Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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07MAI2020
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Wer eine persönliche Krise durchmacht, muss sich neu orientieren. Nach einer Scheidung mit einem Rosenkrieg zum Beispiel. Eine 75jährige Frau hat mir erzählt, dass sie jahrelang keinen Kontakt zu ihren Kindern hatte. Dazu kam der Tod ihrer Tante, die sie mit Alzheimer Krankheit sechs Jahre lang in ihrem Haus gepflegt hatte. Sie fühlte sich sehr traurig und depressiv, obwohl sie „jeden Sonntag in die Kirche ging und fest zur Gottesmutter und zu Jesus und seinem Vater betete“, wie sie heute sagt. Sie kam jahrelang nicht aus dem Tief heraus. Da gab ihr eine Nachbarin den Rat zur Heiligen Therese von Lisieux zu Schweigeexerzitien zu fahren. Ihr Anliegen: ihre Kinder wieder in die Arme schließen zu können. Sie hat den Ort in Frankreich wie eine Kraftquelle erlebt. Heute kann sie erzählen: „Und dann habe ich das Wunder erlebt, dass meine Tochter zwei Wochen danach mich zu Hause angerufen hat und wir jetzt das beste Verhältnis haben.“ Zusätzlich hat sie jetzt eine süße Enkeltochter. Dasselbe ist später mit ihrem Sohn passiert. Genau zwei Wochen nach einer zweiten Lisieux Reise schlossen sie sich in die Arme. Letztes Jahr hat sie nochmals eine Reise geplant, um sich bei der Heiligen Therese zu bedanken. Die Nachbarin wurde sehr krank und sie versprach ihr, sie mitzunehmen. Sie starb aber kurz davor. „So habe ich sie am Tag ihrer Beerdigung in meinem Herzen nach Lisieux mitgenommen. Welch eine Fügung!“ sagt die 75jährige.
Leider sind Beten und Pilgern keine Garantie dafür, dass Wunder geschehen. In Lisieux wurde die Heilige Therese für die heute 75jährige zum Vorbild: „Alles lege ich in Seine Hände. Ich mache es wie die Kinder: ich sage Gott ganz einfach, was ich ihm sagen will, er versteht mich.“ Das kann naiv klingen. Aber für mich zeigt es einfach Gottvertrauen. Es ist die Erfahrung: Gott bleibt mein Vertrauter auch in der Krise. Egal wie lange sie dauert. Das ist auch meine Erfahrung. Beten kann helfen, auch in Krisenzeiten durchzuhalten.
Automatisch kommen die Wunder nicht. Es ist auch nicht die Frage, ob ich genug Vaterunser und Rosenkranz bete.
Die alte Dame sagt heute: „Ohne diese Gebete und den festen Glauben könnte ich nicht mehr leben. “ Bedauernd fügt sie hinzu: “Viele Menschen haben das Beten verlernt, das ist sehr schade, denn daraus hole ich mir die Kraft für das tägliche Leben und nur so habe ich die größten Tiefen in meinem Leben überstehen und danach so viel Freude ernten können.“

https://www.kirche-im-swr.de/?m=30841
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