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SWR3 Gedanken

02MRZ2024
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Demos gegen Rechtsextreme – dieses Thema füllt seit Wochen die Titelseiten der Zeitungen und die Timelines der sozialen Medien. Zu Recht!
Vor einigen Wochen hat das Recherchenetzwerk „Correctiv“ den Bericht über das heimliche Treffen der Rechtsextremen- darunter auch AFD Politiker – veröffentlicht. Und seither bewegt sich was: Viele Menschen versammeln sich und demonstrieren gegen Rechtsextremismus. Gegen kranke Phantasien, Menschen auszuweisen, weil sie Wurzeln in anderen Ländern haben.

Ich war auch auf einer Demo – in Stuttgart. Ich bin da ganz bewusst hingegangen, als Christin. Und ich habe auch meine Tochter mitgenommen. Sie ist sechs Jahre alt. Sie versteht nicht alles, was dort gesprochen wird. Aber eins hat sie offensichtlich verstanden. Denn sie sagt:
„Mama, wenn jetzt so viele von hier weg müssten, dann bin ich ja fast allein im Kindergarten.“

Ja, in dem Fall hat sie recht. Und mir wird klar: Wie gut, dass wir auf dieser Demo sind, GEGEN Rechtsextremismus. Aber mindestens genauso wichtig ist mir, dass wir hier auch FÜR etwas stehen. 

Als Bürgerin dieses Landes stehe ich auf für unsere Demokratie. Für ein Land, das offen ist für ganz unterschiedliche Menschen. Als Christin stehe ich auf für meinen Nächsten– und so hat‘s doch auch schon Jesus gemacht – liebe deine Nächsten – egal woher sie kommen. Egal was sie glauben. Egal, welchen Pass sie haben. 

Liebe deine Nächsten. Auch dafür stehe ich auf so einer Demo – als Lehrerin. Als Christin, als Deutsche, als Mutter: Damit meine Tochter nicht alleine aufwächst, sondern in einer demokratischen Gesellschaft und einer offenen Gemeinschaft, in der jeder wichtig ist.

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SWR3 Gedanken

01MRZ2024
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Ich habe mich dieses Jahr selbst beschenkt: Anfang des Jahres habe ich einen Yoga Kurs gebucht. Sechs Montage in Folge abends eineinhalb Stunden Yoga in einem Studio bei mir um die Ecke. Ich weiß, manche gehen ganz selbstverständlich zu ihrem wöchentlichen Yoga-, Fitness-, Pilates- oder sonst was Kurs. Aber ich mach das eigentlich nicht. Denn für mich ist das völlig außerhalb meiner Komfortzone. Da fühle ich mich nicht wohl. Und das aus zwei Gründen: Zum einen kam mir das immer absurd vor – so eine typische Mutti aus dem Stuttgarter Westen zu sein, die ins hippe Yogastudio rennt und versucht, sich selbst zu spüren. Zum anderen: ich reserviere mir normalerweise keine festen Zeiten nur für mich – so ganz egoistisch. Wenn ich freie Zeit habe, versuche ich sie mit meinen Kindern zu gestalten oder den Haushalt zu schmeißen – eigentlich ist da kein Platz für sowas.

Aber das ist der Fehler. So habe ich das nämlich ganz lange gemacht – nichts so wirklich NUR für mich. Bis ich dann letztes Jahr ganz schön krank geworden bin. Ich musste operiert werden und auch psychisch ging es mir nicht mehr gut. Aufgefangen haben mich meine Familie und Freundinnen – ich bin in ein weiches Netz voller Liebe gefallen. Und dabei habe ich mir etwas mitgenommen, was mir diese ganzen Herzensmenschen immer wieder gesagt haben: Mach mal was nur für dich!

Monatelang ist mir nicht klar gewesen, was das sein soll. Bis ich dann endlich in diesem Yogastudio bei mir um die Ecke sitze. In einem hippen Raum, grüne Pflanzen, Frauen in meinem Alter und eine Yogalehrerin, die mir sagt, dass ich mich spüren soll. Meine Muskeln beben und ich versuche mühevoll, nicht das Gleichgewicht zu verlieren, während ich den aufschauenden Hund mache. Und da bin ich dann also doch so eine: Eine Mutti aus dem Stuttgarter Westen, die sich selbst spürt; meinen Körper und diese tiefe Dankbarkeit gegenüber meinem Schöpfer, hier zu sein.

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SWR3 Gedanken

29FEB2024
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Ich bin gerne eine Frau! Und noch viel mehr: Ich bin gerne mit anderen Frauen unterwegs. Denn ich habe ganz viele großartige Frauen um mich herum: Meine Mutter, die mir beigebracht hat, dass wir Frauen zusammenhalten. Meine Grundschulfreundin Steffi, die mir gezeigt hat, wie man sich gegen ältere Brüder durchsetzt. Die Patentanten meiner Töchter, die ihren Weg durch ihre männerdominierte Berufswelt gehen. Oder meine Freundin Natalie, die in einem fremden Land ihr eigenes Haus baut und sich auf der Baustelle behauptet.

Danke Gott, dass ich auch eine von ihnen sein darf: Eine Frau! Ich lieb’s!

Aber diese Dankbarkeit, die habe ich nicht immer fühlen können. Das fing schon als Kind an: Meine Großeltern haben mir gesagt, ich sei zu laut für ein Mädchen. Mein Bruder hat gemeint, dass Mädchen nicht Fußball spielen dürfen. Und mein Lehrer hat mich ermahnt, dass man als Frau nichts erreicht, wenn man der Klassenclown ist.

Total krass, wie sehr mich damals dieses Schubladendenken über Frauen ausgebremst hat. Ich habe lange gedacht, ich bin nicht genug Mädchen und Frau: zu wenig schick, zu wenig fein, zu wenig schön. Zu wild, zu laut, zu chaotisch…

Das alles hat sich Gott sei Dank geändert, als ich älter wurde. Am meisten haben mich dabei meine zwei Töchter unterstützt: Sie haben mich gezwungen, umzudenken. All diese albernen Konventionen abzuschütteln. Was Frauen sein sollen, das spielt sich nämlich nur in den Köpfen ab. In Wahrheit können sie alles: hoch auf Bäume klettern, wild sein, Fußball spielen, pink und Glitzer lieben, genauso wie Mathe und Muskeltraining und den Geruch von Pferdestall.

Das alles und ganz viel mehr ist Mädchensein. Und meinen Töchtern ist dabei völlig egal, was andere sagen. Großartig.

Es ist weiterhin nicht einfach, eine Frau zu sein – denn diese Welt wird von Männern regiert. Umso wichtiger ist es mir, euch mal danke zu sagen: Euch Frauen da draußen. Danke, dass ihr so großartig unterschiedlich und bereichernd seid. Und: Danke Gott, dass du mich als eine von ihnen geschaffen hast.

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SWR3 Gedanken

28FEB2024
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Woher kommst du eigentlich? Wie oft werde ich das gefragt, wenn ich jemanden neu kennen lerne. Da ich keinen Dialekt spreche, ist es vermutlich auch nicht so einfach, mich einer bestimmten Region zuzuordnen – aber… das kann ich ja nicht mal selbst: mich irgendeinem Ort oder einer Region zuordnen. „Woher kommst du eigentlich?“ Bei dieser Frage komme ich einfach schnell in Erklärungsnot. Und sie nervt mich auch irgendwie – weil ich es nicht so leicht beantworten kann, „woher ich komme“.

Ich bin in Freiburg geboren, aber von da an habe ich alle paar Jahre meinen Wohnort gewechselt. Durch den Beruf meines Vaters sind wir als Familie ständig umgezogen, wir haben auch im Ausland gewohnt – und echt oft aus Umzugskartons gelebt. An Familienfesten erzählen meine Eltern immer wieder, wie wir wochenlang auf Decken geschlafen haben, weil die Umzugsfirma wieder die Matratzen verschlampt hat. Wie schnell wir damals als Kinder die fremde Sprache gelernt haben; mein Bruder es sogar jedes Mal geschafft hat, innerhalb weniger Wochen den Dialekt vor Ort zu sprechen.

Ich nicht. Was ich aber wirklich richtig gut konnte: Freundschaften knüpfen. Sobald wir an einen neuen Ort gekommen sind, wars immer meine erste Amtshandlung, von Haus zu Haus zu ziehen, zu klingeln und zu fragen, ob vielleicht ein Kind in meinem Alter dort wohnt. So habe ich meine Freundinnen gefunden – und mich an jedem der Orte auch schnell zu Hause gefühlt. Umso schlimmer war es dann, diese Orte wieder zu verlassen – und damit jedes mal auch Freundschaften zurückzulassen.

Das war echt schmerzhaft. Aber was ich dabei gelernt habe: Dass es oft gar nicht auf den Ort ankommt, an dem man lebt, sondern viel mehr auf die Menschen, mit denen man zusammen lebt. Egal, an welchem Ort ich gelebt habe, nach Hause kommen war immer dann, wenn ich das lächelnde Gesicht meiner Mutter gesehen oder eine neue Freundschaft geknüpft habe. Ich komme vielleicht nicht aus einem bestimmten Ort, aber wer meine Heimat ist, das weiß ich ganz genau: Meine Familie und meine Freundinnen.

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SWR3 Gedanken

27FEB2024
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Wie oft ist das grad Thema:

Dass Menschen in unserem Land wütend sind – auf die Regierung, auf die, die das Sagen haben.

Dass Menschen Angst haben, dass ihnen das Geld nicht reicht.

Dass Menschen andere hassen, weil sie sich ungerecht behandelt fühlen.

Wut, Angst, Hass: Das heizt die Stimmung extrem auf.

Auf der anderen Seite gibt es gerade dieses Jahr in Deutschland auch Grund zum Feiern: 75 Jahre Grundgesetz. Ich glaube, gerade jetzt ist ein guter Zeitpunkt, sich gemeinsam bewusst zu machen, was das Grundgesetz bedeutet: Dass wir gute gemeinsame Grundwerte haben – und die machen es möglich, dass wir zusammen halten und aufeinander achten.

Was viele nicht wissen: 65 Personen haben damals das Grundgesetz erarbeitet – darunter aber nur vier Frauen. Und diese vier Frauen schaffen etwas, woran Anfang der 50er-Jahre nur wenige glauben: Sie sorgen dafür, dass die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau im Grundgesetz festgehalten wird. Obwohl man damals weit, weit entfernt ist von gleichen Rechten.

Sie beweisen damit: Wenn auch nur wenige an eine Veränderung glauben, dann ist so einiges möglich! Und so erreichen die vier Frauen, dass Deutschland es sich zum offiziellen Auftrag macht, Männern und Frauen gleiches Recht zuzusprechen. Und dieser Auftrag gilt auch heute noch!

Ich glaube daran, dass Gott jeden und jede von uns gleich wertvoll, gleichberechtigt geschaffen hat. Gott traut uns zu, aufeinander Acht zu geben und füreinander einzustehen. So, wie es uns unser Grundgesetz auch aufträgt. Und diese Frauen von damals machen mir dabei Hoffnung: Dass der Einsatz von nur vier Menschen so viel Gutes bewirken kann.

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SWR3 Gedanken

26FEB2024
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„Sie muss sich besser an die Regeln halten“ – das sagt mir die Erzieherin meiner Tochter. Meine Tochter ist acht Jahre alt und geht nach der Schule immer in den Hort. Sie fühlt sich dort wohl – aber offensichtlich „schafft sie es nicht, sich an die Regeln zu halten“: Trödeln auf dem Schulweg, Quatsch machen beim Mittagessen…

Ich verspreche der Erzieherin, mit meiner Tochter darüber zu reden. Und das tu ich auch. Ich sage ihr: „Ich verstehe dich – mir ging das früher auch immer so. Aber versuch halt mal nicht so zu trödeln…“

Aber meine Tochter gibt sich damit nicht zufrieden: „Warum? Warum soll ich mich an all die doofen Regeln halten?“.

„Regeln sind halt Regeln“ – aber das greift viel zu kurz. Das wusste auch schon Don Bosco – der war Priester in der Zeit der Industrialisierung. Damals mussten Kinder einfach funktionieren. Da hat sich niemand groß Zeit genommen für sie. Don Bosco aber fordert mehr. Er will, dass Kinder Regeln nicht nur befolgen, sondern sie auch verstehen. Kinder sollen den Sinn hinter all den Strukturen erkennen. Nur wenn sie den Sinn verstehen, können sie selbst auch sinnvoll die Welt mitgestalten. Und darum geht’s doch: Dass Gott uns diese Welt überlassen hat, damit nicht nur die alten, erwachsenen Leute die Verantwortung dafür übernehmen. Sondern auch die Kinder und Jugendlichen. Und vor allem die haben doch das beste Gespür dafür, was gerecht und ungerecht ist – aber dabei brauchen sie eben noch Unterstützung, all das zu verstehen, was in dieser Welt so passiert.

Meine Tochter und ich denken zusammen nach, warum es die ganzen Regeln in ihrem Hort gibt. Sie versteht, warum es wichtig ist, auf die anderen Kids Rücksicht zu nehmen. Dass es auch dazu gehört, pünktlich zu sein und in Ruhe Mittagessen zu können. Und dieses Gespräch ist ein guter Anfang für das, was da bald noch auf uns zukommt: die Pubertät.

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SWR3 Gedanken

25FEB2024
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„Selig sind die hungern und dürsten nach Gerechtigkeit, denn sie sollen satt werden“ – das sagt Alexej Nawalny vor dem Moskauer Gericht. Heute, genau drei Jahre später, ist er tot.

Wo Nawalny  gestorben ist, weiß man: in Putins Straflager. Wie bzw. woran, ist bis jetzt unbekannt.

Für den russischen Präsidenten Putin war der Aktivist und Oppositionspolitiker Nawalny einer, vor dem er sich gefürchtet hat.

Denn Nawalny hat sich immer wieder öffentlich gegen das autoritäre System Putins geäußert und Moskaus Krieg gegen die Ukraine kritisiert. Er hat immer wieder davon gesprochen, dass wir es im Leben oft mit Ungerechtigkeiten zu tun haben, doch dieser Krieg die schlimmste sei: die bewaffnete Ungerechtigkeit.

Und trotzdem – trotz dem Krieg, trotz seiner Gefangenschaft – glaubt er daran, dass sein Durst nach Gerechtigkeit gestillt werden wird. Er hat immer wieder betont, dass sein Glaube an Gott ihn motiviert, sich für die Wahrheit und Gerechtigkeit einzusetzen. Seine Handlungsanweisung: „Selig sind die hungern und dürsten nach Gerechtigkeit, denn sie sollen satt werden“.

Dieses Zitat stammt aus der wohl bekanntesten und wichtigsten Rede Jesu – seiner Bergpredigt. Dieses Zitat klingt wahnsinnig schwülstig in modernen Ohren, aber es ist aktueller denn je: Jesus verspricht den Menschen, dass ihr Durst nach Gerechtigkeit gestillt wird – dass es sich lohnt, sich für die Gerechtigkeit einzusetzen, denn – so Nawalny – die „Kraft liegt in der Gerechtigkeit“.

Nawalny hat in seiner Gefangenschaft immer wieder betont, dass er davon überzeugt ist, dass er genau auf der richtigen Seite steht. Dass es für ihn keinen besseren und wichtigeren Auftrag gebe, als jenen aus Jesu Bergpredigt. Sich einzusetzen FÜR die Gerechtigkeit und FÜR die Wahrheit, und dabei niemals aufzugeben – in dem Glauben und Vertrauen daran, dass Gott immer auf der Seite derer sein wird, die sich dafür einsetzen. Und er hofft, dass auch nach seinem Tod die Menschen den Glauben an diese Gerechtigkeit nicht aufgeben.

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SWR3 Gedanken

09DEZ2023
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Meine Oma ist 93 – sie ist Künstlerin und wenn ich sie treffe, denke ich mir immer: Diese Frau lebt ihr Leben in vollen Zügen. Großartig!

Letztens ruft sie mich an, weil ich krank bin. Sie will wissen, wie es mir geht. Ich jammer ihr ganz schön was vor: Wie schlapp ich mich fühle; dass die Kids schon wieder Radau machen, zu viel Arbeit auf meinem Schreibtisch liegt und die Wohnung echt übel aussieht...

Sie lacht am Telefon und sagt: Das geht vorbei. Das wird alles gut.

Ich antworte ihr mies gelaunt: Na, wenn du das sagst…und bin fast beleidigt, weil ich das Gefühl habe, dass sie mich gar nicht ernst nimmt.

Dann reagiert sie mit Verständnis und erzählt mir von ihren Erfahrungen als Mutter mit zwei kleinen Töchtern. Zwar unter ganz anderen Umständen vor 65 Jahren, aber letztlich hat sie sich das Gleiche gefragt wie ich heute: Schaffe ich das mit meinen Töchtern überhaupt? Bekomme ich all die Arbeit auf die Reihe?  Oder kracht das alles bald über mir zusammen?

Jetzt geht’s mir besser, weil ich mich verstanden fühle und spüre: Ich bin nicht allein mit meinen Problemen.
Am Ende sagt sie: „Weißt du, Katharina, du darfst in dein Leben vertrauen! Ich bin 93. Ich werde bald sterben. Und ich habe keine Angst, denn ich vertraue auf Gott – das wird gut!“

Das hat mich wahnsinnig berührt: Weil meine Oma so mutig ist, ihren Tod einfach laut auszusprechen. Und so mutig auf Gott vertraut. Ich weiß, meine Oma ist eine mutige Frau – aber manchmal eben auch eine verrückte Künstlerin. Aber wenn sie so sehr vertrauen kann, dann will ich es auch und sage ihr: Ja, du hast recht, das wird alles gut.

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08DEZ2023
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Mein Bruder ist ein Sonnenschein – egal, welchen Raum er betritt, er schafft es in wenigen Minuten, die Menschen für sich zu gewinnen. Ich kann mich an kein Familienfest erinnern, an dem er nicht alle anheizt und ordentlich aufmischt. Immer ist was los mit ihm.

Im Zuge einer Fortbildung für die Arbeit hier beim Radio beschäftige ich mich mit einer Zielgruppenanalyse: Wer hört uns zu, wenn wir auf Sendung sind? Welcher Typ Mensch ist das so? Neun Typen werden uns vorgestellt. Und da entdecke ich ihn, meinen Bruder, unter den „Ambitionierten“ – so wird einer von ihnen genannt. Sein Motto ist „Mittendrin statt nur dabei“, er ist eben ambitioniert, also immer bei allem vorne dabei, optimistisch und selbstbewusst; aber mit einem großen Bedürfnis nach Struktur. Klar, das ist mein Bruder, denke ich mir.

Ich fotografiere die Kurzbeschreibung ab und schicke sie ihm zu mit dem Kommentar: Guck mal, ich hab dich bei einer Zielgruppenanalyse entdeckt!

Aber mein Bruder findet das gar nicht lustig – bei dem, was er mir zurückschreibt, habe ich sogar das Gefühl, er ist ein bisschen beleidigt. Das ist er gerne Mal, ja. Aber diesmal tut’s mir echt leid, denn er fühlt sich falsch beurteilt von mir. Ich habe ihn in die falsche Schublade gepackt, zu oberflächlich und materialistisch eingeschätzt; dabei hat er einen großen Familiensinn und kann so gar nichts mit Statussymbolen anfangen.

Solche Zielgruppenanalysen, solche Schubladen helfen mir, andere Menschen einfacher zu „fassen“ – zum Beispiel auch bei der Frage, wer mir da beim Radio wohl zuhört und was diese Menschen interessieren könnte. Aber Schubladen bleiben immer abgeschlossen und fertig – und das sind Menschen ganz und gar nicht. Um einen Menschen wirklich zu sehen, darf er nicht in eine dunkle Schublade gesperrt werden. Erst recht nicht, wenn er so hell scheint wie mein Bruder, der Sonnenschein.

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SWR3 Gedanken

07DEZ2023
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Liebesbeweise – die können wahnsinnig kitschig oder auch herrlich lustig sein. So wie der, von dem mir meine Freundin Bianca erzählt. Bianca wollte mit acht Jahren ihrem Grundschulschwarm ihre Liebe beweisen: Mit einem Liebesbrief, in dem sie ihm verspricht, ihn so sehr zu lieben, dass sie sogar das Ekeligste machen würde, was sie sich vorstellen könne: Ihn auf den Po zu küssen.

Als sie mir davon erzählt, müssen wir herzlich lachen; ein zuckersüßer Liebesbeweis.

Ob zuckersüß, kitschig oder extravagant: Liebesbeweise sind dafür da, dem Gegenüber mit Hilfe von Worten oder Taten zu vermitteln: Ich verspreche dir, meine Liebe ist echt!

Den meiner Meinung nach heftigsten Liebesbeweis der Geschichte feiern wir bald wieder: Dass Gott in Jesus Mensch wurde. Aus Liebe zu uns. Gott sagt: Ich bin da. Ich bin wirklich da für euch. Leibhaftig.

SEIN Liebesbeweis an UNS. Aber mit den Liebesbeweisen ist es ja immer so eine Sache: Glaube ich meinem Gegenüber das wirklich, was er da beweisen will? Ein Liebesbeweis kann noch so gut, absurd oder heftig sein: Es kommt drauf an, ob ich daran glaube, dass die Liebe ernst gemeint ist.

Advent ist für mich die Zeit, nochmal zurück zu blicken, wann Gott mir dieses Jahr seine Liebe bewiesen hat: Als ich krank war, hat mir Gott so viel Halt gegeben; ich habe daran geglaubt es zu ertragen, egal wie es ausgeht. Oder als ich meinen Mann mit unseren Kindern auf dem Trampolin zugeschaut habe, wie sie wild drauf gehüpft sind, da konnte ich mein Glück kaum fassen, das ich mit den Dreien habe.

Das alles gehört für mich irgendwie zum Liebesbeweis Gottes dazu – wie ich seine große Liebe in meiner kleinen spüre.

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