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SWR3 Gedanken

22JUN2024
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Ehrenamtliche Kuschlerin für Babys – das klingt nach einem ziemlichen Traumjob. Wer kuschelt nicht gern mit neugeborenen Babys. Die riechen auch immer so gut…

Diesen Job, Ehrenamtliche Kuschlerinnen und Kuschler, gibt es tatsächlich, und zwar an der Charite in Berlin. Aber ganz so einfach ist dieses Ehrenamt nicht. Denn die ehrenamtlichen Kuschlerinnen und Kuschler sind dort in der Station für ganz kleine Frühchen da. Frühchen, die noch in kleinen Brutkästen liegen und über Schläuche beatmet oder ernährt werden müssen. Das ist sicherlich nicht einfach zu sehen, wie so winzig kleine Babys bereits in den ersten Stunden um ihr Leben kämpfen müssen.

Aber neben der medizinischen Versorgung brauchen die Frühchen eben auch körperliche Zuwendung. Es gibt Eltern, die schaffen es nicht, sich um ihr Frühchen zu kümmern. Deshalb ist es wichtig, dass die ehrenamtlichen Kuschlerinnen und Kuschler da sind. Körperkontakt schenken, damit die Kleinen von Anfang an lernen, eine Beziehung aufzubauen. Was die Ehrenamtlichen dort leisten, hat sogar einen festen Namen: Berührungstherapie. Und die gilt bei der Behandlung von Frühchen als besonders erfolgreich.

Es ist nachgewiesen, dass Körperkontakt, Kuscheln und Streicheln, nicht nur wichtig für die Entwicklung ist, sondern auch hilft, gesund zu werden und dann auch gesund zu bleiben. Kuscheln baut Stress ab und unser Immunsystem reagiert positiv drauf.

Nicht nur den Frühchen tut das gut. Das merke ich besonders bei meinen Kindern: Die wollen morgens erstmal eine Runde Kuscheln zum Aufwachen – ohne Kuscheln geht für sie nämlich gar nichts. Mir geht‘s genauso. Wie gut tut es mir, wenn mein Mann mich in den Arm nimmt, wenn ich traurig bin – dann erst kann ich meine Traurigkeit richtig loslassen und mich beruhigen. Und selbst, wenn ich heute noch bei meinen Eltern oder Brüdern zu Besuch bin, genieße ich es total, wenn sie mich ganz fest in den Arm nehmen. Das tut richtig gut. Kuscheln ist also richtige Medizin – und die sollten wir alle regelmäßig zu uns nehmen und anderen schenken.

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SWR3 Gedanken

21JUN2024
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Ein Make-up Unternehmen in den USA bringt eine neue Foundation raus – eine getönte Grundierung für das Gesicht – und löst damit eine große Welle der Empörung aus.

Mich überrascht ehrlich gesagt, dass ein kleiner Applikator gefüllt mit Make-up für so viel Aufregung sorgen kann. Aber beim Reinklicken in die Videos über das neue Produkt wird mir schnell klar, warum…Ich sehe Schwarze Frauen, die das für ihre Haut angeblich extra entworfene Produkt auf das Gesicht auftragen. Und diese Frauen reagieren mit schockierten Gesichtern, denn das Make-Up ähnelt mehr einer pechschwarzen Theaterschminke oder Teer – und hat echt nichts mehr mit einer angemessenen Farbnuance für die Haut von People of Color zu tun.

Dasselbe Kosmetikunternehmen hatte erst wenige Wochen zuvor mit einer Foundation extra für POCs geworben – und bereits eine ebenfalls völlig unpassende Farbnuance – nur damals viel zu hell – für teuer Geld verkauft.

Die Frauen aus den Videos zeigen sich nicht nur schockiert, sondern auch verletzt und beleidigt. Denn hinter all dem steckt nicht nur ein überteuertes Make-Up Produkt, sondern auch mieses blackwashing auf ihre Kosten: Das Kosmetikunternehmen behauptet, passende Produkte für People of Color rauszubringen, ohne sich ernsthaft mit deren Bedürfnisse auseinandergesetzt zu haben. Einfach, weil‘s zum guten Ton gehört, weil‘s grad Trend ist…

Blackwashing – Das dahinter steckende Prinzip ist nicht neu. Es gibt bereits das greenwashing – Produkte werden mit erfundenen Biosiegeln versehen, nur weil es sich besser verkauft, dem Trend entspricht, ohne wirklich ökologischen Kriterien zu genügen. Oder pinkwashing – Firmen, die sich jetzt im Juni, dem Pride Month, mit Regenbogen Flaggen schmücken, um ihr Image nach außen zu verbessern. Allerdings ohne ihre soziale Verantwortung innerhalb der Firmenpolitik ernst zu nehmen.

Greenwashing – pinkwashing – blackwashing: wenn all der Einsatz für Menschen und Natur nur ein Marketingspaß bleibt, ist das pures Gift für all die sozialen Bewegungen, die wirklich versuchen, etwas zu verändern.

Denn eine würdige Haltung gegenüber Anderen beginnt nicht mit einem passenden Make-Up, einem Ökosiegel oder der Regenbogenflagge, sondern mit meiner inneren Haltung und tiefem Respekt: Vor jedem Menschen!

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SWR3 Gedanken

20JUN2024
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Es ist ganz schön eng, links und rechts von mir liegt ungespültes Geschirr. Auch der Mülleimer steht ganz schön unpraktisch im Weg. Aber wir machen uns da nichts draus. Wir drehen die Musik einfach lauter und machen unsere Küche zum Dancefloor. Wir, damit meine ich meine Kinder, meinen Mann und mich. Und auch wenn die Küche als Tanzort ästhetisch noch ausbaufähig ist – das Tanzen an diesem Ort hat bereits eine lange Tradition bei uns.

Denn genau so habe ich meinen Mann kennen gelernt: Auf der Geburtstagsparty von unserem Freund Peter. Wir standen in der WG Küche, Peter hat uns einander vorgestellt – wir haben nur ganz kurz gesprochen, dann habe ich schon gerufen, dass wir hier dringend gute Musik brauchen. Und mein Mann – damals noch ein Fremder für mich – rief mir zu: Zu guter Musik muss man aber auch tanzen. Und dann haben wir getanzt, ohne uns eigentlich zu kennen, mitten in der Küche.  Während die anderen Gäste über wichtige Themen debattiert haben oder über den Sinn des Lebens philosophierten, haben wir getanzt. Und sind dabei zu einer vielleicht viel wichtigeren und sinnvolleren Erkenntnis gekommen, die unser Leben seither verändert hat: Wir finden uns mehr als gut.

Und so machen wir beide es auch heute noch, mittlerweile mit unseren Kindern, fast jeden Abend: Gute Musik laut aufdrehen und tanzen. Wild ausgelassen, alle so, wie sie es fühlen, ohne Regeln. Mal tanzt einer vor, dann wieder alle – und das, genau wie damals, vor fast 17 Jahren, mein Mann und ich – zwischen ungespültem Geschirr und Essensresten, aber genau so, wie wir es grad fühlen. Dabei können wir den Frust des Tages abladen, das Leben feiern und genießen, laut lachen und dankbar sein für all das, was wir aneinander haben; und an unsere Tradition anknüpfen: Wir finden uns mehr als gut!

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SWR3 Gedanken

19JUN2024
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„Ich bin im Paradies!“ Das ruf ich meiner Familie zu. Dabei stehe ich mitten auf einem Erdbeerfeld, am Rande eines Minidorfes. Ich hab eine Cappie auf, immerhin knallt die Sonne ganz schön; meine Finger sind schon ganz rot vom Pflücken und mein Bauch kneift, weil ich mich an die alte Erdbeerpflückregel halte: Immer erst eine Erdbeere in den Mund, dann eine in den Korb.

Beim Erdbeerpflücken kommen mir ganz viele Erinnerungen aus meiner Kindheit: Wie meine Oma immer der Ehrgeiz gepackt hat, die größten und besten Erdbeeren zu pflücken. Oder meine Mutter, die mir ganz beseelt zugeschaut hat, wie ich jede einzelne Erdbeere genieße und alles um mich herum vergesse.

So ist das auch heute noch, auf dem Erdbeerfeld. Mich überkommt so eine große Welle an Glücksgefühlen und ich denke mir: So muss es im Paradies sein.

Ich bin mir in dem Moment einfach so sicher, dass Gott da ist. Dass er es echt gut mit mir und meinem Leben meint. So muss doch ein bisschen das Paradies sein: Ganz tiefe Dankbarkeit empfinden.

Das Erdbeerfeld ist aber nicht der einzige Ort, an dem ich das fühle. Als meine Kinder noch ganz klein gewesen sind, da war’s die Dusche. Der einzige Ort, an dem ich endlich mal habe alleine sein können – ohne Kinderweinen – wenige Minuten, wirklich nur für mich, ganz allein. Auch da habe ich – neben meiner Müdigkeit und Erschöpfung – gespürt, wie dankbar ich bin. Endlich mal nur ich, aber auch, wie unfassbar krass es ist, dass ich jetzt Mutter bin.

Ich will mein Leben jetzt nicht als einen paradiesischen Ort verklären – oft genug steh ich vorm Spiegel und sag mir: „Ich kann nicht mehr! Ich will nicht mehr!“ Umso wichtiger finde ich, es laut raus zu rufen, wenn ich das fühle: „Ich bin im Paradies!“

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SWR3 Gedanken

18JUN2024
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Bald ist es so weit: Die Abiturientinnen und Abiturienten verlassen unsere Schule. Noch zwei Wochen, dann ist das mündliche Abitur vorbei; Abiball, Zeugnisverleihung und weg sind sie…Nach zwölf langen Jahren Schule.

Letztens treffe ich in einer Stuttgarter Kneipe meinen ehemaligen Schüler Ricardo. Ich freue mich total, ihn zu sehen. Ich weiß noch ganz genau: Bei ihm war‘s ganz schön knapp mit dem Abitur. Kein Wunder – Corona, Pubertät, Erwachsenwerden, Leistungsdruck – niemand sagt, dass die Schulzeit leicht ist.

Was mich überrascht: Auch er freut sich sichtlich, dass wir uns wiedersehen. Und betont, dass er die Schulzeit vermisst. Und deshalb dieses Jahr auch wieder auf unsere Schulhoketse kommt. Obwohl es so mühsam war die letzten Schuljahre.

Rückblickend sieht manches einfacher und leichter aus – mein ehemaliger Schüler, bei dem es damals so knapp war, erinnert sich fast nur an die vielen glücklichen Momente in der Schulzeit. Aber vielleicht liegt es auch an seiner Art, auf Dinge zu schauen: mit einer gewissen Leichtigkeit, seiner unbesorgten Art und seinem optimistischen Gemüt. So ist er schon damals, zur Schulzeit gewesen – und manchmal wurde es gerade deshalb etwas knapp – aber er hat sich das beibehalten, das Abitur geschafft und schaut so auch jetzt darauf zurück: Positiv.

Manchmal wünsche ich mir etwas mehr wie Ricardo zu sein. Zurückzublicken auf Dinge und nicht nur dann damit fein zu sein, wenn ich die Erste und Beste und Klügste bin, sondern auch dann, wenn’s okay war. Das bedeutet nämlich, einfach mal zufrieden mit mir selbst zu sein. Meine guten Seiten zu sehen, und nicht nur die, die sich schlecht anfühlen.

Bald ist es so weit: Viele junge Erwachsene verlassen ihre Schule mit dem Abitur in der Tasche. Ich wünsche ihnen dreifach Segen: Für ihre Zukunft – aber auch für ihren Blick auf ihre Vergangenheit – und damit den Blick auf sich selbst. Dass sie möglichst oft sagen können: Ich bin fein mit mir!

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SWR3 Gedanken

17JUN2024
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Es gibt sie auf jeder Autobahn. Nothaltebuchten. Die fallen zwar meistens gar nicht so sehr auf - Gott sei Dank. Aber trotzdem sind sie super wichtig. Die Nothaltebucht soll Autos und vor allem den Menschen darin einen sicheren Ort bieten: wenn es eine Panne gibt, einen Unfall, eine medizinische Notlage oder andere Probleme.

Mich hat so eine Nothaltebucht schon mal gerettet, als mir plötzlich wahnsinnig schwindelig wurde mitten auf der Autobahn, am Steuer. So konnte ich dort erstmal anhalten, tief durchatmen und warten, bis mein Kreislauf wieder stabil ist. Und dann sicher weiter fahren.

So eine Notfallbucht gibt’s aber nicht nur auf der Autobahn. Sondern neuerdings auch in Hildesheim, mitten in der Fußgängerzone: In der Kirche Sankt Jakobi.

Sankt Jakobi ist eine ehemalige Pilgerkirche. Mittlerweile hat sie sich zu einer richtigen Kulturkirche entwickelt, mit Lesungen und Jahresprogramm, um Menschen einen Ort zum Ausruhen mitten in der Stadt, in der Fußgängerzone zu bieten. Und dort steht nun so ein Nothaltebucht-Verkehrsschild, wie man es sonst von der Autobahn kennt. Mit einem Unterschied: Zusätzlich ist da in Neonfarbe ein Kreuz, als Zeichen für Gott.

Genial: Eine kirchliche Nothaltebucht, um in Not Halt zu machen, bei Gott. Und wie oft könnte ich die gebrauchen: Wenn ich viel zu viele Todos habe und den Überblick dabei verliere. Wenn wieder alle was von mir wollen. Oder ich traurig bin, weil mich jemand verletzt hat. Das ist Alltag. Leben auf der Autobahn. Mit den brenzligen Situationen, die vorkommen können. Hier kann ich – wenn ich es nötig habe - mal anhalten, bei Gott, durchschnaufen und erst dann wieder losfahren, wenn ich wieder stabil bin.

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SWR3 Gedanken

16JUN2024
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„Was ist nur los mit dir, Deutschland?“ Das sind meine ersten, ratlosen Gedanken, als ich letzten Sonntagabend die Ergebnisse der Europawahl sehe.

Klar kann ich sagen: „Das kam nicht überraschend – das war so klar.“ Aber doch haben mich diese Wahlergebnisse richtig mies erwischt. Dass sich ein immer größer werdender Teil unseres Landes für eine europafeindliche Partei entscheidet. Und sogar noch mehr von denen, die mir so am Herzen liegen: Die jungen Menschen zwischen 16 und 24, die teilweise das erste Mal wählen; dass gerade so viele von ihnen sich mit ihrer Stimme gegen ein Europa entscheiden – das finde ich, trotz aller Wahlprognosen, richtig krass.

Ich bin enttäuscht, frustriert und geschockt. Und so gehe ich diese Woche auch als Lehrerin in die Schule – spreche mit vielen Erstwählerinnen und Erstwählern über das Ergebnis. Und stelle fest: Da gibt es auch andere. Denn auch sie fragen sich: „Was ist nur los mit dir, Deutschland?“

Bei unseren Gesprächen erinnern sie mich daran, warum gerade diese jungen Menschen mir so sehr am Herzen liegen: Sie wollen nicht nur ihren Frust teilen. Sie wollen wirklich wissen, was in diesem Land gerade los ist und wie sie etwas verändern können. Sie sprechen darüber, an welchen Stellen sie etwas gegen Rechtsextremismus tun können. Wie sie in den sozialen Medien clever mit Hassparolen umgehen. Sie nehmen sich vor, nicht mit Hass auf Hass zu reagieren. Sie geben sich Tipps, wie sie im Netz oder im Jugendhaus mit anderen ins Gespräch kommen und sich gemeinsam stark machen können für ein friedvolles Miteinander.

Ich finde die Ideen meiner Schülerinnen und Schüler richtig stark. Aber vor allem beeindruckt mich, dass sie ihre Verantwortung ernst nehmen: Nicht beim Frust zu bleiben, sondern etwas zu tun für eine gute, gemeinsame Zukunft.

Wenn ich mich also frage: „Was ist nur los mit dir, Deutschland?“ Dann will ich nicht bei Frust bleiben, sondern wirklich wissen, was los ist. Zuhören, verstehen, im Gespräch bleiben UND vor allem aufstehen und anpacken. Gegen Rechtsextremismus. Und für eine gemeinsame Zukunft in unserem Europa.

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SWR3 Gedanken

02MRZ2024
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Demos gegen Rechtsextreme – dieses Thema füllt seit Wochen die Titelseiten der Zeitungen und die Timelines der sozialen Medien. Zu Recht!
Vor einigen Wochen hat das Recherchenetzwerk „Correctiv“ den Bericht über das heimliche Treffen der Rechtsextremen- darunter auch AFD Politiker – veröffentlicht. Und seither bewegt sich was: Viele Menschen versammeln sich und demonstrieren gegen Rechtsextremismus. Gegen kranke Phantasien, Menschen auszuweisen, weil sie Wurzeln in anderen Ländern haben.

Ich war auch auf einer Demo – in Stuttgart. Ich bin da ganz bewusst hingegangen, als Christin. Und ich habe auch meine Tochter mitgenommen. Sie ist sechs Jahre alt. Sie versteht nicht alles, was dort gesprochen wird. Aber eins hat sie offensichtlich verstanden. Denn sie sagt:
„Mama, wenn jetzt so viele von hier weg müssten, dann bin ich ja fast allein im Kindergarten.“

Ja, in dem Fall hat sie recht. Und mir wird klar: Wie gut, dass wir auf dieser Demo sind, GEGEN Rechtsextremismus. Aber mindestens genauso wichtig ist mir, dass wir hier auch FÜR etwas stehen. 

Als Bürgerin dieses Landes stehe ich auf für unsere Demokratie. Für ein Land, das offen ist für ganz unterschiedliche Menschen. Als Christin stehe ich auf für meinen Nächsten– und so hat‘s doch auch schon Jesus gemacht – liebe deine Nächsten – egal woher sie kommen. Egal was sie glauben. Egal, welchen Pass sie haben. 

Liebe deine Nächsten. Auch dafür stehe ich auf so einer Demo – als Lehrerin. Als Christin, als Deutsche, als Mutter: Damit meine Tochter nicht alleine aufwächst, sondern in einer demokratischen Gesellschaft und einer offenen Gemeinschaft, in der jeder wichtig ist.

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SWR3 Gedanken

01MRZ2024
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Ich habe mich dieses Jahr selbst beschenkt: Anfang des Jahres habe ich einen Yoga Kurs gebucht. Sechs Montage in Folge abends eineinhalb Stunden Yoga in einem Studio bei mir um die Ecke. Ich weiß, manche gehen ganz selbstverständlich zu ihrem wöchentlichen Yoga-, Fitness-, Pilates- oder sonst was Kurs. Aber ich mach das eigentlich nicht. Denn für mich ist das völlig außerhalb meiner Komfortzone. Da fühle ich mich nicht wohl. Und das aus zwei Gründen: Zum einen kam mir das immer absurd vor – so eine typische Mutti aus dem Stuttgarter Westen zu sein, die ins hippe Yogastudio rennt und versucht, sich selbst zu spüren. Zum anderen: ich reserviere mir normalerweise keine festen Zeiten nur für mich – so ganz egoistisch. Wenn ich freie Zeit habe, versuche ich sie mit meinen Kindern zu gestalten oder den Haushalt zu schmeißen – eigentlich ist da kein Platz für sowas.

Aber das ist der Fehler. So habe ich das nämlich ganz lange gemacht – nichts so wirklich NUR für mich. Bis ich dann letztes Jahr ganz schön krank geworden bin. Ich musste operiert werden und auch psychisch ging es mir nicht mehr gut. Aufgefangen haben mich meine Familie und Freundinnen – ich bin in ein weiches Netz voller Liebe gefallen. Und dabei habe ich mir etwas mitgenommen, was mir diese ganzen Herzensmenschen immer wieder gesagt haben: Mach mal was nur für dich!

Monatelang ist mir nicht klar gewesen, was das sein soll. Bis ich dann endlich in diesem Yogastudio bei mir um die Ecke sitze. In einem hippen Raum, grüne Pflanzen, Frauen in meinem Alter und eine Yogalehrerin, die mir sagt, dass ich mich spüren soll. Meine Muskeln beben und ich versuche mühevoll, nicht das Gleichgewicht zu verlieren, während ich den aufschauenden Hund mache. Und da bin ich dann also doch so eine: Eine Mutti aus dem Stuttgarter Westen, die sich selbst spürt; meinen Körper und diese tiefe Dankbarkeit gegenüber meinem Schöpfer, hier zu sein.

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SWR3 Gedanken

29FEB2024
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Ich bin gerne eine Frau! Und noch viel mehr: Ich bin gerne mit anderen Frauen unterwegs. Denn ich habe ganz viele großartige Frauen um mich herum: Meine Mutter, die mir beigebracht hat, dass wir Frauen zusammenhalten. Meine Grundschulfreundin Steffi, die mir gezeigt hat, wie man sich gegen ältere Brüder durchsetzt. Die Patentanten meiner Töchter, die ihren Weg durch ihre männerdominierte Berufswelt gehen. Oder meine Freundin Natalie, die in einem fremden Land ihr eigenes Haus baut und sich auf der Baustelle behauptet.

Danke Gott, dass ich auch eine von ihnen sein darf: Eine Frau! Ich lieb’s!

Aber diese Dankbarkeit, die habe ich nicht immer fühlen können. Das fing schon als Kind an: Meine Großeltern haben mir gesagt, ich sei zu laut für ein Mädchen. Mein Bruder hat gemeint, dass Mädchen nicht Fußball spielen dürfen. Und mein Lehrer hat mich ermahnt, dass man als Frau nichts erreicht, wenn man der Klassenclown ist.

Total krass, wie sehr mich damals dieses Schubladendenken über Frauen ausgebremst hat. Ich habe lange gedacht, ich bin nicht genug Mädchen und Frau: zu wenig schick, zu wenig fein, zu wenig schön. Zu wild, zu laut, zu chaotisch…

Das alles hat sich Gott sei Dank geändert, als ich älter wurde. Am meisten haben mich dabei meine zwei Töchter unterstützt: Sie haben mich gezwungen, umzudenken. All diese albernen Konventionen abzuschütteln. Was Frauen sein sollen, das spielt sich nämlich nur in den Köpfen ab. In Wahrheit können sie alles: hoch auf Bäume klettern, wild sein, Fußball spielen, pink und Glitzer lieben, genauso wie Mathe und Muskeltraining und den Geruch von Pferdestall.

Das alles und ganz viel mehr ist Mädchensein. Und meinen Töchtern ist dabei völlig egal, was andere sagen. Großartig.

Es ist weiterhin nicht einfach, eine Frau zu sein – denn diese Welt wird von Männern regiert. Umso wichtiger ist es mir, euch mal danke zu sagen: Euch Frauen da draußen. Danke, dass ihr so großartig unterschiedlich und bereichernd seid. Und: Danke Gott, dass du mich als eine von ihnen geschaffen hast.

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