SWR3 Gedanken

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„Du sollst nicht töten“, das ist das fünfte der 10 Gebote, ein Gebot wie in Stein gemeißelt. Alt, in allen Kulturen anerkannt und beinahe selbstverständlich. Beinahe, denn schau ich nur ein klein wenig über meinen behüteten Alltag hinaus, dann ist gar nichts selbstverständlich. Da sehe ich tödliche Gewalt in Krieg und Terrorismus, strukturelles Töten durch Krankheit und Hunger in den armen Ländern der Welt. Und da geht es immer wieder – und zu Recht - um strittige Fragen wie Abtreibung, aktive Sterbehilfe oder den Freitod von Menschen. Große, wichtige, erste und letzte Fragen des Lebens um die auch gestritten werden muss. Zu viele und zu große Themen aber um in diesen zwei Minuten abgehandelt zu werden. Darum möchte ich meinen Blick beim Tötungsverbot auf zwei Bereiche lenken, auf die mich der Benediktinerpater Anselm Grün gebracht hat. Auf das soziale Töten und auf das Abtöten von Dingen, die in mir leben wollen. Anselm Grün nennt zum Beispiel Mobbing eine Form des sozialen Tötens. Wenn jemand mundtot gemacht werden soll oder an jemandem Rufmord begangen wird. Jemanden ausschließen, ausgrenzen und abgrenzen von der Gemeinschaft tötet ihn sozial und darum hüte man sich vor dieser Sünde. Hüten möge man sich auch davor Dinge, die einfach leben wollen, in sich selbst abzutöten. Das heißt nun nicht alles zuzulassen, was mir so in den Sinn kommt oder wozu ich gerade Lust habe. Nein, aber wenn etwas in mir drin ist, das unbedingt leben will, dann kann und darf ich es nicht unterdrücken oder gar abtöten wollen. „Coming out“ nennt man das zum Beispiel bei homosexuellen Menschen, wenn das, was in einem steckt endlich herauskommt oder herauskommen darf. Und wie haben nicht wenige von ihnen gelitten, wenn sie ihre Natur des Liebens unterdrücken wollten oder mussten. Darum gilt auch und gerade hier das fünfte Gebot: Du sollst nicht abtöten, oder positiv ausgedrückt, sei der, der du bist und lebe! Alles andere liegt bei Gott.
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