, viel Spaß den Zuschauenden und allen tolle Erfahrungen und Begegnungen während dieser Fußball-EM!

 

 

[1]www.host4euro.com

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

13JUN2024
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An der Schule meiner Kinder gibt es keine Noten. Die Schülerinnen und Schüler bekommen stattdessen Rückmeldungen wie: „geschafft“, „fast geschafft“, „noch nicht geschafft“.

Es geht darum, dass die Kinder sich nicht über ihre Noten definieren. Dass sie sich nicht aufgrund einer Zahl selbst einen Stempel aufdrücken –zum Beispiel: Ich bin eben schlecht in Mathe. Sondern dass bei allen Rückmeldungen im Fokus steht: Ich bin auf einem Weg. Ich habe das NOCH nicht geschafft, aber ich gehe weiter und irgendwann schaffe ich das.

Mir gefällt der Ansatz gut. Ich mag auch, dass die Grundaussage ist: Das habe ich geschafft. Und nicht: Darin bin ich perfekt. Wenn ich bei mir selbst schaue, dann ist das nämlich viel zu oft mein Anspruch. Alles richtig zu machen. Ich schaue dann zurück auf Situationen und gehe sie im Kopf durch – und mir fallen jede Menge Dinge auf, die ich besser hätte sagen oder machen können. Ich vergleiche mich immer wieder mit anderen – egal ob auf Social media oder in meinem Umfeld-  und bemerke natürlich immer genau die Punkte, die andere irgendwie besser hinbekommen als ich.

Ich finde, so eine „Geschafft-Kultur“ ist nicht nur in der Schule, sondern auch im sonstigen Leben ein guter Ansatz. Sie erlaubt mir, besser zu werden und zu wachsen, statt an einem oft willkürlichen Moment festzumachen, ob ich etwas kann oder nicht. Scheitern ist dann nicht mehr die endgültige Niederlage, sondern eher ein Anfang. Ein Schritt auf dem Weg. Etwas, woraus ich lernen kann. 

Ich will mich also darin üben, gnädiger mit mir zu sein. Beim Rückblick darauf zu schauen, was ich hinbekommen habe – nicht nur, was ich hätte besser machen können.

Wenn ich überlege, was ich alles schon geschafft habe, dann bin ich ganz schön dankbar. Ich denke an schwierige Jahre während meiner Schulzeit, an beruflich herausfordernde Situationen, an den Spagat zwischen Beruf und Familie. Gerade da, wo es besonders schwer war, wo die Herausforderung groß oder die Umstände besonders widrig waren: da bin ich auch etwas stolz, dass ich das hinbekommen habe. Sicher nicht perfekt, aber angesichts der Umstände doch: geschafft!

Wenn Sie zurückschauen – sicher haben auch Sie schon eine Menge geschafft- trotz aller Umstände.
Ich wünsche Ihnen, dass Sie dafür dankbar sein können– und vielleicht auch ein wenig stolz auf sich!

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

12JUN2024
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„Du hast die Wahl!“ steht auf dem Plakat, an dem ich jeden Tag vorbeilaufe. Seit Wochen hat es dazu aufgerufen, bei den Kommunal- und Europawahlen abzustimmen.   

Jetzt sind die Wahlen vorbei. Klar habe ich meine Kreuzchen auf den Wahlzetteln gemacht, weil ich  mitbestimmen möchte, wie es in Europa und hier in meiner Stadt weitergeht. Was in Zukunft besonders wichtig ist. Bei uns in der Stadt geht es zum Beispiel um eine neue Bücherei, die so etwas wie ein Wohnzimmer für alle sein soll. Ein Ort, an den alle kommen können ohne Eintritt zu bezahlen, der Menschen zusammenbringt.

Meine Wahl kann hier in meiner Stadt etwas verändern, das finde ich gut! Natürlich ist das, was jetzt nach den Wahlen passiert, nicht exakt das, was ICH mir wünschen würde. So funktioniert Demokratie eben- man versucht, die Bedürfnisse und Interessen ganz unterschiedlicher Menschen zusammenzubekommen. Manchmal klappt das besser und manchmal weniger gut.

„Du hast die Wahl“ – das Plakat hängt immer noch da. Und es macht mich nachdenklich; denn: Mitbestimmen und mitgestalten, wie es in unserer Stadt und unserer Welt aussieht, das kann ich jederzeit - auch zwischen den Wahlen. Ich denke an die vielen Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren. Ganz aktuell an die vielen Feuerwehrleute und ehrenamtlichen Helfer die während und nach dem Hochwasser im Einsatz sind. Und an die vielen Menschen, die in Vereinen und Gruppen das ganze Jahr über ihren Lebensort mitgestalten. Die Stadt wird dadurch erst so lebendig und vielfältig, wie sie ist.

Die Wahl haben hat etwas mit Freiheit und Verantwortung zu tun. Das ist mir auch im Glauben wichtig. „Zur Freiheit hat uns Gott befreit, zur Freiheit hat uns Gott berufen“ schreibt Paulus in der Bibel. Für mich bedeutet das: Gott hat uns Freiheit geschenkt, selbst zu entscheiden, selbst zu wählen, wie wir leben wollen. Diese Freiheit heißt auch Verantwortung übernehmen; für mich, für andere und die Welt. Denn natürlich haben wir nicht alle die gleichen Möglichkeiten. Wieviel Zeit und Care-Aufgaben ich habe, wieviel Geld ich habe, ob ich körperlich und seelisch gesund bin –  all das entscheidet auch darüber, wie ich mich einbringen kann. Umso wichtiger ist mir, dass ich Verantwortung übernehme, eben weil ich die Möglichkeit dazu habe.

Wie ich mich entscheide, was ich sage und wie ich mich verhalte macht einen Unterschied. Natürlich – vieles hängt auch von anderen ab. Aber innerhalb meiner Möglichkeiten, manchmal auch im Kleinen, habe ich die Wahl. Nicht nur an der Wahlurne, sondern jeden Tag.

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09MRZ2024
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Vor kurzem ist meine Schwiegermutter gestorben. Sie war schon lange krank und ihr Zustand hat sich nach und nach verschlechtert. Wir haben also Zeit gehabt, uns und unsere Kinder auf den Abschied vorzubereiten. Ich finde es wichtig, Kinder miteinzubeziehen, wenn es ums Sterben geht. Wir haben uns zum Beispiel gegenseitig erzählt, wie wir uns sterben vorstellen und das, was danach kommt.

An einem Tag sind wir dann ins Pflegeheim gefahren, um endgültig Abschied zu nehmen. Wir haben vorher vereinbart, dass die Kinder selbst bestimmen, wie lange sie bleiben wollen und jederzeit sagen können, wann sie gehen möchten. Unsere Kinder waren traurig, aber haben gleichzeitig gemerkt, dass ihre Oma schon ganz weit weg ist. Sie war nicht mehr ansprechbar, und es war nicht mehr die Oma, die sie kannten.

Nachdem wir gemeinsam eine Weile an ihrem Bett gegessen sind, haben wir das Zimmer verlassen und sind im Innenhof des Pflegeheims eine Runde Inlineskaten gegangen. Sterben findet ja mitten im Leben statt, das drumherum einfach weitergeht. Bei einem Zwischenstopp meinte meine Tochter: „Schade, dass Oma uns jetzt nicht zuschauen kann“. Mein Sohn hat dann nach oben geschaut in den blauen Himmel und gesagt: „Bald, bald guckt sie uns wieder zu“. Seine Schwester hat genickt „Ja, bald kann sie mit Opa im Himmel Kuchen essen!“ und dann: „Kuchen könnte ich jetzt übrigens auch essen!“. Wir haben dann also Kuchen gegessen und uns noch etwas über den Himmel unterhalten. Wenn er so ist, wie die Kinder annehmen, dann ist ihre Oma dort wirklich gut aufgehoben.

Einige Tage später ist die Oma dann gestorben. Die Kinder wollten bei uns im Garten unbedingt ein Grab für sie machen. Natürlich kein echtes, sie wussten ja, dass es dafür Friedhöfe gibt. Aber eines, um an die Oma zu denken. Ich gebe zu: Ich war zuerst skeptisch (- was werden die Nachbarn denken?). Ich habe meine Bedenken dann aber hinuntergeschluckt, weil ich gemerkt habe, dass es meinen Kindern sehr wichtig war. Wir haben also zusammen einen schönen Ort unter einem Strauch ausgesucht. Die Kinder haben Bilder gemalt, ein kleines Loch gebuddelt und ihre Bilder hineingelegt. Mein Sohn hat Blumen gepflückt und meine Tochter hat aus Zweigen ein kleines Kreuz gebastelt. Zufrieden sind sie dann im Garten vor ihrem Grab gestanden, die Sonne schien warm auf unsere Gesichter und ein Marienkäfer krabbelte auf einem Blatt.

Ich habe schon viele Beerdigungen erlebt. Aber noch kein Abschied hat mich mit so großem Frieden erfüllt wie der von meiner Schwiegermutter in unserem Garten.

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08MRZ2024
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„Das ist so ungerecht!“ Meine kleine Tochter hat ihre Arme in die Seiten gestemmt und stampft mit dem Fuß auf. „Die haben gesagt, ich kann nicht bei der Detektivbande mitspielen, weil ich ein Mädchen bin. Das ist doch total gemein!“

Ich nehme sie in den Arm und versuche sie zu trösten – und bin dabei selbst sauer. Ich erinnere mich nämlich gut an dieses Gefühl – und leider weiß ich auch, dass meine Tochter in ihrem Leben noch oft hören wird: "Das kannst Du nicht, weil Du ein Mädchen bist." 
Später wird es nicht mehr so direkt sein, sondern versteckter. Ich denke an all die schlechten Witze und abwertenden Bemerkungen, die ich schon gehört habe. An die Rollenklischees, wie ich als Mädchen und Frau sein soll. Und an die vielen Situationen, in denen mir in der katholischen Kirche gesagt wurde: "Das kannst Du nicht, weil Du kein Mann bist."

Heute ist Weltfrauentag. Den gibt es nicht ohne Grund – Frauen müssen seit Jahrhunderten für ihre Rechte kämpfen. Vieles, was für uns heute selbstverständlich ist, haben Frauen vor uns und für uns erstritten. Zum Beispiel dürfen Frauen erst seit 50 Jahren in Deutschland ohne Zustimmung ihres Mannes arbeiten und ihr eigenes Geld verwalten. Noch heute kämpfen Frauen für gleiche Bezahlung, faire Arbeitsbedingungen und dafür, dass sie dieselben Chancen haben, wenn es um Führungspositionen geht.

Umso gefährlicher ist es, dass rechte Parteien an Einfluss gewinnen, die mühsam erkämpfte Fortschritte rückgängig machen wollen. Traditionelle Rollenbilder werden dann gerne auch mal mit biblischen Zitaten begründet. Dabei wird allerdings vergessen: die Erzählungen der Bibel stammen aus einer Zeit und Gesellschaft, in der Männer das Sagen hatten. Umso bemerkenswerter sind die vielen starken Frauen, die schon damals entscheidende Rollen in der Bibel gespielt haben. Sie waren Prophetinnen, Richterinnen, Kämpferinnen, Anführerinnen, sie waren erste Zeuginnen der Auferstehung, Mütter und Freundinnen.

Und deshalb möchte ich meiner Tochter, mir selbst und allen Frauen sagen: Wenn Frauen schon vor 2000 Jahren all das und noch viel mehr sein konnten, sollten wir uns heute von niemandem mehr erzählen lassen, dass wir irgendetwas nicht können, weil wir Mädchen oder Frauen sind.

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Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

07MRZ2024
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In drei Tagen die Welt ein Stück besser machen … das klingt doch völlig unrealistisch, oder? Weit über einhunderttausend Kinder und Jugendliche zeigen aber, dass genau das möglich ist – und zwar bei der 72-Stunden-Aktion im April.

In ganz Deutschland setzen in diesen drei Tagen junge Leute soziale Projekte um. Die einen reparieren einen Spielplatz, die anderen feiern ein Fest mit dem Flüchtlingsheim und bringen Menschen im Stadtteil zusammen. Wieder andere zeigen mit einem Rollstuhlparcours, was Menschen behindert, die im Rollstuhl sitzen – zum Beispiel fehlende Rampen oder kaputte Aufzüge. Viele Gruppen setzen sich auch für Nachhaltigkeit und Klimaschutz ein. Sie bauen beispielsweise Insektenhotels, sammeln Müll und pflanzen Bäume.

Ich gehöre zum großen Team der katholischen Jugendarbeit, die diese 72-Stunden-Aktion in Baden-Württemberg organisiert. Wir stecken gerade in den letzten Vorbereitungen und meine Vorfreude wächst jeden Tag.

Die 72-Stunden-Aktion gibt es in diesem Jahr zum fünften Mal. „Uns schickt der Himmel“ steht auf den grünen T-Shirts der jungen Menschen, das ist das Motto der Aktion. Und für mich sind diese Kinder und Jugendlichen wirklich so etwas wie kleine Himmelsbotinnen und -boten.

Ich finde es unglaublich, was die Kinder und Jugendlichen in dieser kurzen Zeit bewegen und für andere auf die Beine stellen. Und nicht nur das: Es ist eine tolle Erfahrung für alle, die da mitmachen. Weil sie spüren: Ich kann hier wirklich was verändern, ich kann die Welt ein Stück besser machen! Gemeinsam machen wir einen Unterschied!

Mir machen diese jungen Menschen gerade in diesen Zeiten ungeheuer viel Mut. Und den brauche ich dringend, wenn ich in die Welt schaue und manchmal das Gefühl habe, dass die Krisen zu groß und wir zu klein sind, um sie zu lösen. Klimakrise, Bildungsmisere, demokratiefeindliche Strömungen, Kriege – wo soll man da nur anfangen?

Die Kinder und Jugendlichen zeigen in diesen drei Tagen, dass wir gemeinsam viel mehr schaffen können, als wir zunächst vielleicht glauben. Sie machen deutlich, dass niemand zu klein ist – und jede und jeder etwas dazu beitragen kann – wenn wir anpacken und loslegen!
In nur 72 Stunden die Welt ein Stück besser machen - was für eine himmlische Ermutigung!

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