SWR3 Gedanken

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Es gibt da eine Geschichte von einem jungen Rabbi namens Yaakou-Vitzhak.
Der ist nämlich im zarten Alter von sechs Jahren von zu Hause ausgebüchst: jeden Tag, nur für eine Viertelstunde und immer zur gleichen Zeit.

Eines Tages nun beschließt sein Vater, anstatt ihn wie all die Tage vorher fürs Abhauen zu bestrafen, stattdessen ihm einmal zu folgen.
An diesem Tag also folgt der Vater dem kleinen sechsjährigen Yaakou. Und er sieht, wie der Kleine im Wald verschwindet und inmitten einer Lichtung im Wald stehen bleibt. Der Kleine hebt seinen Kopf und schreit: „Höre Israel, Gott ist dein Gott!“ – das ist der An-fang des jüdischen Glaubensbekenntnisses. Der Vater ist bass erstaunt.

Seit diesem Tag bestraft er den kleinen Ausreißer nicht mehr für seine Ausflüge.
Aber er will seinen Sohn verstehen, er will wissen, warum der in den Wald geht, um dort zu beten – schließlich gibt es eine Synagoge vor Ort! - und so fragt er ihn: „Warum haust du jeden Tag ab und gehst in den Wald?“
Und der Kleine antwortet ihm: „Ich suche Gott.“
„Gut“, sagte der Vater – er ist etwas erstaunt über diese doch etwas bizarre Antwort seines sechsjährigen Sohnes. Aber er spielt mit und so fragt er ihn: „Aber ist Gott nicht überall?“
Und der Kleine antwortet: „Ja, Gott ist überall.“
Der Vater ist erstaunt: „Wenn Gott überall ist, dann ist er doch auch überall derselbe und du kannst überall zu ihm beten – zum Beispiel zuhause oder in der Synagoge. Du musst doch dafür nicht immer in den Wald laufen“, hakt der Vater nach.
„Ja“, bestätigt der Kleine, „Gott ist überall derselbe. Und man kann überall zu ihm beten. Aber ich, ich bin nicht überall derselbe. Ich brauche die Ruhe des Waldes, das Rauschen des Windes, die Ehrfurcht der Bäume, um Gottes Nähe zu spüren.“
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