SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

„Wissen sie, ich habe mein eigenes Leben verloren. Ich habe das Gefühl: ich stehe neben mir und sehe mich wie eine Fremde!"
Die Mutter von Lena, meiner Konfirmandin steht vor mir mit Tränen in den Augen. Sie erzählt von ihrem Aufenthalt in der Klinik; von einer Odyssee an Untersuchungen. Nach tagelanger Ungewissheit hatten die Ärzte einen kleinen Tumor in ihrem Kopf gefunden. Es wurde nicht lange gezögert. Einige Tage später lag sie schon unter dem Messer und man entfernte ihn. Die Operation verlief gut. Aber die ganze Zeit trieb sie das Gefühl um: mit mir passieren Dinge, auf die ich keinen Einfluss habe. Der Tumor, der einfach ungefragt von IHREM Körper Besitz ergriffen hat; Die Ärzte, die zielstrebig bestimmten, was jetzt alles gemacht werden müsse. Sie hat die Macht über ihren eigenen Körper, über ihr eigenes Leben verloren. Und das machte sie so hilflos und wütend.
Wir haben lange miteinander geredet und schließlich haben wir gebetet. Und dann ergab sich - einfach so - irgendwie im Gespräch - dass sich unsere Sicht der Dinge drehte: Lenas Mutter merkte: sie war ja nicht NUR ausgeliefert. Sie war nicht nur Opfer von all dem, was mit ihr passierte: Sie merkte: „Da sind ja Menschen, die mit mir zusammen um mein Leben kämpfen. Menschen, die Erfahrung haben damit, wie sich so was anfühlt. Da waren Menschen, die mithelfen wollten, dass Lena ihre Mutter behielt. Natürlich änderte sich jetzt nicht urplötzlich die Situation und auch ihr Unmut war nicht einfach weggeblasen, aber sie wurde ruhiger und ihre Einstellung begann sich zu verändern. Vielleicht stimmt ja doch, was Albert Schweitzer sagt: „Gebete ändern nicht die Welt. Aber Gebete ändern den Menschen und der ändert die Welt!"... und wenn es erst mal nur seine eigene kleine Welt ist.

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