Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Eltern stehen immer in Versuchung, sich allzu sehr um ihre Kinder zu kümmern. Das ist auch mir nicht fremd. Meine Tochter ist nach Berlin gezogen. Wir haben ihre Siebensachen ins Auto geladen und alles in die neue Wohnung verfrachtet. So weit, so gut. Aber dann - allein in Berlin? Es ist doch noch so viel zu erledigen. Bestimmt wäre meine Hilfe und Unterstützung dabei gar nicht schlecht. Ich hätte die Sache schon in die Hand genommen - nur ganz knapp habe ich mir das verkniffen. Es war gar nicht so leicht und hat mich Überwindung gekostet, einfach wieder ins Auto zu steigen und weg zu fahren.
Was ich mir nur mit Mühe habe verkneifen können, dafür haben die Amerikaner jetzt einen Ausdruck gefunden: helicopter-parents. Also „Hubschrauber-Eltern". Gemeint sind Eltern, die ständig wie ein Helikopter  über dem Leben ihrer Kinder kreisen und jede Störung registrieren, um bei Bedarf einzugreifen. Ständig rotieren sie, um den groß gewordenen Kindern doch noch das ein oder andere abzunehmen. Bei Behördengängen, Arztterminen, Prüfungen sind sie in Windeseile vor Ort. Leider sind so sehr mit ihrem Hubschrauber-Einsatz beschäftigt, dass sie dabei gar nicht merken: das tut nicht gut. Denn die Kinder müssen ihre eigenen Erfahrungen sammeln.
Es ist das gute Recht von Eltern, sich Sorgen zu machen. Mit ihrer Lebenserfahrung blicken sie in die Zukunft und sehen manche Schwierigkeiten voraus. Nur zu gern würde ich meinen Kindern so manchen Brocken aus dem Weg räumen. Doch das geht nicht. Es ist ihr Weg. Die Kinder müssen ihn selbst gehen. Mit allem, was dazu gehört. Sie müssen auch mal stecken bleiben, Umwege gehen dürfen um zu lernen, wie man Hindernisse überwindet, sie müssen auch mal stolpern, stürzen, liegen bleiben dürfen. Wie das halt so ist. Wie sonst können sie am Ende sagen: es war mein Weg und mein Leben.
Für Eltern heißt das: raus aus dem Hubschrauber. Am Boden bleiben. Zum Abschied winken und alles Gute wünschen. Und  darauf vertrauen: die Lebensüberwachung ist bei Gott in den allerbesten Händen. Im Lied von Paul Gerhardt heißt das so:

Der Wolken, Luft und Winden
gibt Wege, Lauf und Bahn,
der wird auch Wege finden,
da dein Fuß gehen kann.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=9851
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